Demokratie stärken
Das bewirken Seniorpartner an den Schulen
Seniorpartner helfen Kindern an Schulen
„Als Seniorpartner schlagen wir eine Brücke zwischen Jung und Alt und tragen zur Demokratieerziehung der Kinder bei“, sagt Matthias Kraemer, der Vorsitzende des Bundes- und des bayerischen Landesverbands der „Seniorpartner in School“. Die Kernidee des Verbands ist schnell umrissen: ältere Menschen, die über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen und sich nach Ende ihres Berufs engagieren wollen, durchlaufen eine Ausbildung zum Mediator und unterstützen dann Kinder an Schulen dabei, Konflikte zu lösen.
„Seniorpartner in School“ bundesweit aktiv
Die „Seniorpartner in School“ wurden 2001 in Berlin gegründet und sind mittlerweile durch 14 Landesverbände bundesweit aktiv. Alle Mediatoren arbeiten ausschließlich ehrenamtlich, 2023 haben 1.674 Mitglieder etwa 55.000 Schüler und Schülerinnen an über 378 Schulen erreicht und über 160.700 Ehrenamtsstunden geleistet. Die Finanzierung des Vereins läuft bislang ausschließlich über Projekte und ist nicht strukturell organisiert.
Menschen 55 + mit Lebenserfahrung und Zeit
Bei den Seniorpartners handelt es sich um „Menschen in der nachberuflichen Lebensphase“, meist im Alter von 55+, die sich zu ehrenamtlichen SchulmediatorInnen haben ausbilden lassen. Die Ausbildung findet in vier Blockseminaren á 3 Tagen statt, umfasst mindestens 80 Stunden und wird von zertifizierten Trainern durchgeführt. Im Gegenzug dafür verpflichten sich die frisch geschulten Mediatoren dazu, für 1,5 Jahre einen Tag pro Woche jeweils 4 bis 6 Stunden im Team mit einem weiteren Seniorpartner an einer Schule zu arbeiten. Für Menschen in der eigentlich freien Phase nach Ende des Berufs ein großer Schritt. „Es ist nicht einfach, Leute zu finden, die bereit sind, sich derart intensiv und regelmäßig zu engagieren“, sagt Kraemer. Diejenigen aber, die die Ausbildung durchlaufen hätten, würden im Schnitt nicht 1,5 Jahre dabeibleiben, sondern fünf Jahre und mehr. „Die Kinder zu begleiten, ist eine unglaublich sinnerfüllende Arbeit“, sagt Kraemer.
Konflikte bewältigen und Perspektiven wechseln
An den Schulen selbst seien die Seniorpartners für die „Alltagskonflikte der Kinder zuständig“ und „für das, was auf dem Pausenhof passiert“, wie Kraemer sagt. Und auch wenn die Seniorpartners in engem Austausch stehen mit den Schulsozialarbeitern, seien sei selbst weder als Psychologen noch als Pädagogen, sondern ausschließlich als Mediatoren im Einsatz. Reichen die Themen über dieses Feld hinaus, vermitteln sie die Kinder weiter. Oft aber könnten alltägliche Probleme in den Einzelgesprächen gelöst werden und Konflikte beseitigt. „Wir begegnen den Kindern begleitend und zuhörend auf Augenhöhe und helfen ihnen dabei, sich selbst zu helfen, ihre eigenen Gefühle auszudrücken, aber auch die Gefühle des anderen zu verstehen“, sagt Kraemer.
Entlastung für Schulen
Mit ihrem Angebot richten sich die Seniorpartner laut Kraemer ausdrücklich an alle Schulen und haben keinen speziellen Fokus auf sogenannte „Problemschulen“, wobei auch Schulen in durchschnittlichem Umfeld vor großen Herausforderungen stehen würden. Konflikte, Gewalt und Mobbing würden nicht selten zum Alltag gehören, zudem würden Probleme wie akuter Lehrermangel, Unterrichtsausfall und marode Infrastruktur das Schulklima beeinträchtigen und dazu führen, dass Lehrer im hektischen Alltag oft nicht genug Zeit für die einzelnen Schüler und deren Probleme hätten. „Vieles, was früher Familienangelegenheiten waren, verlagert sich heute auf die Schule“, stellt Kraemer in seiner Arbeit fest, und umso mehr brauche es neben dem Lehrpersonal begleitende Kräfte wie die Seniorpartners.
Enorme Nachfrage
Die Nachfrage übersteigt bei weitem die Möglichkeiten des Verbands. „Wir müssen längst keine Schulen mehr anschreiben, haben eine lange Warteliste und können den Bedarf gar nicht erfüllen“, sagt der Bundesvorsitzende. Auch an den Vormittagen selbst, an denen der Seniorpartner mit seinen Kollegen an der Schule ist, hat er kaum eine Pause und haben die Kinder Woche um Woche viel Gesprächs- und Klärungsbedarf. Wesentlich hierbei sei, dass sich die Schüler selbst für eine Beratung anmelden und hierzu einen Zettel in den Briefkasten der Seniorpartner werfen. „Das ist entscheidend. So suchen uns die Kinder selbstbestimmt auf und wollen auch wirklich, dass wir ihnen helfen."
Mündige Bürger für die Gesellschaft
Aus Sicht von Kraemer ist das, was im „Raum der guten Lösungen“ geschieht, letztlich frühe Demokratieerziehung. „Wir ermuntern die Kinder zum Perspektivwechsel und sie lernen dabei zu akzeptieren und auszuhalten, dass andere die Welt anders sehen als sie selbst“, so der Vorsitzende. Durch diese Lernerfahrung könnten sie heranwachsen zu mündigen Bürgern, die selbstbewusst und friedlich in der Lage sind, sich auch in die Lebenswelten anderer hineinzudenken – eine Kompetenz, von der am Ende nicht nur die Schulen und Familien, sondern auch die Gesellschaft und die Kommune profitieren. Für ihn selbst ist es bis heute die größte Bestätigung, wenn die Kinder am Ende des Gesprächs zufrieden und versöhnt den Raum verlassen und gestärkt hinausgehen in ihren Alltag. „Wenn da erst zwei zerstrittene Kinder sitzen, die sich gerauft haben und kaum anschauen und diese dann am Ende Hand in Hand aus der Tür gehen, ist unser Ziel erreicht“, so Kraemer.
Hier gibt es mehr Informationen zur Arbeit der "Seniorpartner in School".


