In der Asylpolitik wird die Kritik der Bürgermeister immer lauter - und immer mehr Anwohner protestieren, wie hier gegen ein geplantes Containerdorf im Dorf Upahl in Mecklenburg-Vorpommern
In der Asylpolitik wird die Kritik der Bürgermeister immer lauter - und immer mehr Anwohner protestieren, wie hier gegen ein geplantes Containerdorf im Dorf Upahl in Mecklenburg-Vorpommern
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Frust wird immer größer

Wegen Asylpolitik: Bürgermeister tritt vom Amt zurück

Die Stimmung in Sachen Asylpolitik der Bundesregierung wird immer gereizter. Und längst sind es nicht mehr nur Bürger, die Ängste haben. Auch die Kommunen, allen voran ihre Bürgermeister, schauen mit Wut und Verzweiflung nach Berlin ob der dortigen Flüchtlingspolitik. In Mecklenburg-Vorpommern wirft daher nun ein erster Bürgermeister das Handtuch.

"In der Asylpolitik trage ich die Art und Weise der Anordnungen und Weisungen des Bundes- und der Landesregierung zur Umsetzung auf kommunaler Ebene nicht mehr mit." Diese Worte hat Burkhard Biemel, Bürgermeister von Dorf Mecklenburg gestern auf Facebook gepostet. Weiter schreibt er: "Es kommt immer wieder zu Zerwürfnissen in der Bevölkerung und die Kommunen mit den daraus folgenden Problemen werden immer alleine gelassen. Dabei unterstreicht er das Wort IMMER im Text mehrfach. Die Ankündigunt hatte er am Abend zuvor auch im Gemeinderat schon gemacht. Damit es eine geordnete Übergabe geben kann, will er sein Amt offiziell zum 31. März niederlegen, kündigte er dort an. 

Die Reaktionen auf seinem privaten Kanal auf Facebook aus der Bevölkerung sind seither sehr ermutigend. Von "Schade" über "Einserseits Respekt, andererseits Schade" bis zu "Ganz stark, so kenne ich dich. Du lässt dich nicht verbiegen und bleibst deinen Prinzipien treu" reicht die Palette. Auffällig: Nicht ein einziger Kommentar, der sich etwa gegen die Asylpolitik oder gegen Flüchtlinge generell ausspricht. Hass ist in der Gemeinde offenbar nicht zu spüren, obwohl viele schreiben, dass ihnen in der Asylpolitik das Wasser bis zum Halse stehe. Ein Bürger schreibt noch, andere Bürgermeister sollten dem Beispiel von Burkhard Biemel folgen, um ein Zeichen zu setzen. 

Asylpolitik
tritt aus Protest gegen die Asylpolitik von Bund und Ländern zurück - der Bürgermeister von Dorf Mecklenburg (Foto: Facebook) 

Das ist die konkrete Kritik an der Asylpolitik 

In seiner Begründung im Gemeinderat zog Biemel einen Vergleich zur seiner früheren Tätigkeit. Vor knapp 30 Jahren habe er im Kosovo die Rückführung von Flüchtlingen organisiert, jetzt werde in Deutschland das Rad wieder neu erfunden. Daraus resultierten dann Zerwürfnisse und die Kommunen würden mit den Problemen allein gelassen. 

Auch der Landrat von Nordwestmecklenburg kann die Frustration verstehen. Tino Schomann bedauerte die Entscheidung von Biemel und sprach von einer "berechtigten Frustration auf kommunaler Ebene" wie ihn der NDR zitiert. Bis Ende Juni soll nun ein Nachfolger gewählt werden. 

Polizisten müssen Bürgermeister wegen Asylpolitik beschützen

Dramatisch zugespitzt hatte sich die Situation in den vergangenen Tagen auch in Greifswald, ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern. Dort soll ein Containerdorf für 500 Flüchtlinge entstehen. Bei einer Großdemonstration dagegen kam es am Montag Abend zu Tumulten. Eine wütende Meute ging auf einmal auf den Bürgermeister zu. Die Polizei musste eingreifen, auch ein Schlagstock kam zum Einsatz. Hintergrund war eine Sitzung der Ortsteilvertretung, die stattfand. Greifswalds Oberbürgermeister Stefan Fassbinder war dabei, wurde angegriffen, als er das Gebäude wieder verlassen wollte. Zuvor waren laut Polizei im Internet Aufrufe kursiert, zum Haus des Politikers zu ziehen. Mit einer Polizeikette musste Fassbinder vor der wütenden Menschentraube beschützt werden. 

Nach dem Vorfall Anfang der Woche nun aber eine Kehrtwende. Der Oberbürgermeister hat gestern Abend auf die Kritik der Anwohner reagiert und Änderungen an den Plänen angekündigt. Das Containerdorf soll nun deutlich weniger Menschen beherbergen - und möglichst schnell wieder weg. Statt 500 Flüchtlinge soll nun lediglich ein Containerdorf für rund 200 Menschen entstehen. Das erklärte Fassbinder am Abend gegenüber dem Magazin Focus. Die Entscheidung liege aber beim Stadtrat, so der Oberbürgermeister, er werde lediglich seinen Vorschlag verändern. Der Nachteil: Es müssten dann in Greifswald kurzfristig 1-2 weitere Standorte gefunden werden, um dort ebenfalls jeweils 100 bis 200 Flüchtlinge unterzubringen. Denn die Gesamtzahl von 500 aufzunehmenden Flüchtlingen verändert sich nicht. 

Eine dezentrale Unterbringung ist laut Bürgermeister in Greifswald nicht mehr möglich - schon im vergangenen Jahr hätte die Wohnungsbaugesellschaft rund 350 Menschen untergebracht. Wohnungen stünden nicht mehr zur Verfügung und Container seien immer noch besser als Turnhallen. 

Auch Fassbinder kritisiert aber massiv die Politik der Bundesregierung. Asyl sei das falsche Verfahren für Migration. Statt Geld für teure und aufwendige Asyl- und Abschiebeverfahren aufzuwenden, solle lieber in die Integration und Qualifizierung investiert werden, sagte er dem Focus. Ebenso hoffe er künftig auf schnelle, flexiblere und günstigere Lösungen im Baurecht, um insbesondere leer stehende Gebäude effektiver zu nutzen.

Proteste gegen Asylpolitik auch in Bayern 

Beispiele, wie hier aus Mecklenburg Vorpommern gibt es leider in ganz Deutschland immer wieder. Nicht nur in Lörrach war in den vergangenen Tagen die Stimmung hochgekocht, weil dort Menschen ihre Sozialwohnungen zugunsten von Flüchtlingen verlassen sollen. KOMMUNAL hatte berichtet. 

Am Dienstagabend etwa kochte auch in Gemeinderat in Großostheim im Landkreis Aschaffenburg die Stimmung wieder hoch. In dem Markt in Unterfranken soll eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge gebaut werden. Mehr als 250 Leute wollte an Dienstag Abend an der Sitzung des Gemeinderates teilnehmen, rund 150 teils verärgerte Menschen standen aber vor der Halle, weil sie nicht mehr reinkamen. Die Polizei kontrollierte die Eingänge. In diversen WhatsApp Gruppen war zuvor nach Berichten des BR gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft Protest aufgekommen. So soll jemand in der Gruppe mit rund 600 Chat-Mitgliedern geschrieben haben: "Demokratie ist Sklaverei in Reinform", jemand anderes schreibt, nun könne man erkennen, wohin "unsere staatlichen Einrichtungen das Land führen". 

In der Sondersitzung des Gemeinderates wurde erläutert, dass es um eine Unterkunft für 150 Flüchtlinge geht. Ein Privatinvestor hat sein leerstehendes Firmengebäude dafür angeboten. Großostheims Bürgermeister Herbert Jakob betonte zu Beginn der Sitzung, dass ihm das Vorhaben große Sorgen bereite. Eine Integration von so vielen Menschen könne in seiner kleinen Gemeinde nicht gelingen. Er erntete tosenden Applaus. Nach der Sitzung zitierte der BR den Bürgermeister wörtlich: Es kann nicht sein, "dass der kleine Markt die Bürger aufnimmt – das werden dann Großostheimer – und wir sollen dann auch noch das Betreuungsgeld auszahlen. Das kann ich in meinem kleinen Haus nicht leisten – da brauche ich Unterstützung von Bund und Land." Dass in sozialen Netzwerken auch während der Veranstaltung gegen die Gemeinderäte gehetzt wurde, mache ihm Bauchschmerzen und Angst um die Demokratie.

Hintergrund ist, dass der Landkreis Aschaffenburg seine Aufnahmequote noch nicht erfüllt hat.