
Glück ist gestaltbar
Glücksatlas 2025: Was Städte wirklich lebenswert macht
Der neue Glücksatlas 2025 offenbart ein verblüffendes Ranking der zufriedensten Großstädte Deutschlands. Dabei geht es nicht nur um die Frage: Wo sind die Menschen am glücklichsten? Sondern auch: Was genau macht sie glücklich – und wie können Kommunen diesen Zustand aktiv fördern?
Der Atlas zeigt: Glück ist keine Schicksalsfrage, sondern das Ergebnis kluger Politik vor Ort. Wer kommunale Lebensqualität wirklich verstehen will, sollte genau hinsehen.
Kassel auf Platz 1: Das Ranking der Glücksstädte
Die große Überraschung vorweg: Weder Hamburg noch München oder Berlin haben es aufs Treppchen geschafft. Stattdessen landet Kassel – eine der kleinsten unter den Großstädten – auf Platz 1. Mit 7,44 Punkten auf einer Skala von 0 bis 10 ist das Lebensgefühl hier besonders hoch.
Auch Platz 2 ist bemerkenswert: Die „Samt- und Seidenstadt“ Krefeld überzeugt mit moderner Kulturpolitik und einem starken Design- und Kunstprofil. Die eigene Homepage verweist stolz auf Persönlichkeiten wie Jil Sander und Janosch – und auf ein Stadtklima, das Kreativität und Offenheit fördert. Zitat: „Neben der Architektur ist es die Krefelder Kultur, die für moderne, weltoffene und experimentierfreudige Haltung steht. So öffnen sich die Krefelder Kunstmuseen bereits sehr früh für die zeitgenössische Kunst. Samt und Seide ist es ebenfalls zu verdanken, dass Krefeld heute in einem Atemzug mit einem dritten Kreativbaustein genannt wird, nämlich dem Design. Persönlichkeiten wie Jil Sander, Markus Lüpertz, Peter Lindbergh oder Horst Eckart (Janosch), aber auch der Kunst- und Glasmaler Jan Thorn Prikker haben in Krefeld gelehrt beziehungsweise gelernt.“
Die schönen Dinge des Lebens werden also hier ins Schaufenster gehoben, auch bei der eigenen Bevölkerung offenbar mit Erfolg.
Die Top 10 im Überblick:
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Kassel (7,44)
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Krefeld (7,39)
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Düsseldorf (7,36)
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Mainz (7,32)
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Dresden (7,29)
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Erfurt (7,27)
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Münster (7,24)
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Bremen (7,22)
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Hamburg (7,21)
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Duisburg (7,20)
Auffällig: Viele der Top-Städte liegen in Mittelzentren oder vormals strukturschwachen Regionen. Kassel, Krefeld, Erfurt – sie zeigen: Glück braucht keinen Glamour.
Das machen die glücklichsten Städte besser
1. Lebensnähe statt Gigantismus
Statt Großprojekte zählen Naherholung, begehbare Stadtkerne und funktionierender ÖPNV. Kassel punktet mit Parks in Citylage, Düsseldorf mit Radfreundlichkeit, Erfurt mit der Altstadtsanierung.
2. Soziale Verbundenheit
Glück wächst in Gemeinschaft. Krefeld und Münster fördern Nachbarschaft, Ehrenamt und Quartiersarbeit – das stärkt Zusammenhalt und Zufriedenheit.
3. Gute Gesundheitsversorgung
Lokale Gesundheitszentren wie in Kassel und dezentrale Pflegeangebote wie in Erfurt zeigen: Wer Zugang zu medizinischer Versorgung hat, lebt gesünder – und glücklicher.
4. Erreichbarkeit und Infrastruktur
Kurze Wege, zuverlässiger Takt, barrierefreie Mobilität – das ist gelebte Lebensqualität. Duisburg hat mit seinem optimierten Busnetz Maßstäbe gesetzt.
5. Stadtimage und Identifikation
Städte, mit denen sich Menschen identifizieren, schaffen ein starkes Wir-Gefühl. Kulturelle Veranstaltungen, lokale Medien und ein positives Stadtimage wirken wie Glücksverstärker.
Glück ist auch eine Haltung – und lässt sich steuern
Glück ist keine Frage des BIP – sondern der Einstellung. Der Glücksatlas greift hier auf Erkenntnisse der Neurowissenschaft zurück. Besonders glücklich sind Menschen, die:
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im Moment leben
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ihre Ansprüche zügeln
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stabile soziale Beziehungen pflegen
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sich auf Positives fokussieren
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regelmäßig in Bewegung und Natur sind
Städte können das unterstützen, zum Beispiel durch:
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Grünflächen statt Konsumtempel
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Treffpunkte statt Parkhäuser
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Ehrenamtsförderung statt Verwaltungslast
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Raum für Kultur, Musik und Begegnung
Wenn wirtschaftlicher Erfolg nicht reicht
Nicht alle Städte schneiden gut ab. Besonders auffällig:
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Berlin (Rang 37): Hohe Mieten, gefühltes Chaos, Anonymität
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Karlsruhe (Rang 38): Wirtschaftlich stark, aber ohne emotionale Bindung
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Frankfurt (Rang 35): International, aber als „entfremdet“ empfunden
Fazit: Glück braucht mehr als Wirtschaftskraft – es braucht Zugehörigkeit.
So wird Glück zur kommunalen Strategie
1. Glückspolitik zur Chefsache machen
Verwaltungsspitzen sollten Glück als strategisches Ziel definieren – und aktiv messen.
2. Bürgermitsprache stärken
Ob Bürgerrat oder Onlinebeteiligung: Wer mitreden darf, fühlt sich wertgeschätzt – das macht glücklich.
3. Glücksindikatoren etablieren
Warum nicht einen Glücksbericht im Rathaus? Mit Umfragen, psychosozialen Daten und Feedback aus den Quartieren.
4. Soziale Treffpunkte schaffen
Begegnungscafés, Nachbarschaftsbänke oder Vereinsflächen – kleine Impulse, große Wirkung.
5. Positiv kommunizieren
Wer Erfolge teilt, motiviert. Wer gute Geschichten erzählt, stiftet Stolz. Stadtimage wirkt – nach innen wie außen.
Glück ist machbar – mit Mut, Haltung und Herz
Der Glücksatlas 2025 ist mehr als ein nettes Ranking. Er ist ein Werkzeug für smarte Stadtpolitik. Obwohl es sich um Großstädte handelt, zeigen sie doch: Wer Menschen ernst nimmt, Beteiligung ermöglicht und Lebensqualität messbar macht, steigert das Glück spürbar. Kassel, Krefeld, Erfurt und Co. liefern die Blaupause. Ideen, die in kleinen Kommunen ohnehin einen größeren Stellenwert haben - und doch zeigt die Studie: Je mehr davon, desto besser! Egal, ob auf dem Land oder in der Stadt!
Kommentar zum Glücksatlas 2025:
KOMMUNAL-Chefredakteur Christian Erhardt-Maciejewski zu den Auswirkungen auf Kommunen:
„Der neue Glücksatlas sollte in jedem Bürgermeisterbüro Pflichtlektüre sein. Er zeigt schwarz auf weiß: Kommunen können das Glück ihrer Bürger aktiv beeinflussen – durch eine Stadtpolitik, die nicht auf Beton, sondern auf Beziehungen setzt. Lebensqualität entsteht eben nicht im Hochglanzprospekt, sondern im Alltag – auf dem Marktplatz, im Stadtpark, im Ehrenamt. Wer heute Stadt gestaltet, muss nicht mehr nur Bauprojekte verwalten, sondern Emotionen ermöglichen. Der Glücksatlas ist damit ein strategisches Steuerungsinstrument – ganz ohne Fördertopf. Und er beweist: Wer glücklich macht, wird gewählt.“