Aktion zum Nachmachen
Wenn sich Flüchtlinge ehrenamtlich für ihre neue Heimat engagieren
Ehrenamtliche Sprachmittler helfen der Stadt
Ein zentraler Bereich im ehrenamtlichen Engagement der Flüchtlinge ist naheliegenderweise die Dolmetschertätigkeit. So waren laut Glaser schon in der Flüchtlingskrise 2015 etliche Flüchtlinge in der Stadt Nürnberg als Sprachmittler aktiv. „Hier haben sich vor allem jene sehr eingebracht, die schon länger in Deutschland waren und mittlerweile selbst Deutsch sprachen und gleichzeitig Arabisch und Farsi übersetzen konnten. Das waren mit die wichtigsten Helfer für uns“, so der Koordinator. Ob bei der Flüchtlingskrise 2015 oder seit Beginn des Ukraine-Konflikts: Regelmäßig bekommt die Stadt Unterstützung durch Sprachmittler, die an den verschiedenen kommunalen Stellen, beim Sozialamt und oft auch beim Empfang der ankommenden Flüchtlinge am Hauptbahnhof helfen. „Für uns und besonders für die neu Ankommenden ist es eine Riesenhilfe, wenn da Menschen sind, die Orientierung geben, Dinge einordnen und sprachliche Barrieren überwinden“, sagt Glaser.
Breites ehrenamtliches Engagement
Doch auch in etlichen anderen Bereichen sind Flüchtlinge in der Stadt Nürnberg ehrenamtlich aktiv. Dies reicht von Angeboten der Kinderbetreuung und Nachhilfe über Selbsthilfe-Gruppen bis hin zur Planung und Durchführung kultureller Veranstaltungen, etwa eine Kunst-Ausstellung. Dabei sei die Form des Ehrenamts, wie sie in Deutschland gelebt wird, für viele der Flüchtlinge erst einmal eine neue Erfahrung. „Die Organisation des Ehrenamts, so wie wir sie im Rahmen von Vereinen, Initiativen und Institutionen kennen, gibt es in vielen Ländern nicht“, sagt Glaser. Wenn die Flüchtlinge dann hier auf Menschen treffen, die sich kontinuierlich und fest eingebunden ehrenamtlich engagieren, sei das für viele sehr motivierend, selbst aktiv zu werden.
Einsatz für die eigene Peer-Group
Grundsätzlich sei die Motivation, sich ehrenamtlich zu engagieren, bei Flüchtlingen die Gleiche wie bei Einheimischen, stellt Glaser fest. „Die Ehrenamtler wollen den Menschen helfen und motivieren sich gegenseitig“, so der Stabstellen-Leiter. Bei den Flüchtlingen kommt darüber hinaus noch eine spezielle Komponente hinzu. Geflohen und neu in Deutschland, setzen sich viele von ihnen ganz besonders für die eigene Peer-Group ein und gibt es laut Glaser ein großes Interesse, das eigene Kulturgut zu verbreiten und zu pflegen. „Gerade bei Flüchtlingen, die schon länger in Deutschland leben und hier mittlerweile angekommen sind, ist eine große Verbundenheit da mit den Menschen, die dasselbe Schicksal erlitten haben und denen es noch schlechter geht“, so Glaser.
Stadt Nürnberg koordiniert und unterstützt
Um das ehrenamtliche Engagement der Bürger bestmöglich zu begleiten, übernimmt die Stadt die Information und Kommunikation und vernetzt und koordiniert die verschiedenen Angebote und Institutionen. Zudem unterstützen die Mitarbeiter die Engagierten bei der Finanzierung der einzelnen Projekte, akquirieren Spenden und helfen bei Förderanträgen mit. „Unsere Aufgabe ist es, all jene zu unterstützen, die sich engagieren“, sagt Glaser mit Blick auf den Anspruch der Stabstelle für Bürgerschaftliches Engagement, und dazu zählen neben den Einheimischen auch die Flüchtlinge. „Für das Ehrenamt braucht es immer einen organisatorischen und professionellen Rahmen“, sagt Glaser, ansonsten kämen engagierte Laien schnell an ihre Grenzen.

Ehrenamt als „Königsweg der Integration"
Für die Flüchtlinge selbst bringt das Ehrenamt nach Erfahrung von Glaser nicht nur einen gemeinschaftlichen Nutzen mit sich, sondern ist darüber hinaus ein wesentlicher Schlüssel zur Integration. „Je mehr man sich in das Leben im neuen Land hineinbewegt, desto schneller kommt man dort an“, so Glaser. Das Ehrenamt sei hierbei nicht selten der „Königsweg der Integration“. Dabei seien die Effekte des ehrenamtlichen Engagements bei Flüchtlingen nicht anders als bei engagierten Einheimischen. „Ehrenamt macht glücklich und verleiht dem Leben einen großen Wert“, so der Leiter der Stabstelle. So würden die Aktiven deutlich an Selbstbewusstsein und Sicherheit gewinnen und Selbstwirksamkeit in ihrem Tun erfahren, womit große Zufriedenheit einhergeht. „Besonders jenen, denen die eigene Heimat abhanden gekommen ist, gibt das ehrenamtliche Engagement einen neuen Inhalt im Leben, einen Sinn und einen Halt“, so Glaser. Zudem erlernen die engagierten Flüchtlinge durch ihren Kontakt mit einheimischen Helfern deutlich schneller die deutsche Sprache.
Bundesweite Initiativen
So wie in Nürnberg sind Asylbewerber und Flüchtlinge bundesweit nicht nur Empfänger von Hilfe, sondern auch selbst oft ehrenamtlich aktiv. Dieses Engagement wird auf Bundesebene gezielt unterstützt. Entsprechend wurden verschiedene Programme und Modellprojekte ins Leben gerufen, die das ehrenamtliche Engagement von Flüchtlingen fördern sollen. Eines davon ist das Sonderprogramm "Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug", das sich sowohl an Menschen ohne Fluchterfahrung richtet, die sich in der Flüchtlingshilfe engagieren wollen, als auch an Asylbewerber und Flüchtlinge, die etwa in Pflegeheimen, Kindergärten oder Willkommensklassen arbeiten möchten. Seit Juni 2016 gibt es zudem das Modellprojekt „Das Engagement von und mit Flüchtlingen stärken“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Freiwilligenagenturen (bagfa), unterstützt durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Ziel dieses Projektes ist es, lokale Initiativen für das gemeinsame Engagement von Menschen mit und ohne Fluchterfahrung zu unterstützen.


