Talkshow
In Talkshows beteiligen sich viele Prominente an der Wohlfühl-Illusion und schüren damit die Unzufriedenheit der Bürger.
© adobeStock

Politiker in Talkshows

Vollkasko-Mentalität führt zu Realitätsverlust

Auf Demonstrationen wird teilweise eine beängstigende Ablehnung des Staates und seiner Institutionen zum Ausdruck gebracht. Die Politik wird von dieser Vollkaskomentalität getrieben und überfordert. Kaum eine gesellschaftliche Gruppe oder Organisation, die nicht ständig zusätzliche Leistungen einfordert. Leider lässt sich die Politik weitgehend auf diese Situation ein und erfüllt den Wunsch nach einer Art Erlebnisdemokratie. In abendfüllenden Talkshows beteiligen sich viele Prominente an dieser Wohlfühl-Illusion und treiben die Forderungskataloge weiter voran. Was wir statt dessen brauchen!

Deutschland geht es – trotz Pandemie – gerade im internationalen Vergleich gut. Die Arbeitslosigkeit ist nach wie vor niedrig, die Wirtschaft läuft und das Sozialsystem funktioniert. In kürzester Zeit wurden Impfstoffe gegen Corona entwickelt, allen Bürgerinnen und Bürger angeboten und immerhin über 71 Prozent der Bevölkerung ist inzwischen vollständig geimpft. Mit gewaltigen Milliardensummen hat der Staat Hilfspakete geschnürt, um den Menschen zu helfen.

Beängstigende Ablehnung des Staates

So weit, so schlecht? Trotz dieser eigentlich ordentlichen Bilanz nimmt die Unzufriedenheit zu. Auf Demonstrationen wird teilweise eine beängstigende Ablehnung des Staates und seiner Institutionen zum Ausdruck gebracht. Egal, was die Politik auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene entscheidet und umsetzt, es ist nie genug, nicht richtig, zu langsam, zu bürokratisch, unzureichend vermittelt, zu wenig bürgernah und zu wenig digital und so weiter.

Dementsprechend ist das Ansehen des Berufes Politiker/in immer weiter gesunken. Anfang der 1970er Jahre bekundeten noch 27 Prozent besonderen Respekt vor diesem Beruf, jetzt bewegt sich die Zustimmung im niedrigen einstelligen Bereich.

Die Politik wird von dieser Vollkaskomentalität getrieben und überfordert. Kaum eine gesellschaftliche Gruppe oder Organisation, die nicht ständig zusätzliche Leistungen einfordert. Mehr Geld für alle und alles, natürlich immer mit sachlichen Argumenten begründet. Kein Bereich, wo nicht der Ruf nach mehr, besser ausgebildeten und bezahltem Personal formuliert wird: Kindergarten, Schule, Stadtverwaltung, Universitäten, Krankenhäuser, Polizei, Pflegeheime und so weiter. Dabei wird gerne übersehen, dass der Staat nur das verteilen kann, was er den Menschen vorher über Steuern und Abgaben abgenommen hat. Auch der demografische Wandel – immer mehr alte Menschen und weniger junge – wird zwar beschrieben, aber bei den vielfältigen Forderungen gerne ausgeblendet.

Ehrliche Aussagen, Hoffnung statt Angst

Leider lässt sich die Politik weitgehend auf diese Situation ein und erfüllt den Wunsch nach einer Art Erlebnisdemokratie. In abendfüllenden Talkshows beteiligen sich viele Prominente an dieser Wohlfühl-Illusion und treiben die Forderungskataloge weiter voran. Das Ganze meist in wohlklingenden Beschreibungen wie Aufbruch, bessere Zukunft, mehr Miteinander und so weiter eingekleidet.

Ehrliche Aussagen wie „Wir können froh sein, wenn es uns morgen und übermorgen so gut geht wie heute“ und „Es besteht durchaus Anlass Stolz auf unser Land, die Demokratie, den Rechtstaat, den Sozialstaat und den Frieden zu sein“ werden kaum formuliert.

Wir brauchen mehr Hoffnung statt Angst, mehr Überzeugung statt immer neuer Regelungen, mehr Eigeninitiative statt Vollkaskomentalität.