Kommunalwahlen - unechte Teilortswahl
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Gebietsreformen belasten die Kommunalwahl

Ein Relikt der Gebietsreformen sorgt in Baden-Württemberg für ungewöhnlich viele ungültige Wahlzettel und verschenkte Stimmen - Alleine 21.000 Stimmen von Wählern gingen so bei einer Kommunalwahl in Vaihingen verloren.

Wie in vielen Flächenbundesländern sind auch in Baden-Württemberg Gebietsreformen von vielen Kommunen unfreiwillig durchgeführt worden. Um den neuen Ortsteilen, die zuvor eigene Kommunen mit eingenen Gemeinderäten waren, Rechnung zu tragen, wurde dem Kommunalwahlrecht eine Sonderregelung hinzugefügt: Die sogenannte "unechte Teilortswahl" garantiert bestimmten Teilorten eine feste Menge an Sitzen im Gemeinderat. Kandidaten die für diese Teilorte antreten werden auf dem Stimmzettel gesondert unter dem Namen ihres Wohnbezirks aufgeführt, können aber in jedem Teil der Gemeinde gewählt werden (daher der Titel "unechte Teilortswahl"). In Baden-Württemberg haben Wähler so viele Stimmen, wie es Sitze im Gemeinderat gibt. Bis zu drei Stimmen kann ein Wähler für einen Kandidaten abgeben (panaschieren). Der Wähler kann aber nur so vielen Kandidaten eines Wohnbezirks Stimmen geben, wie dem Bezirk Sitze im Gemeinderat garantiert wurden. Noch heute wird in vielen baden-württembergischen Kommunen über diese Listen gewählt. Ungültige Stimmzettel und Probleme bei der Auszählung sind vorprogrammiert.

Musterbeispiel der Landeszentrale für politische Bildung

Bei unechten Teilortswahlen müssen deutlich mehr Wahlzettel für ungültig erklärt werden, als bei anderen Kommunalwahlen. Deshalb gibt es bei der Landeszentrale für politische Bildung eine eingehende Erklärung des Wahlsystems mit einem Musterwahlzettel:

Kommunalwahl - Stimmzettel Teilortswahl

Jeder Wähler hat hier 22 Stimmen. Der Hauptort "Schwabenburg" hat 17 Mandate, der Wohnbezirk "Albblick" drei Mandate, der Wohnbezirk "Neuffenblick" ein Mandat und der Wohnbezirk "Echazquelle" ebenfalls ein Mandat. Der Wähler kann seine 22 Stimmen auf Kandidaten aus allen vier Wohnbezirken vergeben. Überschreitet er jedoch die Zahl 22, so ist der Stimmzettel insgesamt ungültig. Innerhalb eines Wohnbezirkes darf der Wähler nicht mehr Kandidaten bis zu drei Stimmen geben, als im Wohnbezirk Gemeinderäte zu wählen sind.

7,7 Prozent ungültige Stimmen in Vaihingen

Bei der Kommunalwahl 2009 waren in Vaihingen 7,7 Prozent der abgegebenen Stimmzettel ungültig. Zusätzlich haben viele Wähler deutlich weniger Stimmen abgegeben, als ihnen zustanden (wodurch der Stimmzettel allerdings nicht ungültig wird). Insgesamt gingen dadurch 21.000 Stimmen von Wählern verloren. Besonders bei der ohnehin meist geringen Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen ist das eine enorme Größe. Deshalb hat die Gemeinde die unechte Teilortswahl vor der Kommunalwahl 2014 abgeschafft. Der Anteil ungültiger Stimmen ging damit auf 2,4 Prozent runter. Seit 2009 wird die unechte Teilortswahl in immer mehr Kommunen wieder abgeschafft. In verschiedenen baden-württembergischen Gemeinden wird allerdings auch in diesem Jahr wieder nach unechter Teilortswahl gewählt. So etwa in Marbach, Steinheim, Oberstenfeld oder auch Sachsenheim.

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