Im Podcast sprechen wir mit drei Gästen über bezahlbaren Wohnraum
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Podcast

Wie Kommunen den Trend beim Wohnungsbau umkehren

Eines der drängendsten Themen aktuell: Wohnraummangel. Längst kein Problem mehr, das nur große Städte betrifft. Im Podcast haben wir mit zwei Praktikern und einer Expertin aus einem Sozialverband darüber gesprochen, wie Kommunen den Trend rumreißen können.

In der rheinländischen Stadt Wesseling wird aktuell ein neuer Hebel ausprobiert: Mit einer neuen Wohnraumschutzsatzung sagt die Stadt dem Leerstand den Kampf an. Denn: Bauland ist längst knapp geworden im Umland von Köln und neuer Wohnungsbau damit schwierig. Dementsprechend dringend wird jede Wohnung im Bestand benötigt. 

Das "Aalener Modell" schafft bezahlbaren Wohnraum

Die Stadt Aalen bei Ulm hat einen ganzen Strauß an Maßnahmen, die sie im „Aalener Modell“ zusammenfasst. Das Prinzip dahinter: „Wir haben in Aalen angenommen, dass es eine kommunale Aufgabe ist, sich um den bezahlbaren Wohnraum zu kümmern. Die Situation ist nicht gottgegeben, sondern wir können handeln und wir müssen handeln. Das unterscheidet Aalen von Kommunen, die sich der Situation hingeben und die Dinge auf dem Immobilienmarkt einfach passieren lassen.“

VdK: Altersgerechter Wohnraum setzt zusätzliche Potenziale frei

Auch Verena Bentele hält die aktive Mitarbeit der Kommunen für einen Schlüsselfaktor, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu gewinnen. Woran es ganz besonders fehle: Altersgerechter Wohnraum. Der würde viele ältere Menschen dazu bewegen, eine zu große und für ihre Bedürfnisse nicht mehr geeignete Immobilie zu verlassen und eine auf ihre Anforderungen zugeschnittene, kleinere Wohnung zu ziehen. 

Doch eins ist allen klar: Die Kommunen können das Ruder nicht allein rumreißen. Für die nötigen Veränderungen muss sich der Bund massiv einbringen. 

Deshalb richten unsere Podcast-Gäste Wünsche an den neuen Bundestag:

Ich würde mir dringend eine Reform der Bauvorschriften wünschen. Anträge müssen schneller bearbeitet werden können, Auflagen müssen niedriger sein. Und: Die Mittel für den sozialen Wohnungsbau müssen deutlich steigen. Ich merke: Jetzt ist die Gelegenheit da ranzugehen, mit den Investoren zu sprechen und Bauprojekte voranzubringen. Nur so können wir den bezahlbaren Wohnraum, der bei uns aktuell ausläuft, auf ein Niveau bringen, wo ich den Menschen ausreichend davon zur Verfügung stellen kann.

Matthias Neeser, Erster Beigeordneter der Stadt Wesseling

Matthias Neeser über bezahlbaren Wonraum

Wir haben in Aalen das Modell der Wohnraumakquise: Leerstehenden Wohnraum anmieten und weitervermieten an Personen, die sich auf dem Wohnungsmarkt schwertun. Da steht uns das Mietrecht im Weg. Denn man darf Mietverträge zeitlich nicht befristen. Das hemmt die Bereitschaft von Privaten, ihren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Deshalb schlagen wir das Modell des begleiteten Mietverhältnisses vor. Die Kommune kümmert sich, begleitet das Mietverhältnis sozial und sichert es finanziell ab. Wenn die Person das Mietverhältnis verliert, schauen wir, dass sie anderen Wohnraum bekommt. In diesen Fällen sollte eine Befristung möglich sein. 

Frederick Brütting, Oberbürgermeister der Stadt Aalen

Frederick Brütting über begleitete Mietverhältnisse

Ich wünsche mir etwas ganz Verrücktes von der neuen Bundesregierung: Die möchte ja gerade weniger regulieren, aber ich glaube tatsächlich, beim Verkauf von Grundstücken braucht es sehr wohl Regulierungen. Zum Beispiel dass gemeinnützigen Wohnbauvorhaben der Vorrang gegeben wird und die Spekulationsmöglichkeiten schon beim Grundstückskauf ein Stück weit eingeschränkt werden. Wer wirklich in dem Thema vorankommen will, muss dort regulieren. Wenn man da nicht mutig ist, wird es so gehen, wie bei der Ampel-Koalition, die doch sehr weit weg war von ihren selbst gesetzten Zielen.

Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK

Verena Bentele über soziale Wohnraumpolitik

Fotocredits: Stadt Wesseling, Stadt Aalen, VdK