Freies Internet in Hotels, Cafès und im ÖPNV - das soll jetzt möglich sein

Störerhaftung: Offenes WLAN für Kommunen

28. Juni 2017
Wenn Dritte ein offenes WLAN-Netz dafür ausnutzten, Trojaner zu verschicken oder kinderpornografisches Material hochzuladen, mussten bislang die WLAN-Besitzer dafür haften. Durch eine Gesetzesänderung soll die Haftung nun abgeschafft werden. Und obwohl die Gesetzesänderungen auch Städte und Gemeinden betrifft - ihnen sogar Vorteile verschaffen kann - warnen Kritiker vor rechtlichen Folgen...

Mehr als ein Jahr dauerten die Verhandlungen. Nun konnte sich die große Koalition endlich einigen: Die Störerhaftung wird abgeschafft. Das bedeutet, dass WLAN-Betreiber in Zukunft nicht für die Vergehen von Internetnutzern haften müssen. Bislang mussten Cafèbesitzer, Hotels und andere Anbieter sich dafür verantworten, wenn Dritte ihr Netz für illegale Zwecke missbrauchten. Das WLAN wurde allerorts mit Passwörtern geschützt, um genau dies zu verhindern. Doch das zog einen Rattenschwanz an negativen Konsequenzen mit sich. Denn: Deutschland hinkt im digitalen Bereich weit hinterher. Während in anderen Ländern schnelle Leitungen und offenes WLAN seit Jahren zum Standard gehören und fast jedes Café zum Chatten, Arbeiten und Videotelefonieren einlädt, wurden in Deutschland nur eingeschränkte WLAN-Verbindungen von Städten und Gemeinden - insbesondere in Einrichtungen wie Schulen, Rathäusern oder Bibliotheken - angeboten. Ein Grund: die Störerhaftung Doch genau die soll jetzt abgeschafft werden. Laut  "Handelsblatt" haben Union und SPD kurz vor der Sommerpause, also der letzten Möglichkeit in dieser Legislaturperiode, dem Gesetz zur Änderung der Störerhaftung zugestimmt.

Keine Störerhaftung mehr - die Vorteile von offenem WLAN

Damit ergeben sich für Kommunen neue Chancen. Denn die WLAN-Verbindungen müssen nicht mehr durch ein Passwort geschützt werden. Stattdessen kann eine freie, kostenlose Internetverbindung die Attraktivität des ÖPNV steigern, den Bürgern einen besseren Service bieten und damit das Wohlgefühl stärken. Zusätzlich kann über freie WLAN-Verbindungen auf Events aufmerksam gemacht, Werbung für den eigenen Standort geschaltet und können natürlich neue Lernorte erschlossen werden. Und auch Flüchtlingen bietet das frei verfügbare WLAN eine große Chance. Sie können darüber kostenlos, einfach und direkt  mit Familienangehörigen schreiben oder telefonieren und sich täglich über aktuelle Geschehnisse informieren.

Kritik am Gesetz

Doch zwischen den ganzen Vorteilen, werden auch Nachteile deutlich: Die Betreiber offener Funknetze dürfen nicht verpflichtet werden, ein Passwort zu verlangen oder die WLAN-Nutzer zu registrieren. Dennoch können die Sicherheitsvorkehrungen auf freiwilliger Basis getroffen werden. Und genau dies stört Kritiker. Denn sie befürchten nicht nur, dass dann die Bahn für Urheberrechtsverletzungen frei wird, sondern auch vermehrt Daten gestohlen und Trojaner verschickt werden. Damit beherberge das Gesetz Sicherheitsrisiken. Ihr Lösungsvorschlag: Geräteerkennungen sollen Missbrauch entgegenwirken.

Gefahr für kleine Cafès und Händler?

Kommt es tatsächlich zu einer Urheberrechtsverletzung, haben Rechteinhaber die Möglichkeit dagegen vorzugehen. Sie können vom WLAN-Anbieter die "Sperrung der Nutzung von Informationen verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern" - also verlangen, dass bestimmte Seiten blockiert werden. Doch der Handelsverband Deutschland befürchtet, dass gerade kleine Hotspot-Anbieter mit dieser Regelung benachteiligt werden, weil Abmahnungen drohen, wenn die Sperren nicht schnell genug umgesetzt werden. Andere befürchten, dass es durch das Gesetz zu einem Overblocking kommen könnte...