Emissionsfreier Nahverkehr
Wasserstoff: Diese Stadt setzt im ÖPNV darauf
Hürth, eine Stadt mit etwa 60.000 Einwohnern, liegt mitten im alten Rheinischen Braunkohlerevier. Von gestern ist die Kommune aber keineswegs. Die Hürther Wasserstoff-Flotte bestand bis Anfang 2022 immerhin schon aus elf modernen Bussen, im Laufe des vergangenen Jahres sind weitere fünf eines anderen Herstellers dazugekommen. Derzeit laufen etwa 89 Prozent der Busse mit Wasserstoff, bis Ende 2023 sollen es 100 Prozent sein. Aktuell tanken die Fahrzeuge an einer Wasserstofftankstelle im Chemiepark Hürth-Knapsack. Ende des Jahres soll eine öffentliche Tankstelle den Betrieb aufnehmen. Dann können auch PKW und Nutzfahrzeuge dort tanken.
Wasserstoff: So funktioniert der Antrieb der Zukunft
Die Vorteile: In der Brennstoffzelle reagiert gasförmiger Wasserstoff in einem chemischen Prozess mit Sauerstoff - und erzeugt dabei Strom für den Antrieb der Motoren. Schädliche Emissionen: keine. Lediglich ein wenig Wasserdampf setzt sich beim Fahren ab. Die Brennstoffzelle schafft bis zu 700 km - eine deutlich höhere Reichweite als die meisten aktuellen Elektrofahrzeuge. Mithalten kann da derzeit nur der Champion der E-Klasse mit seinem Riesenakku: der Mercedes-Benz EQS, der unter besten Bedingungen auf 780 km kommt. Dagegen ist die Brennstoffzelle mit ihrem 60 Prozent hohen elektrischen Wirkungsgrad ausgesprochen effizient. Zudem heben die Betreiber in Hürth hervor, dass die Busse über einen technisch sehr hochwertigen Abbiegeassistenten verfügen, der Unfälle verhindern hilft. Aber auch die Fahrgäste profitieren: In den ultramodernen Bussen finden sich an zahlreichen Plätzen USB-Ladebuchsen für Handy und Tablet.
Wasserstoffbusse: emissionsfreie Fahrt
Bürgermeister Dirk Breuer ist jedenfalls von der neuen Antriebstechnik begeistert: "Es macht mich als Hürther Bürgermeister froh und stolz zugleich, wenn ich in meiner Stadt unterwegs bin und überall unsere emissionsfreien Wasserstoffbusse antreffe. Da sind und bleiben wir Vorreiter. Ich bin sehr gespannt, wie sich das neue Modell bewähren wird." Ähnlich stolz zeigt sich Stefan Welsch, Vorstand der Hürther Stadtwerke. Er sagt: "Die Stadtwerke haben bei Fortschrittsthemen die Nase vorn. Einen kompletten Technikwandel innerhalb von weniger als zehn Jahren zu realisieren, konnte man sich beim Start des Wasserstoff-Projekts kaum vorstellen." Die Umwelt darf sich freuen: nach der kompletten Umstellung spart die Kommune etwa 900 Tonnen CO2 pro Jahr ein.
Einziger Wermutstropfen: Ganz billig ist die Umstellung nicht
Natürlich liegen die Anschaffungskosten verglichen mit einem herkömmlichen Dieselbus deutlich höher. "Allerdings kann man die Fahrzeuge auch länger fahren, weil es weniger Verschleißteile am Motor gibt. Einzig die Brennstoffzelle könnte eine längerfristige Nutzung verhindern. Im Vordergrund stehen in Hürth aber ohnehin die Umweltaspekte", heißt es bei der Stadt. Ganz allein bewältigen musste die Kommune die Umstellung nicht. Die Busse wurden im Rahmen des EU-Projekts JIVE 2 angeschafft und u.a. durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie mit Hilfe des Verkehrsministeriums des Landes NRW gefördert. Die Wartungskosten beziffert die Stadt mit etwa 50.000 Euro pro Jahr und Bus. Pressereferent Willi Pütz relativiert: "Die Zahl bezieht sich aber nur auf die Stadtwerke Hürth und ist nicht übertragbar auf andere. Anderswo liegen vielleicht andere Konditionen zugrunde." Tatsächlich sollte sich von dieser Zahl keine Kommune von der Umstellung abschrecken lassen. Bei den Wuppertaler Stadtwerken hieß es bereits im Juni 2021: „Im Betrieb kosten die Wasserstoffbusse schon jetzt nicht mehr als Dieselbusse und haben auch bei Tiefsttemperaturen im vergangenen Winter ihre Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt.“