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Die vierte Welle der Corona-Pandemie wird durch die neue Omnikron-Variante zur Herausforderung.
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Corona-Pandemie

Corona-Regeln sollen erneut verschärft werden

Bund und Länder wollen die Corona-Regeln nun doch erneut verschärfen. Es könnte in den nächsten Monaten zu einem Lockdown kommen. Der Expertenrat der Bundesregierung empfiehlt Kontaktbeschränkungen auch für Geimpfte. Er fordert die Kommunen, den Bund und die Länder auf, wegen der Omnikron-Variante schon jetzt Vorkehrungen für die ersten Monate des nächsten Jahres zu treffen. Dabei sollten mögliche Partner wie Bundeswehr, THW oder Hilfsorganisationen eingebunden werden. Der Städte- und Gemeindebund fordert, die epidemische Lage wieder festzustellen, um rechtlich im schlimmsten Fall den flächendeckenden Lockdown zu ermöglichen. Die Beschlussvorlage und die Stellungnahme des Expertenrats als PDF!
Aktualisiert am 21. Dezember 2021

Die Ministerpräsidenten und Bundeskanzler Olaf Scholz wollen an diesem Dienstag ab 11 Uhr bei einem Corona-Gipfel über eine Verschärfung der Corona-Regeln  beraten. Geplant ist nach Informationen von KOMMUNAL, dass die Bund-Länder-Runde weitere Kontaktbeschränkungen beschließt. Sie sollen dann auch Geimpfte betreffen. Derzeit gelten lediglich strenge Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte. Private Zusammenkünfte im öffentlichen und privaten Raum, an denen nicht geimpfte und nicht genesene Personen teilnehmen, sind derzeit auf den eigenen Haushalt und höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts zu beschränken. Kinder bis 14 Jahre sind davon ausgenommen.

Corona-Regeln: Kontaktbeschränkungen verschärfen

Die Beschlussvorlage für die Bund-Länder-Videokonferenz sieht für die Zeit nach Weihnachten, also auch für Silvester, folgende wesentliche Einschränkungen vor:

  • Spätestens ab dem 28. Dezember sind dann private Zusammenkünfte von Geimpften und Genesenen nur noch mit höchstens zehn Personen erlaubt, bis 14-Jährige ausgenommen.
  • Sobald nur eine ungeimpfte Person dabei ist, dürfen sich nur noch Angehörige des eigenen Haushalts und höchstens zwei Personen eines weiteren Haushalts treffen.
  • Spätestens ab 28. Dezember werden Clubs und Diskotheken bundesweit geschlossen. Großveranstaltungen sollen ab demm ohne Zuschauer durchgeführt werden.
  • Es bleibt beim Versammlungsverbot an Silvester und Neujahr, Feuerwerk ist auf publikumsträchtigen Plätzen verboten, die von den Kommunen festgelegt werden.

Lockdown als Option ermöglichen

Ein Lockdown ist in den nächsten Monaten nicht mehr  auszuschießen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund befürchtet durch die Omnikron-Welle einen dramatischen Anstieg der Infektionen und damit möglicherweise eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit wichtiger Bereiche des Staates. "Es kann sein, dass als letzter Ausweg nur ein flächendeckender Lockdown als Reaktionsmöglichkeit bleibt", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. "Ich glaube zur Zeit nicht, dass ein Lockdown bevorsteht", sagte er zu KOMMUNAL. "Aber die Politik sollte diese Option nicht gänzlich ausschließen und sich vorbereiten." Landsberg fordert daher, dass der Bundestag in einer Sondersitzung noch vor dem Jahreswechsel die am 25. November ausgelaufene epidemische Lage erneut feststellt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich in Interviews zumindest gegen einen Lockdown vor Weihnachten ausgesprochen. Die Sorge wegen der Omnikron-Variante ist allerdings groß. "Boosterimpfungen alleine bewirken keine ausreichende Eindämmung der Omikronwelle bewirken, daher sind zusätzliche Kontaktbeschränkungen notwendig", fordert der von der Bundesregierung eingesetzte Expertenrat in einer einstimmig beschlossenen Stellungnahme, die KOMMUNAL vorliegt.

Das Gremium warnt vor der übersteigerten Übertragbarkeit und dem Unterlaufen des Immunschutzes und betont: "Handlungsbedarf bereits für die kommenden Tage. Wirksame bundesweit abgestimmte Gegenmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens sind vorzubereiten, insbesondere gut geplante und gut kommunizierte Kontaktbeschränkungen."

Corona-Regeln kontrollieren

Die aktuell geltenden Maßnahmen müssten darüber hinaus noch stringenter fortgeführt werden. Parallel sollte die Impfkampagne erheblich intensiviert werden. Die Boosterimpfungen, wie auch die Erst- und Zweitimpfungen, müssten auch über die kommenden Feiertage mit allen verfügbaren Mitteln fortgesetzt und weiter beschleunigt werden. Insbesondere für Ältere und andere Personen mit bekanntem Risiko für einen schweren COVID-19 Verlauf sei höchste Dringlichkeit geboten.  Boosterimpfungen alleine wirkten jedoch keine ausreichende Eindämmung der Omikronwelle,  zusätzlich Kontaktbeschränkungen seien notwendig, so die Experten.

Omnikron verbreitet sich schnell

In der Stellungnahme des Expertenrates heißt es weiter: "Die neue Variante vereint mehrere ungünstige Eigenschaften. Sie infiziert in kürzester Zeit deutlich mehr Menschen und bezieht auch Genesene und Geimpfte stärker in das Infektionsgeschehen ein. Dies kann zu einer explosionsartigen Verbreitung führen: In Dänemark, Norwegen, den Niederlanden und Großbritannien wird bereits eine nie dagewesenen Verbreitungsgeschwindigkeit mit Omikron-Verdopplungszeiten von etwa 2-3 Tagen beobachtet." Die Experten verweisen darauf, dass mehrere der betroffenen Nachbarstaaten  angesichts dieser Dynamik umgehend teils tiefgreifende Gegenmaßnahmen zur Eindämmung eines potentiell unkontrollierbaren Infektionsgeschehens ergriffen haben.

Mehr Tests, FFP-2-Masken-Pflicht

"Neben den notwendigen politischen Entscheidungen muss die Bevölkerung intensiv zur aktiven Infektionskontrolle aufgefordert werden", rät das von der neuen Bundesregierung eingesetzte Gremium. "Dazu gehörten die Vermeidung größerer Zusammenkünfte, das konsequente, bevorzugte Tragen von FFP2-Masken, insbesondere in Innenbereichen, sowie der verstärkte Einsatz von Schnelltests bei Zusammenkünften vor und während der Festtage. Besonders vulnerable Gruppen bedürften verstärkter Schutzmaßnahmen durch hochfrequente Testung und FFP2- Masken." Bei allen Entscheidungen müssten die Interessen besonders belasteter und vulnerabler Gruppen, wie etwa die Kinder, Jugendliche oder Pflegebedürftige höchste Priorität erhalten, rät das Expertengremium.

Kommunen müssen Vorkehrungen treffen

Auf die Kommunen kommt eine hohe Verantwortung zu: Es müssten in den kommenden Tagen Vorkehrungen für die ersten Monate des Jahres 2022 getroffen werden, und zwar auf politischer und organisatorischer Ebene des Bundes, der Länder, der Städte und Gemeinden, fordert der Expertenrat. Dabei sollten mögliche Partner wie Bundeswehr, THW oder Hilfsorganisationen frühzeitig eingebunden werden. Aktivierungswege und Steuerungsmechanismen müssen kurzfristig verfügbar sein sowie ausreichende Testkapazitäten und Versorgungsketten sichergestellt werden. Die Krankenhäuser müssen eine hinreichende Vorratshaltung von Material und Medikamenten herstellen.

An Feiertagen handlungsfähig bleiben

"Eine schnelle politische Handlungsfähigkeit muss zu jedem Zeitpunkt auch während der Feiertage gewährleistet sein." Denn schnell steigende Inzidenzen bergen hohe Risiken für die kritischen Infrastruktur (KRITIS) in Deutschland. Hierzu gehören unter anderem Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Telekommunikation, Strom- und Wasserversorgung und die entsprechende Logistik."

Aufgrund des gleichzeitigen, extremen Patientenaufkommens sei eine erhebliche Überlastung der Krankenhäuser zu erwarten - selbst für den wenig wahrscheinlichen Fall einer deutlich abgeschwächten Krankheitsschwere im Vergleich zur Delta-Variante. Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund sagt dazu:" Wenn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kommunen, etwa in den Gesundheitsämtern, der Feuerwehr, den Verwaltungen, aber auch bei der Polizei und in Krankenhäusern ausfallen, sind unsere Reaktionsmöglichkeiten beschränkt." Daher müsse vorsichtshalber die Rechtsgrundlage für einen Lockdown geschaffen werden. Das gehe nur durch eine erneute Feststellung der epidemischen Lage.

Krankenhäuser könnten überlastet werden

Sogar,wenn sich alle Krankenhäuser ausschließlich auf die Versorgung von Notfällen und dringlichen Eingriffen konzentrieren, werde eine qualitativ angemessene Versorgung aller Erkrankten nicht mehr möglich sein, sagt der Expertenrat der Bundesregierung voraus. Eine strategische Patientenverlegung könne wegen der zu erwartenden flächendeckend hohen Belastung nicht mehr nennenswert zu einer regionalen Entlastung beitragen. In der vierten und bislang stärksten Infektionswelle nach fast zwei Jahren Corona-Pandemie arbeite das deutsche Gesundheitssystem aktuell unter sehr hoher Last, konstatiert das Gremium.

Neben einer konstant hohen Zahl von COVID-19 Patienten mit starker Belastung, vor allem der Intensivbereiche, sei die Versorgung der nicht-COVID Erkrankten bereits in Teilen eingeschränkt. "Schwerwiegende Verluste im Personalbereich der Krankenhäuser sind eingetreten und werden weiter zunehmen", so die Experten. Sie warnen und geben zu bedenken: "Die aktuell sinkenden Inzidenzen werden von weiten Teilen der Gesellschaft und Politik als Zeichen der Entspannung wahrgenommen. Die zu erwartende Meldeverzögerung über die kommenden Feiertage wird diesen Eindruck weiter verstärken. Aus den in der Folge aufgeführten Gründen ist dieser Eindruck nicht gerechtfertigt."

Omnikron-Inzidenz verdoppelt sich rasch

Die in Deutschland angenommene Verdopplungszeit der Omikron-Inzidenz liege aktuell im Bereich von etwa 2 bis 4 Tagen. Sollte sich die Ausbreitung der Omikron-Variante in Deutschland so fortsetzen, wäre ein relevanter Teil der Bevölkerung zeitgleich erkrankt und/oder in Quarantäne. Dadurch wäre das Gesundheitssystem und die gesamte kritische Infrastruktur des Landes extrem belastet.  Laut der mathematischen Modelle könne eine Überlastung des Gesundheitssystems und die Einschränkung der kritischen Infrastruktur nur zusammen mit starken Kontaktreduktionen eingedämmt werden. 

Die Beschlussvorlage für das Bund-Länder-Treffen

Die Stellungnahme des Expertenrates der Bundesregierung: