Landkreis Greiz
"So setzen wir die Arbeitspflicht für Asylbewerber um"
KOMMUNAL: Herr Schäfer, wie gingen Sie bei der Umsetzung der Arbeitspflicht für Asylbewerber vor?
Ulli Schäfer: Wir haben Ende Juli begonnen, die Qualifikation der Asylbewerber im Landkreis aufzuschreiben. Es ging um 250 Männer und Frauen, die verpflichtet werden konnten, eine gemeinnützige Arbeit zu verrichten. Etwa genauso viele sind Kinder oder Mütter, die Kinder unter drei Jahre haben und Rentner über 67 Jahre. Sie haben wir nicht herangezogen.
Welche Kenntnisse bringen die in Frage kommenden Menschen mit?
Schäfer: Unter unseren Asylbewerbern sind Lehrer, Architekten, Pfleger, auch Handwerker, der Querschnitt der Gesellschaft eben. Für den Arbeitseinsatz verpflichtet werden können wir keine anerkannten Flüchtlinge beziehungsweise Personen, die im Bürgergeldbezug sind, heranziehen. Und natürlich auch keine Migranten, die bereits einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgehen.
Was passierte, nachdem sie die Qualifikationen ermittelt haben?
Schäfer: Dann haben wir den Bürgermeistern der Kommunen im Landkreis eine Konferenz abgehalten. Dabei verständigten wir uns darauf, dass wir die Arbeitspflichtigen wohnortnah einsetzen wollen und nicht mit dem Bus durch die Gegend schicken wollen. Die Bevölkerung soll sehen, dass die Asylbewerber dort, wo sie wohnen und wo sie verpflegt werden, etwas für das Gemeinwohl tun. Das erhöht die Akzeptanz.
Wie ging es dann am 1. September los?
Die ersten Helfer wurden im städtischen Bauhof von Greiz eingesetzt, 15 Mann. Die Schicht begann um 8 Uhr. Und es stellte sich schnell heraus, dass das ganz gut klappt. Die Rückmeldungen waren sehr positiv. Nach zwei Wochen frühstückten die „Neuen“ mit den einheimischen Mitarbeitern gemeinsam. Genau das ist ja unser Ziel: Dass man sich kennenlernt, miteinander Zeit verbringt und die Kultur hier verstehen lernt.
Und wie läuft die sprachliche Verständigung ab?
Schäfer: Das funktioniert. Mit Händen und Füßen und mit einem Übersetzungsprogramm übers Smartphone.
Wo sind die Arbeitspflichtigen eingesetzt?
Schäfer: Ende September haben wir weitere Träger ins Boot geholt: das Kreiskrankenhaus, die Stadt Münchenbernsdorf und das DRK. Damit sind bereits 40 Prozent der Menschen, die wir zur gemeinnützigen Arbeit heranziehen können, verpflichtet. Insgesamt konnten wir bereits neun Träger als Partner gewinnen. Ende November werden wir die Arbeitspflicht für Asylbewerber zu hundert Prozent und flächendeckend im Landkreis umgesetzt haben.
Welche Arbeiten übernehmen die Asylbewerber?
Das reicht von der Grünflächenpflege, Heckenschneiden, Laub rechen bis hin zu Reinigungsarbeiten und Bettenschieben im Krankenhaus. Auch im Winterdienst werden Kräfte gebraucht. Es sind Frauen dabei, die in mehrsprachigen Kindergärten eingesetzt sind. Laut Asylbewerberleistungsgesetz dürfen Arbeitspflichtige maximal 25 Stunden pro Woche, fünf Stunden pro Tag, eingesetzt werden. Sie bekommen 80 Cent pro Stunde.
Wie waren die bisherigen Reaktionen?
Schäfer: Erstaunlich positiv, von beiden Seiten. Die Verpflichteten sind zuverlässig, es gab meines Wissens nur einen, der einmal verschlief und einer ging zum Arzt, ohne sich vorher abzumelden.
Es gibt viel Kritik an dem geringen Lohn. Was sagen Sie dazu?
Schäfer: Ich bin schon der Meinung, dass die Menschen dem Land etwas zurückgeben sollen, das sie mit Wohnung, Kleidung und Essen versorgt. Die meisten sind auch dankbar. Denn es gibt nichts Schlimmeres, als keiner Beschäftigung nachgehen zu dürfen und den ganzen Tag in der Unterkunft zu sitzen. Und auf der anderen Seite, ist es nicht so, dass wir den Einheimischen damit Arbeit wegnehmen und eine Konkurrenz zu den Gewerbetreibenden schaffen.
Die Menschen sollen dem Land etwas zurückgeben, das sie versorgt.“
Dr. Ulli Schäfer, Landrat des Kreises Greiz
Was empfehlen Sie anderen Kommunen?
Schäfer: Ich kann andere Landkreise nur dazu animieren, die Arbeitspflicht einzuführen. Sie ist ein wesentlicher Baustein der Integration. Es ist uns gelungen, das Vorhaben zügig und auch möglichst unbürokratisch umzusetzen. Unser kleines Migrationsamt hat mit der Vorbereitung im Juli begonnen und den August zur Kommunikation mit den Trägern genutzt. Im September konnten wir dann wie geplant loslegen. Das ging alles reibungslos. Wir haben keine großen Konzepte geschrieben und auch keine stundenlangen Sitzungen abgehalten. Die Träger haben einen Bescheid bekommen, in dem stand: Der Asylbewerber beziehungsweise die Asylbewerberin wird vom Zeitpunkt x bis x eingesetzt.
Sollten auch Bürgergeld-Bezieher zur Arbeit verpflichtet werden?
Schäfer: Ja, unbedingt. Wir im Landkreis haben als ersten Baustein – das war noch meine Amtsvorgängerin – die Bezahlkarte für Flüchtlinge eingeführt, dann die Pflicht zu gemeinnütziger Arbeit. Den dritten Baustein muss nun die Regierung in Berlin schaffen. Es müssen endlich die gesetzlichen Bestimmungen so geändert werden, dass auch Bürgergeld-Empfänger arbeiten müssen. Zu Hause zu sitzen und Geld zu beziehen – das ist nicht akzeptabel und hat auch mit Integration nichts zu tun.