Gruppenbild Erzieherinnen
Oberbürgermeister Daniel Bullinger begrüßt die angeworbenen griechischen Fachkräfte im Rathaus in Schwäbisch Hall.
© Schwäbisch Hall

Kindergarten

Fachkräfte aus dem Ausland: Schwäbisch Hall wirbt Erzieher an

Um den Fachkräftemangel in Kindergärten und Kitas zu bekämpfen, werden in Schwäbisch Hall seit drei Jahren erfolgreich Erzieherinnen und Erzieher aus dem Ausland angeworben.

„Es ist normal, verschieden zu sein“ – so lautet das Motto des Kindergartens Seeacker in Schwäbisch Hall und es prägt den Alltag in der Betreuungseinrichtung. Dabei sind nicht nur die Kindergruppen bunt gemischt und stehen Inklusion und Integration hier an der Tagesordnung, sondern ist zudem auch die Gruppe der Fachkräfte äußerst heterogen. Ein Grund dafür: Seit mittlerweile drei Jahren wirbt die Stadt gezielt Fachkräfte im Ausland an, um die Teams in Schwäbisch Hall zu ergänzen. Ein aufwändiger Ansatz, der Erfolg verspricht.

Fachkräftemangel– auch in Schwäbisch-Hall ein Problem

15 städtische Tageseinrichtungen für Kinderbetreuung gibt es in Schwäbisch Hall und der Fachkräftemangel ist deutlich spürbar, wie Mandy Hoppenz, Leiterin des Kindergartens Seeacker berichtet. „Wir haben große Schwierigkeiten, frei werdende Stellen mit Fachpersonal zu besetzen und man ist eigentlich ständig auf der Suche, wo man Personal herbekommt“, so Hoppenz. Dass die Stadt damit begonnen hat, Fachkräfte im Ausland zu gewinnen, wurde daher von den Einrichtungsleitern sehr begrüßt.

Anwerbung in Spanien und Griechenland

Bislang gab es insgesamt drei Anwerbekampagnen der Stadt Schwäbisch Hall in Spanien, wobei das Programm 2019 zum ersten Mal durchgeführt wurde. Seither haben insgesamt 34 spanische Fachkräfte in Schwäbisch Hall angefangen. Acht davon sind letztlich nach Spanien zurückgekehrt, neun sind von Schwäbisch Hall aus in eine andere deutsche Stadt gezogen, die restlichen Kräfte sind der Stadt erhalten geblieben. Zudem wurde im Herbst 2023 eine Kampagne zur Fachkräftegewinnung in Griechenland gestartet. Bei der Umsetzung der Anwerbung vor Ort werden die dafür angereisten Mitarbeiter der Stadt Schwäbisch Hall in Spanien vom Kolping Bildungswerk und EFE Malaga unterstützt, während in Griechenland Grecruitment die Werbung und Vorauswahl übernommen hat und das Goethe-Institut Thessaloniki die Räume für Gespräche zur Verfügung stellt und den Sprachkurs organisiert.

Pädagogische Ausbildung und Sprachkenntnisse gefragt

Voraussetzung für eine Bewerbung ist seitens der spanischen wie griechischen Fachkräfte eine abgeschlossene Pädagogikausbildung. Außerdem müssen sie deutsche Sprachkenntnisse auf dem Sprachniveau B1 mitbringen, auf die sie in Deutschland dann gezielt aufbauen können, um letztlich mindestens B2 zu erreichen. Aus Erfahrung von Hoppenz bewerben sich meist Pädagoginnen im Alter von 25 bis 30 Jahren für die Tätigkeit im Ausland, die in ihrer Heimat keine Arbeit finden und keine sichere Perspektive haben.

Konkrete Unterstützung seitens der Stadt

„Die Bewerber haben eine große Motivation, hier in Deutschland andocken zu wollen“, sagt die Leiterin, und um möglichst gut vorbereitet zu sein auf das mögliche neue Arbeitsumfeld, stellen sich an den jeweiligen Auswahlstätten in Spanien und Griechenland bereits die verschiedenen Einrichtungen vor mit ihren Teams, Schwerpunkten und Räumlichkeiten. Auch die Stadt selbst präsentiert sich den Bewerbern mit ihrer Infrastruktur und ihren Sehenswürdigkeiten. Sind sie dann in Deutschland angekommen, bekommen sie zudem konkrete Unterstützung bei der Wohnungssuche und wird der Sprachkurs zum Erwerb des B2-Niveaus als Teil der Arbeitszeit von der Kommune finanziert.

Intensive Begleitung der Neueinsteiger

Am Arbeitsplatz liegen die größte Verantwortung und Aufgabe bei den Leitern der verschiedenen Einrichtungen und ihren Teammitgliedern. So werden die Neueinsteiger anfangs zwar formell als Praktikantinnen im Anerkennungsverfahren geführt, der zeitliche Aufwand ihrer Begleitung aber sei deutlich höher, wie Hoppenz sagt. In der Phase der Einführung finden einmal wöchentlich Einarbeitungs- bzw. Anleitungsgespräche statt, außerdem wird das pädagogische Handeln im Alltag regelmäßig reflektiert. Zudem bekommen die ausländischen Fachkräfte bei den geforderten Aufgaben und der Facharbeit, die sie erarbeiten müssen, durchgehend Unterstützung seitens ihres Teams. Haben sie alle Aufgaben erfüllt, das B2-Niveau erreicht und erfolgreich eine Facharbeit geschrieben, erhalten die Bewerber schließlich ihre offizielle Anerkennung als staatlich geprüfte Erzieher und werden als volle Arbeitskräfte an den Kitas und Kindergärten in der Stadt eingesetzt.

Herausfordernder Start am neuen Arbeitsplatz

Bis es soweit ist, ist es laut Hoppenz ein längerer und durchaus herausfordernder Weg. „Die neuen Kräfte kommen sehr motiviert hier an und sind dankbar für die Unterstützung seitens der Stadt“, so die Leiterin, aber das Sprachelernen und der Job parallel seien sehr anstrengend und es brauche eine bewusste Willkommenskultur im Team und viel Zeit, damit das Modell letztlich aufgehe. So wird jeder neuen Kraft ein persönlicher Mentor zur Seite gestellt und werden die neuen Mitarbeiter detailliert angelernt und eng begleitet. „Gerade in den ersten Monaten ist der Aufwand hoch und man muss richtig investieren. Aber das Ergebnis ist sehr wertvoll: Es kommt viel kulturelle Vielfalt in den Kindergarten und wir wachsen als multikulturelles Team immer mehr zusammen“, so Hoppenz.

Menschliche Anbindung entscheidend

Dazu, ob eine Fachkraft der Stadt tatsächlich erhalten bleibt, trägt neben der fachlichen und sprachlichen Entwicklung nicht zuletzt die Integration im Team und in der Stadt bei, wie Hoppenz berichtet. „Der menschliche Faktor ist enorm wichtig“, sagt die Leiterin. „Es ist entscheidend, den neuen Kräften offen zu begegnen, sie zu unterstützen und eine Beziehung mit ihnen aufzubauen, damit sie sich eingebunden fühlen ins Team“. Schließlich seien die Verträge nicht verpflichtend zu einer langfristigen Bindung an die Stadt und gäbe es keine Garantie, dass die Fachkräfte tatsächlich bleiben. „Natürlich sind das alles Menschen mit ihren Befindlichkeiten und Lebensumstände können sich immer ändern“, so Hoppenz. In der Mehrheit aber würden die neuen Fachkräfte tatsächlich in Schwäbisch Hall bleiben.

Modell bewährt sich

Mittlerweile arbeitet in Schwäbisch Hall in fast jeder städtischen Tageseinrichtung für Kinderbetreuung eine ausländische Fachkraft und ist die Heterogenität der Teams zum Alltag geworden. „Die Akzeptanz der neuen Kräfte ist gut“, sagt Hoppenz, und die Kollegen würden die neuen Perspektiven sehr begrüßen. Auch die Eltern würden bewusst miteingebunden und es sehr schätzen, „dass wir genug Personal haben“.

Die geringsten Hürden gibt es schließlich für die Kinder selbst. „Kinder sind sowieso total offen, direkt und unglaublich tolerant“, sagt Hoppenz und seien für die neuen Kräfte die besten Sprachlernpartner. Bis die Fachkräfte aus dem Ausland richtig als Erzieherinnen anerkannt werden, dauert es meist ein bis eineinhalb Jahre, doch schon früh könnten sie kleinere Aufgabe übernehmen. Die sprachliche Hürde sei bei alledem zwar herausfordernd, aber bewältigbar. Letztlich gehe es darum, dass eine gute Betreuung der Kinder in Schwäbisch Hall gesichert sei. So betont Hoppenz: „Wir brauchen Menschen, die mit Kindern arbeiten und zusammen sein wollen. Die Anwerbung von Fachkräften ist deshalb ein guter Weg.“