Schwimmbad
Freibad: Es fehlt so viel Personal wie noch nie
Die Freibadsaison startet in Bonn ab 18. Mai mit Einschränkungen. Im Freibad Friesdorf - kurz Friesi - gelten reduzierte Öffnungszeiten. Dort öffnet das Bad immer erst um 11 Uhr. Grund dafür sei der Fachkräftemangel, erklärt Sport- und Bäderamtsleiter Stefan Günther. Das Emmendinger „Freibad über der Elz“ (Baden-Württemberg) bleibt auch in diesem Jahr bis zum Ende der Badesaison wegen Fachkräftemangel montags geschlossen. Nur zwei Beispiele, die für die Personalprobleme der Bäderbetreiber - oft sind es die Kommunen - bundesweit stehen. Viele Bäder starten in die Freibadsaison 2024 mit eingeschränkten Öffnungszeiten. Das Freibad hat dann zum Beispiel nur sechs statt acht Stunden geöffnet. Der Präsident des Bundesverbandes Deutscher Schwimmmeister e.V, Peter Harzheim, sagte zu KOMMUNAL: "Die Lage ist so gravierend wie nie. Wir gehen von weitaus mehr als 2.500 Fachkräften aus, die uns fehlen. Es wird auch immer schwieriger, studentische Aushilfen für Rettungsschwimmer zu bekommen." Seine Prognose: "Es wird ein böses Jahr 2024 geben."
Freibad und Hallenbad - Personalmangel bedroht Einrichtungen
Die Freibäder und Hallenbäder in Deutschland seien durch den Personalmangel in ihrer Existenz bedroht, betont der Schwimmmeister-Präsident. Seit Jahren komme es immer wieder zu Schließungen. "Was mir große Sorgen bereitet: Durch das fehlende Personal ist das Kulturgut Schwimmen in Gefahr. Viele Kinder können heutzutage nicht mehr schwimmen", sagt Peter Harzheim.
Wieso haben die Bäder zu wenig Personal?
"Die Situation hat sich durch Corona noch verschlechtert. Kommunen, Badbetreiber, ehrenamtliche Organisationen wie die Wasserwacht und Schulen versuchen zwar, dagegen zu steuern. Sie bieten verstärkt Schwimmkurse an", so Harzheim. "Doch der Nachholbedarf ist riesig. Es wird schätzungsweise noch drei Jahre dauern, bis die Versäumnisse aufgeholt sind."
Wir sehen die Freibäder und Hallenbäder durch den Personalmangel in Gefahr.
Durch die Bäderschließungen in Corona-Zeiten und in der Energiekrise seien viele Kollegen etwa in die Industrie abgewandert, weil sie Angst um ihre Arbeitsplätze hatten. Was die ohnehin schon prekäre personelle Situation in den Bädern verschärft: Die Babyboomer gehen in die Rente. Dazu ist laut Peter Harzheim noch ein weiteres Phänomen hinzugekommen: "Die jüngste Generation interpretiert das Thema Work-Life-Balance derzeit mehr in die Richtung „Life“ als „Work“, sodass unser Beruf, in dem wir auch mal abends oder an den Wochenenden arbeiten müssen, auf den ersten Blick unattraktiver für die jungen Leute wirkt", sagt Harzheim. Wer aber einmal an einem Wochentag in aller Ruhe seine Einkäufe erledigt hat und gemütlich in der leeren Innenstadt shoppen war, erkenne schnell, dass diese Arbeitszeiten eben auch Ihre Vorteile haben können.
Wie können Kommunen Personal für die Bäder gewinnen?
Das Gehalt spielt laut Harzheim eine große Rolle. Da habe sich aber schon was nach oben bewegt. "Die Not macht auch kreativ. So helfen Kommunen bei der Wohnungssuche, bieten Tankgutscheine an und Sport während der Arbeitszeit. Vielerorts werden befristete Arbeitsverträge in unbefristete Verträge umgewandelt." Der Berufsverband versuche derzeit, vermehrt die Erfolgsgeschichten der Kolleginnen und Kollegen, die Karriere in unserer Branche gemacht haben, in den Vordergrund zu stellen. Man erhoffe sich davon, dass sich der ein oder andere, den diese Erfolgsstorys erreichen, sich diese doch zum Vorbild nimmt und Teil des Badewesens werden möchte.
Was verdient ein Fachangestellter für Bäderbetriebe?
In Bädern, in denen nach Tarif bezahlt wird, werden die Angestellten seit 1. März 2024 jetzt besser bezahlt. "Bedenkt man aber, dass wir in unserem Job auch für Menschenleben verantwortlich sind, ist die Bezahlung aber immer noch nicht dem tatsächlichen Leistungsniveau unserer Kolleginnen und Kollegen entsprechend; in anderen Berufen wie bei Busfahrern oder Lokführern findet dieser Aspekt weitaus mehr, auch finanzielle, Beachtung", so der Präsident des Schwimmmeisterverbandes. Die Inflation tue ihres auch noch dazu.
Einstiegsgehalt für Fachangestellte für Bäderbetriebe
"Die Einstiegsgehälter für Fachangestellte für Bäderbetriebe liegen zwischen 2.800 und 3.000 Euro brutto in der Lohngruppe 5 und 6 laut Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst TVÖD, steigen dafür aber automatisch mit den Jahren der Betriebszugehörigkeit", so Harzheim. Die Gehälter für perüfte Meister für Bäderbetriebe liegen nach Tarifvertrag und gesammelter Berufserfahrung zum Teil schon über 4000 Euro. Es gebe weiterhin private Badbetreiber, die weitaus weniger bezahlen. Sie haben am Markt damit aber kaum eine Chance mehr, Personal zu finden. "Die Kollegen und Kolleginnen können es sich aussuchen, wo sie hingehen."
Kleine Kommunen im Nachteil
Darin liegt für Harzheim auch eine Gefahr. Denn so kommt es zu einem Verdrängungswettbewerb, einer lockt dem anderen die Fachkräfte weg, die nicht mehr werden. Damit entbrennt ein regelrechter Konkurrenzkampf um das wenige Personal für die Bäder. "Ich frage mich, wie lange das gutgehen soll. Vor allem kleine Kommunen, die nicht so viel zahlen können, haben da das Nachsehen", so Harzheim.
Gibt es viele Schwimmmeisterinnen?
"Inzwischen haben wir eine Fifty-Fifty-Beschäftigungssituation. Rund die Hälfte des Fachpersonals im Bäderwesen sind Frauen", erzählt der Präsident des Bundesverbandes der Schwimmmeister.
Flüchtlinge als Aufsicht im Freibad?
Können Flüchtlinge den Personal-Missstand beheben? So weit will Harzheim nicht gehen. Sie könnten die Situation zwar etwas mildern, doch lösen lasse sich das Fachkräfteproblem damit nicht. "In einigen Betrieben werden Geflüchtete zeitweilig bereits als Beckenaufsicht eingesetzt. Sie müssen die entsprechende Ausbildung haben oder machen und der deutschen Sprache mächtig sein."