Kampf gegen Tretminen
Genetischer Pfotenabdruck: Wie Kommunen gegen Hundekot vorgehen
Wie der Hundekot-Plage Herr(chen) werden? Bei der Suche nach Antworten rümpfen Experten fast überall in der westlichen Welt die Nase. Spätestens in der Corona-Krise, als Ausgangssperren herrschten, Gassi-Gehen aber erlaubt war, ist die Zahl der Hundebesitzer weiter angestiegen. Zentrale Daten gibt es nicht, doch dürfte die Zahl der Hunde in Deutschland auf rund 11 Millionen angestiegen sein. In der Pandemie meldete der Verband der Hundehalter, dass Hundewelpen, Katzen und Kleintiere gefragt seien wie nie. "Unser Züchter können die Vielzahl der Anfragen nicht mehr bewältigen", sagte ihr Sprecher Udo Kopernik im Herbst.
Kampf dem Hundekot: Das ist Deutschlands schärfte Hundehalterverordnung
Erste Gemeinden haben bereits mit saftigen Bußgeldkatalogen reagiert. Wer seinen Hundekot nicht wegmacht, muss in der 4000 Einwohner-Gemeinde Büchlberg in Niederbayern künftig bis zu 2500 Euro Bußgeld zahlen. In der Hundehalter-Verordnung heißt es, dass Frauchen oder Herrchen, die die Haufen der Lieblinge nicht einpacken und mitnehmen entsprechend zur Kasse gebeten werden. Nun hat das kleine Büchlberg jedoch 36 Ortsteile und entsprechend schwierig dürfte es auch hier werden, die Herrchen oder Frauchen im Fall des Falles zu ermitteln.
Eine Antwort auf diese Herausforderung liefert seit wenigen Wochen Tel Aviv. Im Kampf gegen Hundehaufen setzt die israelische Küstenmetropole auf DNA-Proben aller Hunde. Das genetische Material muss bei der Anmeldung neuer Haustiere oder der Erneuerung eines Hundeausweises abgegeben werden. Diesen Ausweis müssen Hundehalter in Tel Aviv jedes Jahr erneuern. Die Stadtverwaltung speichert die Hinterlassenschaften digital in einer Datenbank.
Seit Anfang Juli nun sammeln Kontrolleure der Stadt Proben von nicht eingesammeltem Hundekot auf und gleichen sie mit dem DNA-Speicher ab. Der Besitzer muss dann ein Bußgeld zahlen (umgerechnet knapp 200 Euro) und die Kosten der genetischen Probe stellt die Verwaltung auch den Hundebesitzern in Rechnung.
Ganz neu ist die Idee nicht - in einem Stadtteil in London gibt es DNA-Tests für Hundekot schon seit 5 Jahren. Auch in Malaga in Spanien hat sich der genetische Pfotenabdruck schon vor über 10 Jahren durchgesetzt. Und auch in Deutschland versucht eine Gemeinde, DNA-Tests durchzusetzen, scheitert aber bisher an Verwaltungsvorgaben.
Innenministerium lehnt Antrag auf DNA-Tests für Hundekot ab
Der Gemeinde Selters in Rheinland-Pfalz stinkt das Thema ebenfalls seit Jahren. Der Schlamassel für die Schuhsolen bewegt auch den Bürgermeister der knapp 3000 Einwohner Gemeinde im Westerwald seit vielen Jahren. Stadtbürgermeister Rolf Jung stellte daher beim zuständigen Innenministerium des Landes Rheinland-Pfalz einen Antrag. Der ehemalige Polizist wollte erreichen, dass mit Hilfe eines Speichelabstrichs der Hunde ebenfalls eine Datenbank angelegt werden darf. Das ist bisher rechtlich umstritten, weshalb Jung einen Fachanwalt beauftragte, die Voraussetzungen zu prüfen. Ergebnis: Das Land müsste die Aktion grundsätzlich genehmigen, danach stünde dem Vorhaben nichts mehr im Wege. "Wir brauchen endlich die rechtlichen Voraussetzungen, hier muss das Land aktiv werden", so Jung gegenüber KOMMUNAL.
Seit kurzem hält der Bürgermeister die Antwort des Landes in Händen und auch KOMMUNAL hat eine Kopie des Schreibens bekommen. Ob der Antwort können wir nur die Nase rümpfen - das sei nicht notwendig, so die lapidare Antwort des Innenministeriums in Rheinland-Pfalz. Kurzum: Man sieht das Problem der Stoffwechsel-Hinterlassenschaften gar nicht.
"CSI-Hundescheisse": technisch in Deutschland kein großes Problem
DNA-Tests sind im Ausland für Hundekot auch anderswo schon lange Teil der Strategie, etwa in einem Stadtteil in London oder auch in einigen Städten in den USA. Und so wollte auch das fränkische Oberasbach bereits vor 2 Jahren solche Tests einführen, der dortige Antrag der CSU scheiterte aber an einer Mehrheit im Stadtrat. Ihr Fraktionssprecher Jürgen Schwarz-Boeck, selbst Hundebesitzer, hatte damals recherchiert, was zu tun ist, um den DNA-Hundekot-Test einzuführen. Er sagt, es gibt bereits Firmen, die dafür einen Komplettservice anbieten. Sie verschicken Teststäbchen, bauen eine DNA-Datenbank auf und untersuchen die eingeschickten Proben der Hinterlassenschaften der Hunde, die dann zugeordnet werden. Auf 70 bis 80 Euro pro Test beziffert die CSU die Kosten. Die Stadtverwaltung sah jedoch auch in Bayern - ähnlich wie es nun das Innenministerium in Rheinland-Pfalz bestätigte - keine Rechtsgrundlage für die Einforderung von DNA-Proben. Auch die Zuständigkeit für das Einschicken von Teststäbchen sei nicht geklärt. Kurzum: Die Idee scheiterte an der Bürokratie.
Einen Versuch hatte vor drei Jahren auch die Gemeinde Rödelsee in Bayern gestartet. Der Gemeinderat hatte mit Wirkung zum 1. Januar 2019 eine Art Bonussystem für vorbildliche Hundehalter gestartet. Wer den Hundekot seines Vierbeiners freiwillig in einer Datenbank erfassen lässt, demjenigen wird die Hälfte der Hundesteuer erlassen. „Die Gemeinde bezuschusst diese Maßnahme entsprechend“, sagte Burkhard Klein, Bürgermeister in Rödelsee, damals. Doch daraus wurde nichts, der Datenschutz machte dem Beschluss einen Strich durch die Rechnung. "Kommt nicht in die Tüte" hieß es für die Pläne vom Datenschutzbeauftragten des Landes Bayern.
Die anlasslose Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten sei eine Datenverarbeitung, die nur rechtmäßig sei, wenn die Gemeinde ihr Handeln auf eine Rechtsgrundlage stützen könne, heißt es in dem Schreiben des Datenschützers an die Gemeinde. Eine Regelung, die die Einrichtung einer Hunde-DNA-Datenbank erlaube, sei aber nicht ersichtlich. Eine Hundesteuersatzung könne hier keine ausreichende gesetzliche Befugnis schaffen.Und weiter: „Dem steht mit dem Anliegen, Verschmutzungen des öffentlichen Raumes zu verhindern, ein Ziel von nur marginaler Bedeutung gegenüber“.
Die Zahl der Hundehaufen stinkt zum Himmel - so groß ist das Problem wirklich
Die Aussage, das Problem sei marginal, stinkt vielen gewaltig. In Deutschland gibt es inzwischen sogar eine offizielle Initiative gegen Hundehaufen. Dort hat man extra eine Formel entwickelt, wie haufenweise sich die Probleme stapeln. Die Berechnungsformel: Durchschnittsgewicht je Hund von 10kg x3 geteilt durch 50 entspricht 0,06 Kilogramm je Kacker. Bei 11 Millionen Hunden sind das umgerechnet pro Jahr 8,7 Milliarden Hundehäufchen. Allein die Initiative und die Zahl zeigt, wie emotional das Thema in fast allen Kommunen in Deutschland diskutiert wird. Und somit lässt sich auch die Zahl der Initiativen gegen die Hinterlassenschaften kaum noch zählen.
Münsing in Bayern hat sich etwa schon vor Jahren eine originelle und bayerische Variante zur Lösung des Problems überlegt. Die dortige Tourismus-Interessengemeinschaft hat originelle Ermahnungen für Hundehalter produziert. "Wenn der Mensch den Dreck seines Hundes nicht wegräumt, dann ist nicht der Hund die Sau", würde eines der Schilder übersetzt heißen. Der Text kommt aber in derben bayrisch daher.
Neuauflage der "Hundekot-Beflaggungs-Idee"
In diesen Tagen gibt es einen neuen Versuch einer Kommune, das haufenweise auftretende Problem in den Griff zu bekommen. Vorbild ist Goslar, dort allerdings war ein ähnlicher Versuch vor 3 Jahren gescheitert, wie KOMMUNAL damals berichtete.
Die Idee: Wer Hundekot in der Stadt entdeckte, sollte ein Fähnchen drauf setzen. Garniert mit netten Sprüchen wie "Igitt" oder "Der Haufen muss weg" sollten vor allem die Touristen in der Stadt auf charmante Art und Weise auf das Thema aufmerksam gemacht werden. Die rund 50.000 Einwohner selbst besitzen offiziell gut 3000 Hunde. Dennoch musste die Stadt innerhalb eines Jahres mehr als eine Tonne Hundekot entsorgen lassen. Zu viel, fand die Stadt und entwickelte die Idee mit den Fähnchen. Die Fähnchen gab es kostenlos im Service-Center der Stadt. Nach einem Jahr zog die Stadt aber eine ernüchternde Bilanz. Anfangs habe die Aktion zwar viel Aufmerksamkeit erregt und durchaus kurzfristige Erfolge gebracht. Inzwischen sei das Hundekot-Problem aber wieder genauso groß wie früher, so eine Sprecherin von Oberbürgermeister Oliver Junk. Eine Neuauflage sei nicht geplant.
Die Neuauflage gibt es nun doch - aber Hunderte Kilometer entfernt in Kaiserslautern in Rheinland-Pfalz. Statistisch gesehen entstehen in Kaiserslautern etwa 520 Kilogramm Hundekot pro Tag. Die Stadt sagt: Nicht alle Tierhalter würden die Ausscheidungen ihrer Hunde richtig entsorgen. Und das, obwohl Bußgelder von bis zu 250 Euro drohen. Bürgermeisterin Beate Kimmel startete daher nun die Aktion "Hundekotbeflaggung". Alle Hundekothaufen, die die Mitarbeiter der Stadt finden, sollen mit schwarz-gelben Fähnchen gekennzeichnet werden.
Noch mehr Ideen im Kampf gegen Hundekot
Auch im Ausland gibt es zahlreiche Ideen, dem Problem Herr(chen) zu werden. In Wavre, einer kleinen Stadt in der Wallonie übersäten Bürger einen Marktplatz in einer Aktion mit Fake-Exkrementen. So wollten sie auf das Thema aufmerksam machen und bekamen viel Öffentlichkeit. In Frankreich hat ein Straßenkünstler Hundehaufen mit Goldfarbe angemalt und diese vor die Haustür von Hundebesitzern gelegt. Auch die Aktion fand international Presse und Aufmerksamkeit.
Auch moderne Technik kommt im Kampf gegen Hundekot seit Jahren zum Einsatz. So gibt es in Nürnberg einen Hundekot-Sauger, eine Art Staubsauger, der die Hinterlassenschaften einsaugt. Der Motorroller fährt in der Innenstadt über die Gehwege. In Görlitz setzt man aufs Smartphone - per GPS werden Hundebesitzer zur nächsten Dog-Station geleitet - also eine Stelle, an der Hundekotbeutel ausliegen. Zahlreiche andere Städte setzen auf Apps, in der Verunreinigungen, Hundekot und anderes gemeldet und dokumentiert werden können.