Deutschlands erste Nahkauf-Box in Pettstadt
Die Einkaufsbox in Pettstatt wurde groß gefeiert - jetzt gibt es Ärger.
© Rewe

Ländlicher Raum

Einkaufsbox in Pettstadt darf nicht jeden Tag öffnen

In Pettstadt hat eine Lebensmittelkette ihre erste Rund-um-die-Uhr-Einkaufsbox deutschlandweit eröffnet. Jetzt aber gibt es Ärger. Denn das zuständige Ministerium in Bayern verweist auf einen Beschluss des Kabinetts, wonach digitale Kleinsupermärkte an den Sonntagen nicht öffnen dürfen. Betreiber, Kunden und Bürgermeister sind enttäuscht - und protestieren dagegen.
Aktualisiert am 12. April 2022

Jahrelang war das oberfränkische Pettstadt ohne Einkaufsmöglichkeit, die Bewohner mussten fünf Kilometer fahren, um ihre Lebensmittel einkaufen zu können. Deshalb freute sich Bürgermeister Jochen Hack sehr über die Entscheidung des Unternehmens, im Gewerbegebiet eine Einkaufsbox zu eröffnen: auf 39 Quadratmetern liegen jetzt 700 Artikel  in den Regalen für die Kundinnen und Kunden bereit. Der kleine Laden, der ohne Personal rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche betrieben wird, sollte ein "weiteres Puzzle" in der Entwicklung der 2000-Einwohner-Gemeinde sein, wie der Bürgermeister zu KOMMUNAL sagte. Die Genehmigung war kein Problem. Doch nun gibt es Ärger.

Einkaufsbox: Feiertagsgesetz gilt auch für sie

Die Einkaufsbox betreiben Josef Sier und Thomas Scheuring, die bereits in einem anderen Ort im Landkreis gemeinsam einen Nahkauf-Markt führen. Einer von ihnen lebt in Pettstadt. Die Betreiber erhielten einige Tage nach der Eröffnung einen Hinweis des Landratsamtes Bamberg. Dort kam man zu dem Schluss, dass der Shop nach bayerischer Rechtslage sonntags nicht öffnen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Daraufhin schlossen sie die Einkaufsbox in der Nacht zum Sonntag, wie Josef Sier berichtete. Die Kunden standen also vor verschlossenen Türen  und waren verärgert. "Sie konnten das überhaupt nicht verstehen", sagt Sier. 

Rund-um-die-Uhr-Laden im Gewerbegebiet

Das Landratsamt Bamberg, das einschritt, beruft sich auf einen Beschluss des bayerischen Kabinetts vom Juli 2021. Danach dürften digitale Kleinsupermärkte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 100 Quadratmetern künftig an jedem Werktag rund um die Uhr öffnen, dennoch gelte: "Der Schutz der Sonn- und Feiertage bleibt unangetastet."  Hat die Einkaufsbox auch am Sonntag geöffnet, verstoße das gegen das Feiertagsgesetz. Bürgermeister Jochen Hack hatte erwartet, dass sich niemand an der neuen Rund-um-die-Uhr-Einkaufsmöglichkeit stört. Im Gegenteil die Freude darüber ungeteilt sein wird. Denn die Einkaufsbox liegt im Gewerbegebiet mit Parkmöglichkeiten direkt davor.

Welche Ausnahmegenehmigung gilt?

Noch absurder: Wie die "SZ" weiter berichtet, soll gerade eine Filiale des Erfurter Unternehmens "Emma`s Tag und Nachtmarkt" in Altenthann im Landkreis Regensberg gebaut werden. Dort sollen die Bewohner vom Sommer an, auch an sieben Tage die Woche, einkaufen dürfen. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger habe angekündigt, "an 365 Tagen" im Jahr.  Die SZ zitiert den Geschäftsführer des Unternehmens. "Wir haben eine bundeweite Genehmigung vom Bundeswirtschaftsministerium", so Peter John. Ein bayerischer Ministeriumssprecher hingegen sagte, für die Öffnung an Sonn- und Feiertagen müsste die Staatsregierung eine eigene Ausnahmegenehmigung erteilen - und dies werde nicht der Fall sein.

Sollte es bei der aktuellen Sonntagsschließung bleiben, hätte das unmittelbare Auswirkungen auf das Geschäftskonzept, schlimmstenfalls bis hin zum Scheitern des Pilotprojekts. "

Rewe-Sprecher Raimund Esser

Der Betreiber der Einkaufsbox in Pettstadt, die Lebensmittelkette Rewe,  teilte auf Anfrage von KOMMUNAL mit: Für den Test, eine zukunftsgerichtete Nahversorgung in den zentrumsfernen Orten ländlicher Räume zu finden, habe man mit der Gemeinde Pettstadt einen idealen Partner gefunden. Die Gemeinde wolle das Thema unbedingt begleiten und habe das Unternehmen dabei von Anfang an voll unterstützt.

"Nach den ersten Öffnungstagen können wir anhand der Frequenz sehen, dass nicht nur die Bürger Pettstadts die Box vollumfänglich annehmen und wollen", so Rewe-Sprecher Raimund Esser.  Auch für die Bürger aus den umliegenden Dörfern und Gemeinden werde so  die Versorgung mit frischen Lebensmitteln sichergestellt. Der Unternehmenssprecher stellte heraus: "Sollte es bei der aktuellen Sonntagsschließung bleiben, hätte das unmittelbare Auswirkungen auf das Geschäftskonzept, schlimmstenfalls bis hin zum Scheitern des Pilotprojekts. "

Einkaufsbox: Bezahlen mit EC oder Kreditkarte

Das Konzept des sogenannten "Walk-In-Store": Die Kunden stecken ihre EC-Karte oder Kreditkarte in einen rote Kasten vor dem Eingang, sie wird eingelesen, dann öffnet sich die Tür. Im Laden können die Kunden ihre Lebensmittel zusammenstellen. Der Schwerpunkt bei der Sortimentszusammenstellung liegt bei Rewe-Eigenmarken, Bioprodukten und Produkten von regionalen und lokalen Lieferanten, so das Unternehmen. Nach dem Einkauf wird an einer Self-Checkout-Kasse bezahlt. Dort muss jeder Artikel selbstständig gescannt. Danach können die Kunden den Store verlassen. Sonntags aber wird dies erst einmal nicht möglich sein.