Daumen hoch, Daumen runter - Pro und Contra
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Pro und Contra

Sollen Politiker Beleidigungen anzeigen – oder nicht?

18. Februar 2025
Politikerinnen und Politiker bekommen täglich Hass-Kommentare auf Social Media. Doch wie damit umgehen? Eine Bürgermeisterin und ein Bürgermeister mit konträren Meinungen.

Anfeindungen im Netz treffen vor allem Politiker und Politikerinnen. Einige von ihnen erstatten Hunderte von Anzeigen, andere greifen nur bei Drohungen ein. Sie richten sich auch oft gegen Familienmitglieder von Mandatsträgern. KOMMUNAL hat einen Bürgermeister und eine Bürgermeisterin nach ihrer Meinung gefragt.

Pro Anzeigen von Hasskommentaren im Internet

Wehret den Anfängen – klare Kante bei Hass im Netz zeigen!



Erik Lierenfeld, Bürgermeister von Dormagen

Erik Lierenfeld, Bürgermeister von Dormagen, NRW

Hassposts haben nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun. Wenn es nur darum geht, den anderen abzuwerten, einzuschüchtern oder zu beleidigen, dann hat das nichts mit einem politischen Diskurs zu tun. In der Sache streiten: Ja. Persönliche Diffamierungen: Nein! Daher ist für mich völlig klar, dass alle Anfeindungen, Verunglimpfungen und Bedrohungen zügig angezeigt werden müssen. Von Anfang an muss man deutlich machen, dass es Grenzen gibt und diese verteidigt werden müssen. Niemand muss sich beschimpfen lassen. Das ist nicht Teil der Aufgabenbeschreibung einer Kommunalpolitikerin oder eines Kommunalpolitikers.

Die Zahl dieser Posts ist auch gestiegen, weil es oftmals keine Strafverfolgung gab und man sich in den „sozialen Medien“ austoben konnte. Die aktuellen Entwicklungen in den USA bei den zuständigen Betreibern lassen auch nicht darauf hoffen, dass die „Community“ es allein übernimmt, für eine Eindämmung dieses Hasses zu sorgen. Letztlich ist es doch so: Wenn falsches Verhalten keine Konsequenz hat, dann wird das Fehlverhalten wiederholt. Auch wenn es bei einem selbst als Betroffener vielleicht ein „einmaliger Ausrutscher“ ist, weiß man ja nicht, ob die Person, die dieses Hassposting abgesetzt hat, nicht morgen einfach eine andere Person ins Visier nimmt. 

Der Staat muss sich auch im Sinne der Demokratie und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung wehrhaft zeigen und darf auch „einmalige Ausrutscher“ nicht tolerieren. Polizei, Sicherheitsbehörden und Gerichte können allerdings nur gut arbeiten, wenn sie auch Hinweise bekommen, denen sie nachgehen können. Das muss sich auch in Akten und Anzeigen dokumentieren lassen. Nur so kann man diese Art von verbaler Gewalt eindämmen. Also: Wehret den Anfängen und bringt es zur Anzeige, wenn ihr beleidigt, bedroht oder verunglimpft werdet.

Contra Anzeigen von Hasskommentaren

Warum nicht jede Beleidigung angezeigt werden muss

Gudrun Donaubauer, Bürgermeisterin in Hauzenberg

Gudrun Donaubauer, Bürgermeisterin von Hauzenberg, Bayern

In der heutigen digitalen Welt sind Beleidigungen und Hasskommentare auf Social Media leider zum Alltag geworden, besonders gegen Personen des öffentlichen Lebens wie Politikerinnen und Politiker. Sarkastisch könnte man sagen: Das auszuhalten steht in der Stellenbeschreibung. Weil ich mich selbst sehr zurückhaltend in sozialen Medien präsentiere, erhalte ich selten respektlose Kommentare - oder ich bekomme sie einfach nicht mit. Ich fühle mich tatsächlich so gesehen nicht bedroht.

Die Grenze zu ziehen zwischen Beleidigung und Bedrohung ist schwierig und sehr persönlich. Ich halte mich selbst für relativ abgehärtet. Wegen einer Beleidigung würde ich deshalb keine Anzeige machen. Außerdem ist der Rechtsweg aufwändig - in erster Linie für mich und für die Rechtsbehörden. Die Aussicht auf Erfolg ist eher gering und diejenigen, die auf diesen unteren Niveaus kommunizieren, bekämen auch noch meine Zeit, meine Aufmerksamkeit, meine Energie – damit kann ich mehr anfangen. Ich gebe aber zu, dass ich mich manchmal ärgere über respektlose Äußerungen – auch wenn sie oft lediglich Ausdruck von Frustration und Ärger sind.

Eine Bedrohung mit Ankündigung konkreter Gewalt oder Verletzung der Privatsphäre würde ich selbstverständlich zur Anzeige bringen, vor allem auch dann, wenn mein privates Umfeld betroffen wäre. Ich halte Respektlosigkeit für die Vorstufe von Beleidigung und Bedrohung. Gerade vor Wahlen empfinde ich die Rhetorik mancher Mandatsträger oder derer, die es werden wollen, fragwürdig bis abstoßend und unehrenhaft. Umso wichtiger finde ich es, sich immer erst an die eigene Nase zu fassen. Gerade als Bürgermeisterin habe ich viele Gelegenheiten, mit sehr kritischen, wütenden, enttäuschten Menschen ins Gespräch zu kommen und oft kann man mehr erreichen, wenn man sachlich und respektvoll bleibt, aber auch ganz klare Grenzen setzt.

Es ist wichtig, durch gutes Beispiel voranzugehen und deutlich zu machen, dass man mit Hass und Beleidigungen nicht weiterkommt.