Wildschwein im Schnee
Wildschweine können gefährlich werden, wenn sie in Panik geraten.
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Tiere in der Stadt

Wildschweine und Wölfe sorgen für Aufregung

In der Corona-Krise heißt es Abstand halten. Mensch und Wildtier kommen sich hingegen oft nah. Auf der Suche nach Nahrung streifen Wildtiere durch die Städte und Dörfer. In Neuss musste die Feuerwehr ein Wildschwein aus einem Pool retten. Nicht immer aber geht es glimpflich aus, wenn Wildschweine & Co auftauchen.

Inzwischen ein gewohntes Bild: Füchse, die in den Siedlungen herumstreifen und im Schnee durch die städtischen Parks springen. Viele Viertel oder Dörfer haben längst "ihren Fuchs".  Für die Menschen stellen Füchse keine Gefahr dar. Die Zeit, als sie Tollwut übertrugen, ist vorbei. Vorsicht ist aber angeraten, wenn ein Wildschwein auftaucht, das verletzt ist, in Panik gerät - oder mit dem Nachwuchs unterwegs ist. Groß scheint die Angst vor dem Wolf.

Wolf und Wildschweine gemeldet

So gingen zum Beispiel an einem Tag Anfang Februar mehrere Anrufe bei der Polizei Weyhe in Niedersachsen ein. Im Bereich der Landstraße sei ein wolfsähnliches Tier gesichtet worden, teilten die aufgeregten Anrufer mit. Die Polizei schaltete den Wolfsberater und die Kreisverwaltung ein, doch von einem Wolf fehlte jede Spur. Er gilt als scheu und nähert sich Menschen eigentlich nicht. Es gibt viele weitere tierische Meldungen - vor allem zu Wildschweinen:

  • Im baden-württembergischen Heidelberg war es an einem Wochenende zu gleich zwei Begegnungen mit Wildschweinen gekommen. Am Sonntag kurz vor 18 Uhr  kam einer Spaziergängerin ein Wildschwein entgegen. Laut Polizei stürmte es  auf die 45-Jährige zu und rannte die Frau um. Die Passantin wurde am Bein verletzt und musste im Krankenhaus behandelt werden. "Eine umgehend eingeleitete polizeiliche Fahndung nach dem Borstentier führte nicht zum Erfolg, so dass über dessen Verbleib keine Hinweise erlangt werden konnten", schreibt die Polizei in ihrem Bericht.
  • Für Aufregung sorgte zuvor am Samstagnachmittag gegen 15.45 Uhr ein Wildschwein, das von Passanten am Eichendorffplatz in Heidelberg-Rohrbach - also inmitten der Wohnbebauung - gesichtet wurde. Das Jungtier soll laut einem Kreisjägermeister vermutlich von einem Hund aufgescheucht worden sein. Anwohner sperrten das Tier  auf dem Gelände einer Schule ein. Da das Tier offensichtlich verletzt war, wurde es zunächst betäubt und von einer Tierärztin untersucht. Der Jagdpächter musste es von seinen Leiden erlösen.
  • In der sächsischen Stadt Brandis bei Leipzig hat ein Wolf im Stadtpark ein Reh gerissen und schleppte seine Beute in die Nähe des Bahnhofs.  Eine Anwohner beobachtete, wie er sich die Mahlzeit schmecken ließ.
  • In Neuss in Nordrhein-Westfalen ist ein Wildschwein an diesem Dienstag in einen Pool gelandet. Das Schwimmbecken war zugefroren, das Eis trug aber das Gewicht des Wildschweines nicht. Die Feuerwehr versuchte schließlich, dem armen Tier in dem zur Hälfte gefüllten Pool eine Treppe zubauen. Schließlich füllte sie den Pool mit Wasser auf, das Tier konnte aus eigener Kraft aus dem Becken klettern - und flüchtete nass und vermutlich unterkühlt zurück in den Wald.
  • Auf einem Spielplatz in Kaarst in Nordrhein-Westfalen kam es zu einer tierischen Verwechslung. Eine besorgte Bürgerin meldete der Polizei, dass dort ein Wildschwein sein Unwesen treibe. Beim Eintreffen der Polizeibeamten stellte sich heraus, dass es um ein zahmes Hausschwein handelte, das aus einem nahgelegenen Garten ausgebüchst war. Der Besitzer konnte ausfindig gemacht werden. Er lockte das - nach seiner Aussage "dickköpfige" - Borstenvieh mit Hilfe eines Apfels zurück auf das heimische Grundstück, wie  die  Kreispolizeibehörde Rhein-Kreis Neuss meldete.
  • In den sozialen Netzwerken postet seit Wochen eine Frau aus Berlin Videos und Fotos von ihrer täglichen Begegnung mit einem Eichhörnchen, das sie Magnus nennt - weil es Nüsse so gern mag und sie sich diese schon frühmorgens abholt.

Bei der Begegnung mit einem Wildtier ist laut Experten stets zu beachten: Ausreichend Abstand zu halten und das Tier auf gar keinen Fall mit Futter zu locken. Personen, die einen Wolf sichten, werden gebeten die zuständige Naturschutzbehörde oder die Polizei zu informieren. Vorsicht ist geboten, wenn ein Wildschwein lautstark durch die Nase schnaubt. Hunde sollten sofort an die Leine genommen werden.

Lockdown gefährdet Wildtiere

Die Behörden und Tierschutzverbände weisen darauf hin, dass Spaziergänger und Jogger in Lockdown-Zeiten viel mehr als sonst im Wald unterwegs sind. Dadurch werden die Rückzugsgebiete der Wildtiere beeinträchtigt. Am vergangenen Wochenende sind bei Karlsruhe Rehe umgekommen, weil sie vor den Menschen geflüchtet waren.

Rehe ertrinken in Hochwassergebieten

 "Einsatzkräfte, Förster und Jäger mussten im Unterwald bei Knielingen mit ansehen, wie Rehe im Rheinhochwasser aus Erschöpfung, Durchnässung und Unterkühlung leiden mussten und auch qualvoll verendet oder ertrunken sind", berichtet die Stadtverwaltung Karlsruhe (Baden-Württemberg). Stefan Lenhard, städtischer Wildtierbeauftragter bei der Unteren Jagdbehörde im Forstamt, zeigt sich überzeugt: "Die Anwesenheit der vielen Erholungssuchenden auf den Dämmen und fehlende Fluchtmöglichkeiten in überflutungsfreie Gebiete haben die Rehe in diese lebensbedrohliche Notlage gebracht". Gut gemeinte Rettungsversuche hätten die völlig entkräfteten Tiere noch mehr aufgeschreckt, so dass sie zurück ins kalte Wasser geflohen und höchstwahrscheinlich ertrunken sind.

Hunde lösen Panik unter Rehen aus

In den vergangenen Monaten sei es häufiger vorgekommen, dass  Rehe in panische Flucht vor Menschen und auch vor Hunden versetzt wurden. "In der Regel erreichen uns montags die unschönen Bilder von Rehen, die unter Schmerzen und Leiden verendet sind. Häufig enden die wilden Fluchten in Zäunen, wo sich die Tiere verletzen oder sofort verenden"  so der Wildtierbeauftragte. Immer wieder werden auch im Wald tote Rehe gefunden und gemeldet. Die Todesursache ist auf den ersten Blick meist schnell zu erkennen: Hundebisse oder Verletzungen durch den Straßenverkehr.

 "Wir können nicht nachvollziehen, warum Hundehaltende es dulden, dass ihr Hund abseits der Wege Rehe oder anderes Wild stört oder sogar hetzt", zeigt sich Lenhard besorgt. Insbesondere bei Tag enden solche Hetzjagden dann häufig mit einem Wildunfall auf einer Straße.

Wildtierbeauftragter appelliert an Ausflügler

Der Wildtierbeauftragten verweist auf die nahe Zukunft: "In ein paar Wochen beginnt die Brut- und Setzzeit. Gerade in dieser Phase brauchen alle Wildtiere Ruhe und Schutz. Niemand will, dass zum Beispiel Rehkitze qualvoll verhungern, weil die Rehgeiß durch einen Hund, einen Verkehrsunfall oder eine andere Störung zu Tode gekommen ist."

Sein Appell:  "Spaziergänger, Sportler und ihre Vierbeiner sollen unbedingt auf den Wald- und Feldwegen bleiben. Falls die vierbeinige Begleitung nicht zuverlässig hört, gehört sie an die Leine." Zumindest die Nachtstunden sollten den Wald- und Feldbewohnern gehören. Wildtiere brauchen Ruhe und sichere Rückzugsräume vor den Menschen und deren Haustieren. Und sie brauchen Fluchtmöglichkeiten in Notlagen wie der aktuellen Hochwassersituation. Daher fordert die Stadtverwaltung dazu auf, insbesondere solche Bereiche meiden, die für die Wildtiere ohnehin schon schwierig zum Überleben sind. Zudem ist das Betreten der Dämme bei Hochwasser ohnehin aus Sicherheitsgründen untersagt.

Wer mehr wissen will: Waschbär in der Mülltonne, Fuchs auf der Veranda, Marder auf dem Dachboden: Nicht selten wundern sich Menschen über tierische Mitbewohner, die sich plötzlich in Städten und Dörfern ausbreiten. Mit der Plattform Wildtiere in der Stadt- neue Nachbarschaft informieren Freiburger Forscherinnen und Forscher über Wildtiere.