Vorstandsführerschein
So werden Vereinsvorstände fit für ihre Arbeit
Wie organisiert man eine Mitgliederversammlung? Wann haftet der Verein? Was muss bei der Auszahlung der Übungsleiterpauschale beachtet werden und was bedeutet die Datenschutzgrundverordnung in der Praxis? Diese und viele weitere Fragen treiben Vereinsvorstände um, ganz gleich, ob sie nun dem Musikverein vorstehen, dem Sportclub oder dem Schützenverein. In der Bildungsregion Memmingen-Unterallgäu, einer Vereinigung der Stadt Memmingen und des Landkreises Unterallgäu, hat man es sich zum Ziel gesetzt, den Ehrenamtlichen hierbei zu helfen. So ist schließlich der Vorstandsführerschein entstanden, ein kompaktes Schulungsangebot, das die Teilnehmer möglichst praxisnah, umfassend und krisensicher bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit unterstützen soll.
Der Vorstandsführerschein - gerade für kleinere Vereine attraktiv
Saskia Nitsche ist als Bildungsberaterin zuständig für die Koordination der Bildungsangebote in der Region Memmingen-Unterallgäu und betreut hierbei auch die Ehrenamtlichen und Vereine. Über 90 Vereine gibt es alleine in der Stadt Memmingen, im gesamten Landkreis Unterallgäu sind es über 1.300 Vereine und entsprechend groß ist die Nachfrage nach Schulungsangeboten, insbesondere bei jenen Vereinen, die nicht in ein größeres System eingebunden sind. „Während größere Vereine oft über ihren Dachverband Zugang zu einem Fortbildungs-Angebot und Beratungen haben, sind gerade die kleineren Vereine und Initiativen auf sich allein gestellt. Hier wollen wir gezielt unterstützen“, sagt Nitsche.
Praxisnaher Kompaktkurs
Nachdem sich die Nachfragen häuften und sich die Themen ähnelten, entstand die Idee zu einem mehrteiligen und in sich geschlossenen Schulungsangebot, das speziell Vereinsvorstände bei ihren Leitungs-Aufgaben unterstützt. Besonders wichtig war es den Initiatoren des Kompaktkurses, nicht an den Teilnehmern vorbei zu agieren, sondern ein möglichst bedarfsgerechtes und praktisch verwendbares Paket an Informationen zu schnüren. Dazu haben sie den Bedarf im Vorfeld direkt bei den Vereinen abgefragt, wo sie Hilfe brauchen, welchen Fragen sie umtreiben und wo es in der Praxis hakt. In Folge wurde zusammen mit dem Referenten, dem Vereinsberater Karl Bosch, schließlich der Vereinsführerschein entwickelt, einen Kompaktkurs, der in mehreren Modulen verschiedene zentrale Aspekte der Vorstandstätigkeit abdeckt.
Erfolgsprojekt Vorstandsführerschein
Die „Fahrerlaubnis“ für Vorstände wurde zum Erfolgsprojekt: 2018 wurde der Führerschein zum ersten Mal angeboten und dann jährlich durchgeführt, mittlerweile ist die Nachfrage so groß, dass der Kurs 2022 erstmals zweimal angeboten wird. Das Prinzip ist ebenso durchdacht wie konkret: Eine Gruppe von maximal 25 Leuten nimmt jeweils am Kurspaket teil, das aus einer Ganztages-Veranstaltung und drei Abendterminen besteht, die sich über drei Monate strecken. Bei der anschließenden Abschlussfeier wird dann das Zertifikat überreicht und auch der Landrat oder der Oberbürgermeister sind als Zeichen der Wertschätzung zugegen. Finanziert wird der Kurs komplett über die Bildungsregion, für die Vereine ist die Teilnahme kostenlos.
Vom Vereinsrecht bis zur Rhetorik
Die Themen, die in den verschiedenen Seminareinheiten behandelt werden, orientieren sich an der konkreten Praxis in den Vereinen. So werden dort Vereinsrecht, Haftungsfragen, Versicherungsaspekte und die Eckpunkte des Vereinssteuerrechts ebenso behandelt wie Hilfestellungen für eine erfolgreiche Kommunikation und Rhetorik gegeben werden. Weitere Schwerpunkte sind die Organisation einer Mitgliederversammlung von der Einladung über die Durchführung, die Logistik der Wahlen bis hin zur Beschlussfassung sowie die bis heute herausfordernde Datenschutzgrundverordnung.
Bildung und Erfahrungsaustausch
Laut Bldungsberaterin Nitsche steht neben der Schulung aber vor allem der gegenseitige Austausch im Zentrum. „Jeder Teilnehmer bringt seine ganz individuelle Situation mit ein und seine Geschichten und Erfahrungen mit“, so die Referentin, und oft würden Teilnehmer mit sehr unterschiedlichen Wissensständen und Hintergründen aufeinander treffen. „Da sind zum einen Leute ohne jede Erfahrung, die wir bestmöglich vorbereiten wollen auf ihr neues Amt und dann sind da auch Teilnehmer, die schon viele Jahre im Ehrenamt tätig sind und die ihre Kenntnisse auffrischen wollen“. Genau in dieser Breite aber liege auch der Reiz.
„Die Teilnehmer profitieren enorm voneinander, sie kommen in den Austausch und werden im Laufe des Seminars zur eingeschworenen Gruppe“, so Saskia Nitsche. Letztlich sei das Ziel des Vorstandsführerscheins, dass „die Teilnehmer möglichst viel mitnehmen, Spaß dabei haben und sich wertgeschätzt und gut vorbereitet fühlen für und auf ihre Arbeit“. Es scheint zu funktionieren: Die Kurse sind laut Nitsche immer ausgebucht und die Wartelisten lang.
