Nach Corona können sich neue Türen öffnen.
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Bürgermeister-Plan

So kann die Stadt der Zukunft aussehen

"Wir sind immer für alles zuständig und helfen gern!" Diesen Satz will Bürgermeister Patrick Kunkel der 20.000-Einwohner-Stadt Eltville am Rhein von allen seinen Mitarbeitern hören. Wie er sich die "neue Stadt" und die Verwaltung der Zukunft noch vorstellt, das hat er gemeinsam mit Andrea Schüller von der Stabstelle aufgeschrieben.

Eltville am Rhein hat bereits bewiesen, dass es in der Stadtentwicklung innovativ vorgeht. Zusammen mit der Landeshauptstadt Kiel und der Hansestadt Buxtehude erhielt die hessische Stadt den Deutschen Nachhaltigkeitspreis für Städte und Gemeinden 2021. Mit diesem Preis werden seit 2012 Vorreiter der kommunalen Nachhaltigkeit durch die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. geehrt.

KOMMUNAL stellt hier verkürzt die aktuell veröffentlichten Vorschläge für die Kommune von morgen vor. Sie sollen Antworten etwa auf die Frage geben: Wie funktioniert eine bürgerfreundliche Verwaltung? Oder auch auf die Frage: Wie kann eine Kommune die Jugend einbinden? Das Positionspapier trägt den Titel „Die neue Stadt – wie es jetzt weitergeht!“

Die wehrhafte Stadt  

Ziel ist es, eine widerstandsfähige Stadtgesellschaft zu etablieren, um gemeinsam Krisen meistern zu können. Wir haben in der Corona-Krise erlebt, dass die Kommune der erste Ansprechpartner ist, dass die Menschen sich genau hier verankert fühlen, hier Hilfsangebote suchen und annehmen und auf der anderen Seite Menschen in diesem Wirkungskreis bereit sind, zu helfen, sich einzubringen und zu unterstützen.

Verwaltung völlig neu denken

Kooperationen sind die Grundlage für ein gutes und erfolgreiches Miteinander. Oft bedarf es nur eines Telefonats mit dem richtigen Ansprechpartner und schon ist die Lösung eines Problems gefunden. Eine zentrale Rolle spielt hierbei das Mehrgenerationenhaus Eltville, in dem viele Fäden dieses Netzwerkes zusammenlaufen. Wichtige Partner sind überdies das Netzwerkbüro Ehrenamt und der Präventionsrat Oberer Rheingau. Die Stadt als kleinste Einheit schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das der Nährboden für ehrenamtliches Engagement ist. Menschen bieten Hilfe an, die von Bedürftigen auch angenommen wird. Der Zusammenhalt in der Gemeinschaft macht diese resilient gegenüber Krisen.

Strukturen nachhaltig verankern

Ehrenamtlich Engagierte sollen nicht im luftleeren Raum schweben. Um sie nachhaltig an die Stadt zu binden, sind feste Strukturen notwendig. Diese festen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner haben wir nach und nach in die Verwaltung eingebunden oder zumindest an sie angedockt. Auf die Schlüsselfiguren kommt es an: Sie motivieren, bringen Menschen zusammen und organisieren Hilfen. Feste Strukturen aus Haupt- und Ehrenamtlichen sind die Knoten zwischen den einzelnen Fäden im Netzwerk.

Neue Kultur der Mandatsträger

Mandatsträger sind ebenfalls Schlüsselfiguren im Netzwerk einer Kommune. Sie transportieren wichtige Themen und Entscheidungen als Multiplikatoren in die Gesellschaft hinein.  

Mit der neuen Verwaltung in die Zukunft

Wir brauchen engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht nach Zuständigkeiten fragen, sondern für die Bürgerinnen und Bürger anpacken. Wir sind immer für alles zuständig und helfen gern! Verwalten war gestern. In der Verwaltung der neuen Stadt ist Gestalten das Zauberwort. Um neuen Herausforderungen gewachsen zu sein, arbeitet die Verwaltung schon jetzt ämterübergreifend, transparent und nachhaltig. Je nach Aufgabe werden Teams passend und direkt nach Bedarf neu zusammengestellt.

Die neue Verwaltung ist in Zukunft ein kreativer Dienstleister. Deshalb brauchen wir verantwortungsvolle und empathische junge Menschen, die die neuen Herausforderungen in immer wieder neu zusammengestellten Teams kreativ angehen. Zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung  des Strukturwandels in der Verwaltung ist eine Veränderung der Lehrinhalte an den Verwaltungsfachschulen. Schon die Ausbildung soll die neue Verwaltung thematisieren und junge Menschen auf die veränderten Anforderungen vorbereiten.

Digitale Verwaltung

Die neue Kommunalverwaltung ist durch und durch Dienstleister. In Zukunft sollen die einzelnen Dienstleistungen einer Verwaltung auch online abrufbar sein. Die großen Herausforderungen heißen papierloses Büro oder Datenmanagement-System und bestehen aus Portalen, über die möglichst alle Dienstleistungen auch digital angeboten werden können. Zum Strukturwandel der Kommunen gehört  neben der verwaltungsinternen Strategie auch ein Netzwerk, nennen wir es einmal „Best practice-Experiment“, um sich mit anderen Kommunen zusammen zu tun und auszutauschen.

Das Eltville.LAB

Indem wir neue Wege gehen und für junge Menschen ein interessanter Arbeitgeber werden oder bleiben, sichern wir nachhaltig die Verwaltungsstruktur als Rückgrat unserer Demokratie. Mit dem Eltville.LAB wird ein Lern-Labor geschaffen, das einen geschützten Raum für Studierende, Forschende und Kreative bietet und Theorie und Praxis miteinander verknüpft.

Bürgerbeteiligung auf neuen Wegen

Um die Bürgerschaft mit ihren Ideen und Wünschen in die Projekte der Verwaltung auch in der Krise einzubinden, bedienen wir uns einer digitalen Plattform zur Bürgerbeteiligung.

Analoge Angebote

Digitalisierung ist nicht alles. Die Menschen und ihre Bedarfe stehen immer im Mittelpunkt unseres Handelns. Ziel ist es, einen „sozialen Bürgerservice“ einzurichten, der für alle Anliegen da ist, die ein hilfsbedürftiger Mensch brauchen könnte. Dieses Ziel verfolgen wir gemeinsam mit dem Mehrgenerationenhaus. Hier könnten Neubürgerinnen und Neubürger persönlich angesprochen werden. Auf diese Weise erhielten wir von Anfang an einen Kontakt etwa zu Großfamilien, Geflüchteten oder Seniorinnen und Senioren mit ihren jeweils besonderen Bedürfnissen. Mit einem sozialen Bürgerbüro würden wir unsere Dienstleistungen den modernen Herausforderungen anpassen.

Soziale Verantwortung in Firmen und Wirtschaftsförderung

Die Wirtschaftsförderung  ist für die Betriebe, Geschäfte und Gastronomen, die schließen oder in einen eingeschränkten Betrieb gehen mussten, immer ansprechbar. Die Stelle hat die Förderprogramme des Bundes und der Länder für die Wirtschaft zusammengestellt und eine digitale Marktplatz-Plattform als echte Alternative zum Verkauf im Geschäft aufgebaut. Zudem hat die Stadt Eltville den Corporate Social Responsibility-Prozess, kurz CSR, als Teil ihrer Nachhaltigkeitsstrategie angestoßen. Denn die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen als Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung stärkt die Post-Corona-Stadt Eltville am Rhein.

Zusammenarbeit mit der Jugend

Die Eltviller Jugendinitiative YCFF – Your City for Future ist ein wichtiger Partner beim Einsatz für den Klimaschutz. Die Aktionsgruppe ist aus der Bewegung der Freitagsdemonstrationen der Schülerinnen und Schüler im Jahr 2019 hervorgegangen. In Eltville sind auf Initiative von YCFF schon einige Klimaschutzprojekte ganz konkret vor Ort in die Tat umgesetzt worden.Im öffentlichen Raum sind gewöhnliche Mülleimer durch Mülltrenner ersetzt worden. Um die Elterntaxis und das Verkehrschaos zu Schulbeginn und nach Schulschluss in den Griff zu bekommen, wurde der Eltviller Wiesweg mit Fahrtziel Schulzentrum gesperrt. Aktuell setzen sich die Jugendlichen für einen kostenfreien ÖPNV ein.

 Auch die Jugendpflege nutzt die Beteiligungsplattform, um Themen mit der Jugend zu diskutieren. Darüber hinaus erarbeitet das Team der Jugendpflege digitale Angebote, um auch unter Kontaktbeschränkungen weiterarbeiten zu können und den Kontakt zu den jungen Menschen nicht zu verlieren. Wir sind in der Corona-Zeit für viele Jugendliche wichtig geworden, um Ideen gegen die Einsamkeit zu entwickeln.  

 Außerdem haben wir die Veranstaltungsreihe „Klartext“ in ein digitales Format überführt. Anstatt gemeinsam im JUZ zu sitzen, gab es einen Video-Chat mit Jugendlichen. In der Reihe „Klartext“ steht die politische Stadtspitze für Fragen der Jugendlichen zu bestimmten Themen zur Verfügung.



 Das  Original-Positionspapier finden Sie hier!