Asylkosten
Das geben Kommunen für Migration wirklich aus - was Bund und Länder erstatten
Seit langem klagen viele Kommunen, sie seien in Sachen Migration am Rande ihrer Belastungsgrenze angekommen. Häufig wird diese Belastungsgrenze verstanden als "die Bevölkerung ist nicht mehr bereit, die Migration mitzutragen". Für Kommunen ist dieses "Verständnis schaffen" jedoch nur ein Aspekt. Ebenso wichtig ist die räumliche Belastungsgrenze. In immer mehr Kommunen werden selbst Hotels umfunktioniert zu Asylunterkünften. Sporthallen werden zu Aufnahmeeinrichtungen und vieles mehr. Auch all das führt zu Wut in der Bevölkerung. Mindestens ebenso sind die Städte und Gemeinden und ihre Landkreise aber finanziell an der Belastungsgrenze. Das Nachrichtenportal NIUS hat exklusiv in zahlreichen Kommunen abgefragt, wie hoch ihre Kosten für die Migration seit dem Jahr 2015 waren und welchen Anteil sie von Bund und Ländern erstattet bekommen haben. Die Ergebnisse sind sehr aufschlussreich.
Viele Landkreise wollten keine Zahlen melden
Das Portal bemängelt in seinem Artikel zunächst die niedrige Rücklaufquote auf die Anfrage. Zahlreiche Landkreise und Kommunen hätten keine konkreten Zahlen nennen wollen. Die Begründung: Die Kosten würden ja von Bund und Ländern erstattet. Dass diese Rechnung nicht funktioniert haben aber zig andere Landkreise in ihren sehr detaillierten Zahlen widerlegt. Die Beispiele zeigen, dass die Kommunen oft nur einen Bruchteil ihrer Kosten erstattet bekommen haben, viele Städte und Gemeinden warten nach eigenen Aussagen noch immer auch Gelder von Bund und Ländern.
Zwei typisch deutsche Landkreise und eine Großstadt melden sehr genaue Zahlen
Der Kreis Warendorf liegt im Herzen Westfalens in NRW, hat gut 280.000 Einwohner, gehört zu den "reicheren Regionen" in NRW und ist eher ländlich, konservativ geprägt. In dem Landkreis sind nach eigenen Angaben, die NIUS zitiert, seit dem Jahr 2015 Kosten in Höhe von gut 260 Millionen Euro für Migration entstanden. Das "teuerste" Jahr war das abgelaufene Jahr 2023 mit Kosten von über 53 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr dieses Jahres lagen die Kosten schon bei über 33 Millionen Euro. Die Zahlen zeigen, dass die Kosten jährlich deutlich steigen. von den gut 260 Millionen Euro wurden dem Landkreis bisher rund 219 Millionen Euro von Bund und Ländern oder durch Sonstige erstattet. Der Eigenanteil liegt also bei 41 Millionen Euro.
Damit liegt die Refinanzierungsquote im Kreis Warendorf im Vergleich zu anderen Städten offenbar sehr hoch. Die Stadt Düsseldorf, ebenfalls in NRW, aber mit 640.000 Einwohnern als Landeshauptstadt deutlich größer, kann nach eigenen Angaben von solchen Quoten nur träumen. Die Stadt teilte mit, ihr würden nur rund 30 Prozent der Gesamtkosten für die Unterbringung von Flüchtlingen erstattet. In Zahlen: 910 Millionen Euro hat die Stadt seit dem Jahr 2015 für Verpflegung, Integration und Leistungen zum Lebensunterhalt sowie Krankenhilfe ausgegeben. Sie hat insgesamt 60 Flüchtlingsunterkünfte mit einer Kapazität von über 10.000 Menschen betrieben. Aktuell sind aber nur 27 Unterkünfte mit knapp 5000 Plätzen in Betrieb.
Ähnlich repräsentativ wie der Kreis Warendorf ist auch der Landkreis Hildesheim im südlichen Niedersachsen. Mit knapp 280.000 Einwohnern ist auch diese Region eher ländlich geprägt, 20 Städte und Gemeinden gehören ihm an. Vom westlichsten Zipfel des Landkreises bis zum nördlichsten sind es über 50 Kilometer. Der Landkreis meldet Gesamtkosten für die Migration in Höhe von 222 Millionen Euro. Davon wurden ihm knapp 204 Millionen Euro von anderen Stellen erstattet. Bleibt also ein Minus von gut 18 Millionen Euro, etwa die Hälfte der Kosten, auf denen der Kreis Warendorf bisher "sitzengeblieben" ist.
Viele Landkreise melden nicht, wie viel ihnen erstattet wurde
Auch kleinere Landkreise haben Zahlen gemeldet, so etwa der Rhein-Lahn-Kreis in Rheinland-Pfalz. Dort sind die Landkreise insgesamt deutlich kleiner, die Zahl der Kommunen erheblich höher (Rheinland-Pfalz hat viele kleine Gemeinden, insgesamt gut 2000 Kommunen). Allein dem Rhein-Lahn Kreis gehören 137 Gemeinden an. Die kleinste Ortsgemeinde ist Ehr mit gerade mal 80 Einwohnern. Größte Stadt ist Lahnstein mit gut 18.000 Einwohnern. Der Landkreis hat nach eigenen Angaben bisher für die Migration seit dem Jahr 2015 rund 54,3 Millionen Euro ausgegeben. Davon sind knapp 8 Millionen Euro bis heute nicht von Bund, Ländern oder anderen Stellen erstattet worden.
Auffallend ist ansonsten, dass viele Landkreise zwar - je nach Einwohnerzahl - ähnlich hohe Gesamtkosten melden, aber nicht nennen, oder nennen können, wie hoch die "Refinanzierungsquote" also die Höhe der erstatteten Gelder von Bund und Ländern ist. So lässt sich nur anhand von Stichproben erkennen, dass die Quote der Erstattung doch sehr unterschiedlich ist und offenbar stark schwank. Ein Beispiel aus dem Kreis Emsland in Niedersachsen: Kosten in Höhe von 40,4 Millionen Euro stehen Erstattungen in Höhe von 32,6 Millionen gegenüber. Also wurden rund 80 Prozent erstattet, etwa die Höhe des Kreises Warendorf, während Düsseldorf von 30 Prozent spricht.
Viele Landkreise warten noch auf Gelder
Was alle Landkreise, die geantwortet haben, gemein haben: Sie warten seit langem auf zugesagte Mittel von Bund und Ländern. Der Regionalverband Saarbrücken im Saarland etwa spricht von gut 12 Millionen Euro Defizit allein in den vergangenen drei Jahren. Davon allein rund 5 Millionen für den Bereich "Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge". Der Kreis Fürstenfeldbruck in Bayern spricht von gut 4 Millionen Euro. Und der Rheinisch-Bergische Kreis (NRW) hat bisher nach Abzug aller Unterstützungsgelder gut 9 Millionen Euro ausgegeben.
Die Landkreise haben keine eigenen Einnahmen. Sie finanzieren sich aus der Kreisumlage. Die Kreisumlage bezahlen alle Städte und Gemeinden, die dem jeweiligen Landkreis angehören. Berechnet wird er als Prozentsatz der Gesamteinnahmen einer Kommune. Dieser Prozentsatz ist an den Landkreis zur Finanzierung der "Gemeinschaftsaufgaben" abzuführen. Seit Jahren gibt es immer wieder Streit zwischen Städten und Gemeinden und den jeweiligen Landkreisen über die Höhe der Kreisumlage. Nahezu jährlich gibt es zahlreiche juristische Auseinandersetzungen über die Festsetzung der Kreisumlage.