Tourismusbranche
Die Sommersaison beginnt. Das wird sich besonders in den Innenstädten bemerkbar machen.
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Urlaub in Deutschland

Tourismusbranche vertraut auf Kommunen

Der Lockdown hat Gastronomen und Hoteliers an den Rand des Ruins getrieben. Folge ist auch ein Einnahmeproblem vieler Kommunen. Jetzt hofft die Tourismusbranche auf die Kraft der kommunalen Selbstverwaltung.

Wochenlang waren die Hotelbetten leer. Die Tische in den Biergärten waren abgebaut oder mit rot-weißem Flatterband blockiert. Die Seilbahnen in den Bergen fuhren nicht. Die Strände und Inseln an Deutschlands Küsten durften von Ortsfremden nicht einmal betreten werden. Gut zwei Monate lang, seit Mitte März, fand in Deutschland kein Tourismus mehr statt. Nur noch einige wenige Geschäftsreisende durften in den Hotels des Landes übernachten. Das war keine leichte Zeit für die Tourismusbranche.

Doch seit Anfang Juni ist das wieder anders: Allmählich fahren die Bundesländer ihre Angebote wieder hoch. In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise öffneten zu Pfingsten die ersten Hotels: Wer mindestens eine Woche vor Ort bleiben wollte, konnte eine Buchung tätigen – auch wenn zunächst nur rund 60 Prozent aller Hotelzimmer an Urlauber vermietet werden durften.

Die finanziellen Reserven der Tourismusbranche sind aufgebraucht

„Die Betriebe beginnen, ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen“, sagt Tobias Woitendorf, Geschäftsführer des Landestourismusverbands Mecklenburg-Vorpommern. „Aber für viele Unternehmen ist es unklar, ob sie das Ende des Tunnels überhaupt erreichen werden.“ Denn die finanziellen Reserven sind bei den meisten Unternehmen aufgebraucht: Außer in den Skigebieten lebt die deutsche Tourismuswirtschaft von der Sommersaison.

Umsatzausfälle Tourismusbranche

Beginnend mit den Osterferien bauen sich die Betriebe Reserven auf, mit deren Hilfe sie dann den nächsten Winter überleben. In diesem Jahr freilich funktioniert das nicht. Das Corona-Virus und der damit verbundene Lockdown sorgten dafür, dass Deutschlands Touristiker gut zwei Monate lang ohne Einnahmen blieben, während die Kosten weiterliefen. Und Schuldenberge türmten sich an.

Das Problem betrifft auch Kommunen

Ein Problem nicht nur für Betriebe, sondern massiv auch für Kommunen. Denn wo keine Gäste sind, werden auch keine Umsätze gemacht. Steuern und Abgaben bleiben aus. Von den Umsätzen eines normalen Jahres, wo allein in Schleswig-Holstein 36 Millionen Übernachtungen, rund 130 Millionen Tagesreisen und 9,5 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr in der Tourismuswirtschaft gezählt werden, kann längst nicht mehr die Rede sein.

Wie kann sich die Tourismusbranche erholen?

„Der Corona-Lockdown hat unser Land, die Kreise, Kommunen und Unternehmen gerade im Tourismus wirtschaftlich sehr getroffen“, erklärt die Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein, Bettina Bunge. Zumal noch längst nicht alle Anbieter wieder aufmachen könnten. In ihrem Bundesland könnten etwa Bus- und Gruppenfahrtenanbieter, Freizeitparks sowie Eventveranstalter, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt agieren.

Tourismusbranche als Wirtschaftsfaktor

Zudem ist das Tagungs-, Messe- und Kongressgeschäft noch fast vollständig unterbunden. „Wir können zwar erste Erfolge melden, aber müssen noch viel gemeinsam tun, gerade in Abstimmung zwischen Wirtschaft und Politik, damit sich unsere Branche nachhaltig erholt.“

Tourismusbranche setzt auf die Unterstützung der Kommunen

Und gerade weil Kommunen und Touristiker im selben Boot sitzen, hofft Bunge nun auch auf Unterstützung aus den Städten und Gemeinden. „Um einerseits die Gesundheit der Bevölkerung und der Besucher auf Zeit zu schützen und andererseits den Tourismus wieder anzukurbeln, bedarf es kurz- und langfristiger Planungen, detaillierter Abstimmungen aller Beteiligten und zeitlich flexibler Umsetzungen“, fordert sie. Die Befürchtungen und Bedürfnisse der Bevölkerung, der Gäste und Tourismusbetriebe seien dabei gleichermaßen zu berücksichtigen. Was ein anstrengender, zeit- und nervenraubender Marathon für alle werden könne.

Gemeindeverordnung und Kommunikation können der Tourismusbranche helfen

„Aber die kommunale Selbstverwaltung ermöglicht es, gerade jetzt in dieser für alle neuen Situation, sehr individuell mit den jeweiligen Gemeindeverordnungen und der Kommunikation vor Ort dazu beizutragen, dass das Leben für Einheimische und Gäste sicher und möglichst entspannt verläuft.“  Natürlich gibt es auch im Bundesland zwischen den Meeren eine Landesverordnung und zahlreiche Erlasse aus Kiel, die den Tourismus regeln.

Am Ende sind es die Städte und Gemeinden, die die Verhältnisse vor Ort am besten kennen. „So wurde beispielsweise im Kreis Nordfriesland die Entscheidung getroffen, Tagesgäste in den touristischen Hotspots aktuell noch nicht wieder zuzulassen, um unkontrollierbare Menschenmassen auf Inseln wie Sylt oder Amrum und an den Stränden zu vermeiden“, sagt Bunge.

Urlaubsziele der Deutschen

Einige Tourismusorte verlangten Mund-Nasen-Schutz in engen Fußgängerzonen, andere Kommunen könnten darauf im öffentlichen Raum verzichten. „Es wird auch vor Ort geprüft, ob Gastronomiebetriebe mehr Außenfläche als üblich zugestanden werden kann, sodass sie die Gäste auch mit Abstand platzieren und trotzdem auskömmlich wirtschaften können“, so die Tourismusexpertin. „Die Kommunen und Gemeinden kennen vor Ort ihre neuralgischen Punkte und können hier schnell Abhilfe schaffen.“

Urlauber wollen trotz Corona einen schönen Urlaub haben

Dabei ist es den Touristikern aber wichtig, dass auch die Kommunalpolitiker konstruktiv mit den Problemen umgehen. Es sollten nicht nur Ausflugsziele gesperrt werden: Mindestens ebenso wichtig sei es, weniger belastete Alternativen aufzuzeigen. Wenn der Hauptstrand gesperrt ist, sollte auf Alternativen hingewiesen werden. Schließlich sind die Urlauber nun einmal da und wollen trotz Corona auch einen schönen Urlaub haben. „Spannungspunkte identifizieren, schnell und unbürokratisch, womöglich im Verbund handeln, das wäre für einen entspannten Aufenthalt unserer Gäste, aber auch für das Leben der Bewohner ein Gewinn.“

Kommunen können sich direkt an ihre Gäste wenden

Und es geht um Kommunikation, ergänzt der Tourismuschef aus Mecklenburg-Vorpommern, Tobias Woitendorf. Die Kommunen müssten sich direkt an die Gäste wenden und ihnen erklären, was in diesem Urlaub geht – und was aus welchen Gründen wo vielleicht noch nicht möglich ist. „Die Menschen wollen wissen, was sie mit ihrer Kurkarte jetzt noch anfangen können, und wie Gelder aus der Kurtaxe vor dem Hintergrund der Corona-Krise genutzt werden.“ Auch sollte es vor Ort klare und übersichtliche Wegeführungen und Beschilderungen geben, gerade in einer Zeit, in der das Abstand halten weiter wichtig bleibt.

Radreiseregionen

Weniger Menschen essen in Restaurants

Generell ist der Tourismus jedenfalls noch weit davon entfernt, auf ein Vor-Corona-Niveau zurückzukehren. Was im Übrigen auch für die Gastronomie gilt. Die Menschen haben derzeit weniger Geld in den Taschen, beobachtet Olaf Lücke, Geschäftsführer des Branchenverbands DEHOGA in Brandenburg.

Touristischer Konsum

Zudem fehlt es an der nötigen Stimmung. „Es ist so, dass zu unserer Branche eine gewisse Freude gehört“, erläutert der Brandenburger. In Corona-Zeiten fehlt es vielen Menschen aber an Fröhlichkeit und Leichtigkeit, um in einem Restaurant essen zu gehen. „Die Verluste, die wir jetzt machen, sind definitiv nicht mehr bis zum Winter aufholbar“, prognostiziert er.

Das Reiseverhalten verändert sich

Nur bei den Hotels sieht er die Dinge etwas positiver: „Die Häuser waren an Pfingsten sehr gut gebucht. Wenn das Wetter mitspielt, können wir auch im Sommer eine gute Buchungslage bekommen.“ Das Reiseverhalten der Menschen werde sich vermutlich verändern, so dass der Urlaub vieler Bundesbürger eher in Deutschland statt auf Mallorca oder Bornholm stattfinden werde – wenn auch die Kommunen das Ihrige dazu beitragen, und sich vor Ort um unbürokratische Unterstützung für die Anliegen der Branche bemühen.