Stadtentwicklung: Eine Wissenschaft für sich

31. August 2017
Wie lässt sich wissenschaftlich messen, ob eine Stadt die Bedürfnisse, Wünsche und Einstellungen ihrer Bewohner und potentieller Neubürger trifft? Prof. Dr. Christoph Strünck und Diplom-Psychologe Frank Luschei von der Universität Siegen haben dafür ein neues Erhebungsinstrument entwickelt. Das Ergebnis: Wichtiger als objektive Kriterien ist das subjektive Empfinden der Menschen.

Text: Annette Lübbers Einer Annahme des Statistischen Bundesamtes zufolge könnte sich die deutsche Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2060 von derzeit 81,8 auf 70,1 Millionen verringern. Manche Regionen werden trotzdem weiter wachsen, andere schrumpfen. Zu den Erstgenannten sollte Südwestfalen gehören: Die Region gilt als das drittstärkste Industriegebiet Deutschlands mit vielen Weltmarktführern und traditionsreichen Mittelstandsunternehmen. Die Kriminalitätsrate ist niedrig, die Natur bietet eine hohe Lebensqualität. Trotzdem wandern mehr Menschen ab als neu hinzuziehen. Christoph Strünck von der Universität in Siegen und Diplom-Psychologe Frank Luschei kennen die genauen Zahlen: „Fast drei Viertel der Städte in dieser Region hatten im Jahr 2013 Wanderungsverluste zu beklagen und nur etwa 28 Prozent konnten Menschen hinzugewinnen.“ Was also fehlt der Region Südwestfalen, um die Menschen einerseits im Lande zu halten und gleichzeitig Wanderungswillige aus anderen Regionen anzuziehen? Liegt es daran, dass gerade junge Menschen lieber in der Stadt wohnen als auf dem Land? Dann müssten die Großstädte in der Region wachsen. Das tun aber nur einige: etwa Köln und Düsseldorf. Andere schrumpfen. Dazu gehört Duisburg. Und einige kleine Ortschaften in NRW – etwa Saerbeck im Münsterland – können durchaus Zuwächse verzeichnen.

Stadtentwicklung nach messbarer Attraktivität

Objektive Gesichtspunkte, etwa die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, scheinen also nur zum Teil ausschlaggebend dafür zu sein, ob eine Stadt Zuwanderer anzieht oder nicht. „Verlässliche Antworten auf die Frage, was eine Stadt tatsächlich attraktiv macht, gab es bislang kaum. Dafür aber jede Menge Vermutungen und Hoffnungen “, erklärt Strünck. Deshalb hat er zusammen mit Frank Luschei das Projekt „Was macht Regionen attraktiv – Entwicklung und Erprobung eines Erhebungsinstruments zur Messung subjektiver Einstellungen“ initiiert.

Christoph Strünck ist Professor für Politikwissenschaft. ©Universität Siegen

Im Winter 2015 startete das Projekt mit einer Zeitungsanzeige, in der die Initiatoren interessierte Kommunen um Rückmeldung baten. Bis zum Mai 2016 meldeten sich 19 Gemeinden, von denen letztendlich elf Kommunen – nach erfolgter Teilnahme an vorbereitenden Workshops – eine Befragung ihrer Bürger vornahmen. Rund 3.600 Einwohner gaben einen verwertbaren Fragebogen ab. 40 Prozent von ihnen waren am Wohnort geboren, 40 Prozent waren zugezogen und ein Fünftel gehörte zu den Rückkehrern. Grundlage der Online-Befragung war ein Katalog von knapp 30 Merkmalen, von denen ein Großteil objektiven Charakter hatten: „Wie viele Arbeitsplätze gibt es? „Wie ist die Autobahnanbindung?“ oder „Wie leistungsstark ist das Telekommunikationsnetz?“ Spannender schienen den Wissenschaftlern allerdings eher subjektiv formulierte Fragen wie „Gibt es gute Chancen, wenn der Arbeitsplatz gewechselt werden soll“ oder „Was bietet mir die Natur in der Nachbarschaft?“

Frank Luschei ist Diplom-Psychologe ©Universität Siegen

Was die Umfrage ergeben hat und wie die Studie weiterging, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe von KOMMUNAL.

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