Lebensmittelläden bleiben geöffnet
Ab Mittwoch dürfen nur noch Läden für den wichtigen Bedarf offen bleiben.
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Reaktionen auf Corona-Beschlüsse

Blitz-Lockdown: Überwachung verstärken

Der harte Blitz-Lockdown kurz vor Weihnachten legt erneut das öffentliche Leben lahm. Verbraucher stürmen die Geschäfte, um bis zum 16. Dezember noch schnell die letzten Einkäufe zu machen. Offen bleiben nur Lebensmittelgeschäfte, Drogerien und Apotheken, Optiker und Sanitätshäuser. Die Restaurants bleiben zu, die Gans to go wird es weiterhin geben. KOMMUNAL fasst die Reaktionen auf die Entscheidung von Bund und Ländern zusammen. Sie gilt vorerst bis 10. Januar.

Die Reaktionen auf den überraschenden kompletten Lockdown noch vor Weihnachten fallen überwiegend verständnisvoll aus. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, nennt die Entscheidung "schmerzvoll", aber auch "gut und richtig." Er verweist dabei auf die stetig ansteigenden Belastung auf den Intensivstationen, die weiter deutlich zu hohen Infektionszahlen und der hohen Zahl der Todesfälle. Bereits jetzt stünden einzelne Krankenhäuser vor einem Aufnahmestopp.

Städte- und Gemeindebund:  Blitz-Lockdown ist richtig

Der Lockdown light habe leider nicht die erhofften Ergebnisse gebracht, bedauert Landsberg. Er habe lediglich das exponentielle Wachstum abbremsen können, die Infektionszahlen aber nicht eingedämmt. Zwar waren Restaurants und Cafes sowie Fitnessstudios und Kosmetiksalons geschlossen, die Geschäfte und Friseurläden blieben aber offen. Durch ein weitgehend einheitliches Vorgehen der Ländern im Blitz-Lockdown könne ein „Corona-Tourismus“ zwischen den Ländern verhindert werden, betonte Landsberg. "Es ist richtig, wenn auch für die Familien eine Belastung, dass Weihnachten sich nur Kernfamilien treffen können."

Lückenlose Überwachung nicht möglich

Wer soll die Regeln kontrollieren? "Die Kommunen werden vor Ort nun alles tun, damit die beschlossenen Maßnahmen auch eingehalten werden. Eine lückenlose Überwachung ist aber insbesondere im privaten Bereich nicht möglich", stellte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes in Aussicht. "Daher muss klar sein, dass es auch auf jeden Einzelnen ankommt, durch eine Befolgung der Regeln und umsichtiges Verhalten zu einer Reduzierung der Zahlen beizutragen."

Er forderte  für die Gewerbetreibenden finanzielle Hilfe. "Wenn es im Jahr 2021 und darauf noch lebendige Innenstädte geben soll, muss es hier – ebenso wie für die Gastronomie – eine Kompensation geben. Wir brauchen nach der Pandemie ein langfristiges Programm zur Rettung der Innenstädte", so Landsberg.

Landkreistag: Bei Verstößen gegen Corona-Regeln härter durchgreifen

"Der harte Lockdown ist die einzig wirksame Medizin in dieser besorgniserregenden Situation“, kommentierte Landrat Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, die jüngsten Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern.Eine Lehre für die Zukunft müsse sicherlich sein, noch konsequenter vorzugehen. „Andere Länder haben das bereits erfolgreich vorgemacht. Mit dem Virus lässt sich nicht verhandeln, es hilft nur klare Kante", unterstrich er. "Dazu gehört auch das konsequente Ahnden von Verstößen gegen die Abstands- und Verhaltensregeln." Seine klare Forderung: "Hier muss der Staat – selbstverständlich bei Wahrung der Unverletzlichkeit der Wohnung – noch härter durchgreifen.“

Sager sprach sich für eine Doppelstrategie der Pandemieeindämmung vor Ort aus: „Wir müssen die Kontaktnachverfolgung aufrechterhalten. Dieses Ziel dürfen wir nicht aufgeben. Parallel sollten wir mehr Maßnahmen ergreifen, um insbesondere die älteren und gefährdeten Gruppen zu schützen. Vor allem sprach er sich für eine Strategie bis weit hinein ins nächste Jahr aus.

Die Politik habe einen schwierigen Spagat zwischen Gesundheitsschutz und wirtschaftlichen Existenzen zu vollführen. „Für die Schulen und die Landkreise als Schulträger wird es natürlich eine große Herausforderung, auf Distanzlernen umzustellen."

Deutscher Städtetag: Kommunen dringend stabilisieren

Auch der Deutsche Städtetag begrüßt die Beschlüsse von Bund und Ländern. "Der harte Lockdown ist schmerzhaft, aber die Städte unterstützen ihn", sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung dieser Redaktion. „Unser Land muss die Pandemie wieder in den Griff bekommen, bevor es zu spät ist und das Infektionsgeschehen völlig aus dem Ruder läuft", mahnte der Leipziger Oberbürgermeister. Jung appellierte dringend an die Bevölkerung, sich an die neuen Regeln zu halten.

Im Interview mit der Passauer Neue Presse sagte er: "2021 wird es sehr schwer. Den Kommunen droht ein riesiges Defizit von gut 10 Milliarden Euro. Und durch den Teil-Lockdown kann dieses Loch sogar noch tiefer werden. Wir fordern deshalb von Bund und Ländern, auch 2021 und 2022 Mittel für die Stabilisierung der Kommunen bereitzustellen"

Sie sollten den Weg aus diesem Jahr fortsetzen und unsere Gewerbesteuerausfälle weiterhin ausgleichen. "Sonst müssen wir bei den Investitionen drastisch kürzen. Wenn Bund und Länder den schnellen Aufschwung nach Corona nicht gefährden wollen, müssen sie den Kommunen rasch Hilfe für 2021 und 2022 zusagen", so Jung.

Handelsverband: Pleitewelle in Innenstädten verhindern

Den stationären Handel treffen die Beschlüsse mitten im Weihnachtsgeschäft nach einem schwierigen Jahr hart. „Der Einzelhandel hat in den letzten Monaten mit seinen Hygienekonzepten einen großen Beitrag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie geleistet. Wenn jetzt Geschäftsschließungen als notwendig angesehen werden, darf die Bundesregierung die Branche nicht im Regen stehen lassen“, warnte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth. Die bisher vorgesehenen Gelder reichten bei weitem nicht aus, um eine Pleitewelle in den Innenstädten zu verhindern.

Der betroffene "Nonfood-Handel" wird nach HDE-Einschätzung bei einem bundesweiten Lockdown ab Mittwoch in einem Bereich von Minus 60 Prozent für den Monat Dezember landen. Im Vorjahresvergleich würden so zwölf Milliarden Euro Umsatz für die Händler verloren gehen.

Lockdown trifft 200.000 Handelsunternehmen

Der Lockdown trifft knapp 200.000 Handelsunternehmen, 99 Prozent dieser Unternehmen sind kleine und mittelständische Unternehmen. Der Innenstadteinzelhandel steht für bis zu 600.000 Beschäftigte, von denen durch den Lockdown bis zu 250.000 Jobs verloren gehen könnten.

„Dass viele Händler jetzt mitten im Weihnachtsgeschäft, der umsatzstärksten Zeit des Jahres, zusperren müssen, trifft die Branche und die Innenstädte hart. Das werden viele Unternehmen ohne entsprechende Staatshilfen nicht überstehen“, betonte  Genth. Der HDE fordert deshalb für den Dezember eine Gleichbehandlung mit der Gastronomie und die Aufnahme der Branche in die Dezemberhilfen. Ab Januar müsse dann eine neue Form der Finanzhilfe gefunden werden. Die Überbrückungshilfen alleine reichten nicht aus, um die betroffenen Handelsunternehmen zu retten.

In Dorsten (Nordrhein-Westfalen)  hat sich  Bürgermeister Tobias Stockhoff in einem Video an die Bürger gewandt und um Verständnis gebeten.   Er appellierte dafür, die strengen Regeln einzuhalten, auch wenn es vielen schwer falle.

Städte wollen längere Ladenöffnungszeiten

Manche Städte versuchen, die Besucherströme bis Mittwoch entzerren, indem sie die Öffnungszeiten verlängern. Viele Einzelhändler in Oldenburg wollen ihre Läden bis 20 Uhr öffnen, meldet der NDR. Auch in Emden, Leer, Aurich und Norden sollen die Geschäfte bis 21 Uhr geöffnet bleiben. Uelzens Bürgermeister Jürgen Markwardt appelliert  sogar an die Händler, länger zu öffnen. Auch Gewerbetreibende in Münster wollen ihre Öffnungszeiten verlängern. Allerdings werden diese Vorschläge auf den Social-Media-Kanälen hitzig diskutiert. Viele fürchten, dass die nächsten Tage zum Super-Spreader-Event werden. Das Virus könnte sich im Einkaufstaumel der Deutschen massiv verbreiten.

Marc Lahmann, Bürgermeister von Barsinghausen, einer Stadt in Niedersachsen, und der örtliche Wirtschaftsförderer rufen die Bürger dazu auf, die hiesigen Gewerbetreibenden zu unterstützen - indem sie die Liefer- und Abholdienste der Unternehmen in Anspruch nehmen.

Altmeier kündigt Überbrückungshilfen an

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat inzwischen angekündigt, dass die Höchstgrenze der Überbrückungshilfen werde von 200.000 Euro auf 500.000 Euro pro Unternehmen und Monat erhöht werde. Finanzminister Olaf Scholz zufolge muss der Bundeshalthalt rund elf Milliarden Euro zusätzlich monatlich aufbringen. Bis zu 90 Prozent der Fixkosten von geschlossenen Geschäften würden übernommen, höchstens jedoch 500.000 Euro pro Monat. Auch soll es steuerliche Erleichterungen und Abschreibungsmöglichkeiten für Waren geben, die jetzt nicht verkauft werden.