Drei neue Urteile
Grundsteuer-Urteil: BFH stützt Bundesmodell
Der II. Senat hat in den Verfahren II R 25/24, II R 31/24 und II R 3/25 entschieden. Die große Leitfrage beim Grundsteuer-Urteil: Ist die neue pauschale Bewertung der Grundstücke verfassungsgemäß — oder verstößt sie gegen den Gleichheitsgrundsatz? Drei Wohnungseigentümer aus drei Bundesländern, die das Bundesmodell umsetzen, hatten auf dieser Grundlage geklagt. Nun entschied der Bundesfinanzhof in zweiter Instanz: Das Bundesmodell verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Das Bundesmodell für die Grundsteuer ist verfassungskonform. Alle drei Klagen wurden abgewiesen.
Was die Grundsteuer-Urteile für Kommunen bedeuten
Für die kommunale Ebene sind die Auswirkungen erheblich – Sorgen um fehlende Haushaltseinnahmen, wenn das Modell vom BFH gekippt werden sollte, fallen von den Kämmereien ab. Das bedeutet für die Kommunen in Bundesländern mit Bundesmodell: Deutlich mehr Planungssicherheit bei den Steuereinnahmen.
Die Kernaussagen für Rathäuser & Kämmereien
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BFH erklärt das Grundsteuer-Bundesmodell für verfassungskonform
Keine Vorlage ans Bundesverfassungsgericht – das Modell steht. -
Bund darf die Grundsteuer regeln
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist rechtlich sauber abgesichert. -
Typisierung ausdrücklich erlaubt
Pauschale Bodenrichtwerte und Durchschnittsmieten sind zulässig – auch wenn sie im Einzelfall ungenau sind. -
Automatisierung schlägt Detailgenauigkeit
Der Massencharakter (36 Millionen Grundstücke) rechtfertigt Vereinfachungen. -
Ungleichheiten gelten als „hinnehmbar“
Weil:-
Messzahl extrem niedrig ist (0,31 Promille)
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Hebesatz erst auf kommunaler Ebene entscheidet
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Erlass bei starken Mietausfällen möglich bleibt
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Klares Signal an die Kommunen:
Rechtssicherheit für die Grundsteuer -
Betroffene Länder:
Alle Bundesländer mit Bundesmodell – unter anderem Nordrhein-Westfalen, Berlin, Sachsen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Thüringen -
Nicht betroffene Bundesländer:
Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg, Niedersachsen
Weshalb ist das Grundsteuer-Urteil so bedeutsam?
Seit dem 1. Januar 2025 gilt bundesweit die reformierte Grundsteuer — nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht 2018. Die alten Einheitswerte waren verfassungswidrig, das neue System sollte mehr Gerechtigkeit bringen. Doch das neue pauschalisierte Modell sorgte für Kritik — vor allem wegen Belastungsspitzen in Ballungsräumen und der schwierigen Nachvollziehbarkeit für Bürger.
Bundesweit wurden bislang über 2.000 Klagen sowie zehntausende Einsprüche eingereicht. Viele Finanzgerichte hatten ihre Verfahren bis zur heutigen Entscheidung ausgesetzt. Im Jahr 2024 nahmen die Städte und Gemeinden rund 16 Milliarden Euro über die Grundsteuer ein. Mit 13 Prozent an den Gemeindesteuern ist sie eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen - hinter der Gewerbesteuer und der Einkommenssteuer.
So funktioniert das Bundesmodell
Das Bundesmodell — angewendet in elf Bundesländern — berechnet die Grundsteuer für Wohnimmobilien über ein pauschales Ertragswertverfahren. Für Wohnimmobilien gilt dabei im Kern:
- pauschaliertes Ertragswertverfahren
- Berücksichtigung von Baualter, Gebäudetyp und statistischer Nettokaltmiete
- Zuschläge für urbane Lagen
- Abschläge für ländliche Räume
Kritiker monieren vor allem die hohe Belastungswirkung in Ballungsräumen, die komplizierte Berechnung und die teils schwierige Nachvollziehbarkeit für Bürger.
Streitpunkt Gleichbehandlung: Hier setzt das Grundsteuer-Urteil des BFH an
Im Kern ging es vor Gericht um die Frage, ob die neue Bewertung noch von einer zulässigen Pauschalierung gedeckt ist – oder ob sie in einzelnen Fällen zu weit vom tatsächlichen Verkehrswert abweicht und damit den Gleichheitsgrundsatz verletzt.
Grundsteuer bleibt regional höchst unterschiedlich
Unabhängig von den Urteilen bleibt die Belastung regional extrem verschieden. In südwestdeutschen Städten liegt die durchschnittliche Grundsteuer teils um mehrere Hundert Prozent über ostdeutschen Vergleichskommunen. Auch im bundesweiten Durchschnitt ist die Belastung zuletzt erneut gestiegen.
Mehr Rechtssicherheit – kein Grundsteuer-Frieden
Die heutigen Urteile bringen zwar juristische Struktur in ein bislang hochgradig umstrittenes System. Doch für viele Kommunen geht die Arbeit weiter: Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum ihre Grundsteuerlast – aus ihrer Perspektive unverhältnismäßig – gestiegen ist. Die Grundsteuer bleibt, was sie immer war: Eine stabile Einnahmequelle für die Kommunen – und ein politischer Zankapfel.