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Experte sieht gravierende Risiken für Kommunen

9. Dezember 2014
Sanierung der kommunalen Haushalte mithilfe einer Wettbürosteuer? Rechtsexperte Prof. Dr. Dieter Birk ist skeptisch und rät den Enscheidern in den Städten und Gemeinden von einem solchen Schritt ab.

Rechtsexperte Prof. Dr. Dieter Birk hat die von zahlreichen Kommunen ins Spiel gebrachte Wettbürosteuer scharf kritisiert. In einem Gutachten für den Deutschen Sportwettenverband (DSWV) attestiert der ehemalige Direktor des Instituts für Steuerrecht an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zahlreiche gesetzgeberische Mängel.

Kommunale Steuer gleichartig mit Bundessteuer

"Die Wettbürosteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer und damit nach dem Grundgesetz zulässig - allerdings nur unter engen Voraussetzungen. Sie darf nicht gleichartig sein mit bundesrechtlichen Aufwandsteuern." Darin sieht Birk ein großes Problem: "Die Wettbürosteuer ist gleichartig mit der Sportwettensteuer." Hintergrund ist, dass der Bund gemäß Rennwett- und Lotteriegesetz bereits eine Sportwettensteuer auf jede abgegebene Wette erhebt. Laut Bundesministerium der Finanzen flossen dadurch von Januar bis Oktober 2014 bisher 185 Millionen Euro in die Staatskassen. Auch die bei der Wettbürosteuer angewandte Unterscheidung zwischen steuerpflichtigen Wettbüros und steuerbefreiten Wettannahmestellen hält Birk für "verfassungswidrig". Der Gesetzgeber sehe hier ohne triftigen Grund unterschiedliche Belastungsfolgen vor.

Der Experte rät Kommunen ab

Die Wettbürosteuer soll in einigen Kommunen wie Hagen oder Gronau ab dem 1. Januar 2015 gelten. Wettbüros müssen demnach 200 Euro monatlich pro angefangen 20 Quadratmetern Ladenfläche zahlen. Trotz heftiger Kritik von Unternehmern, dem Bund der Steuerzahler und Suchthilfe-Experten prüfen weitere Kommunen die Einführung der Wettbürosteuer. Die Bemessung der Steuer nach der Fläche des Wettbüros hält Rechtsexperte Birk für nicht tragbar: "Der hier angewandte Flächenmaßstab ist viel zu pauschal und bildet den Aufwand nicht ab. Bei der Biersteuer wird ja beispielsweise auch die Menge des ausgeschenkten Biers bemessen - und nicht die Fläche des Lokals." Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Wettbürosteuer dem Kanalisierungsauftrag des Glücksspielstaatsvertrags zuwiderläuft. Durch die Steuer werden Wettbüros belastet und möglicherweise vom Markt verdrängt, die dem Schwarzmarkt eigentlich ein legales Angebot entgegensetzen sollen. Birk dazu: "Es besteht ein Wertungswiderspruch zwischen Steuerrecht und Ordnungsrecht. Die Rechtssysteme dürfen nicht zueinander im Widerspruch stehen." Birk warnt: "Ich persönlich würde den Kommunen und den Kämmerern abraten, eine Wettbürosteuer zu erheben, weil ich die rechtlichen Risiken als zu gravierend ansehe." Mitglieder des DSWV hatten bereits angekündigt, die Wettbürosteuer juristisch anzufechten. Birk sieht gute Chancen, die Verfassungswidrigkeit der Steuer vor Gericht nachzuweisen und sie zu Fall zu bringen.