Kontaktverfolgung durch Luca als Alternative zur Corona-Warn-App
Kontaktverfolgung durch Luca als Alternative zur Corona-Warn-App
© Firma Nexenio

Plötzlich Hype

Kontaktverfolgung: Luca will Corona-Warn-App Nachfolger werden

Es war am 9. November vergangenen Jahres, als KOMMUNAL eine Alternative zur Corona-Warn-App erstmals in einem Artikel vorstellte. Als eines der ersten Medien überhaupt. Damals kündigte der Oberbürgermeister von Jena, Thomas Nitzsche an, so Restaurantbesuche wieder möglich machen zu wollen. Seit wenigen Tagen nun ist die App in aller Munde und erreicht sogar die Bundeskanzlerin.

Die Kontaktverfolgung über die offizielle Corona-Warn-App lässt nach wie vor zu wünschen übrig. Die 60 Millionen Euro teure App legt großen Wert auf den Datenschutz. Das Ergebnis ist jedoch, dass der schnelle Austausch von Identifikationsmerkmalen zur einfachen und vor allem umfassenden und schnellen Kontaktverfolgung deutlich erschwert ist. Schon im November vergangenen Jahres stellte daher der Oberbürgermeister von Jena, Thomas Nitzsche, eine Alternative vor. Seine Hoffnung damals im Gespräch mit KOMMUNAL: "So können wir es schaffen, zu mehr gesellschaftlicher Aktivität zurückzukehren". Er erhoffte sich damals zudem eine massive Entlastung seines Gesundheitsamtes. Und in der Tat: Ende November wurde die App eingeführt, inzwischen haben auch andere Städte wie Rostock und die Insel Sylt "Luca" im Testeinsatz.

Porträt über den Bürgermeister der Stadt Jena, Nitzsche

Luca macht Kontaktverfolgung einfacher möglich

Luca ist eine privatwirtschaftliche Lösung. Ein Berliner Start Up Unternehmen nexenio entwickelte die App, massiv unterstützt von der Stadt Jena, den städtischen Unternehmen Jena Kultur und Jena Wirtschaft und nicht zuletzt der in Stuttgart gegründeten Band "Die Fantastischen Vier". Ihr Sänger Smudo ist inzwischen so etwas wie das Aushängeschild von "Luca" geworden, wirbt immer wieder öffentlichkeitswirksam für seine App. Denn es gibt auch eine Variante für Menschen, die kein Smartphone haben. Ein Schlüsselanhänger, den Menschen mit sich führen können, erledigt im Grunde den gleichen Job. Wie die App und der Schlüsselanhänger genau funktionieren, haben wir im November HIER ausführlich erklärt. 

Warum Luca jetzt auch die Politik auf Bundesebene begeistert 

Wenn nun wieder erste Öffnungen des Lockdowns möglich werden und schon in wenigen Tagen die Geschäfte in Regoionen mit sehr niedrigen Inzidenzzahlen wieder öffnen dürfen, dann ist das nur möglich, wenn die Geschäfte und die Außengastronomie die Kontaktanchverfolgung sicherstellen. "Luca" macht das Ausfüllen von Adressbögen tatsächlich überflüssig, es wird nur ein QR-Code verwendet. Zudem wertet die App die Daten nicht im "Vakuum" aus, sondern ist an das von fast allen Gesundheitsämtern inzwischen genutzte Sormas-System angebunden. Konkret heißt das: "Luca" kann Positiv-Fälle direkt mit der IT der in den Behörden arbeitenden Mitarbeiter des Gesundheitswesens verbinden. 

"Luca" war beim Bund-Länder-Gipfel virtuell im Kanzleramt nun erstmals Thema, weil immer mehr Städte auf diese App setzen. Alles bisher aber nur parallel zur offiziellen Corona-Warn-App. Regierungssprecher Seibert sprach auf Nachfrage in dieser Woche erstmals offiziell von "einer möglichen Ergänzung, aber keine Alternative". Neuen Drive bekommt die App zudem, weil im gestrigen Beschluss die Rede davon ist, dass sich die Länder verpflichten, die Kontaktverfolgung auch digital zu ermöglichen. Und genau hier setzt die App an. 

Was der Testbetrieb bisher über Luca gezeigt hat 

Jena testet etwa seit Anfang des JAhres mit den Abgeordneten des Stadtrats die App, inklusive eines simulierten Positivfalls. Sobald nun die ersten Restaurants und Fitness-Studios wieder öffnen dürfen, soll Luca in allen Veranstaltungsformaten eingesetzt werden. Die Musiker der Philharmonie etwa werden die App bei den Proben nutzen, erste Schulen haben Interesse. Auf diese Weise erhofft sich die Stadt, den städtischen Kulturbetrieb schnellstmöglich wieder hochfahren zu können. Immerhin hat die städtische Kulturfirma die App federführend mit entwickelt und soll daher nun auch davon profitieren. 

Auch Rostocks Oberbürgermeister Madsen setzt inzwischen auf die App. Die Stadt hat beschlossen, künftig ebenfalls auf Luca zu setzen. "Alles ist besser als diese Zettel", so Madsen vor wenigen Tagen in einem Interview. Hier setzt man vor allem auf den Einsatz bei Friseuren und im Einzelhandel. 

Porträt über Rostocks Bürgermeister Madsen

Und auf der Insel Sylt erhofft man sich von der deutlich schnelleren Kontaktverfolgung ein schnelles hochfahren des Tourismus. Hotels, Pensionen und Restaurants "bereiten sich schon auf den Einsatz vor", sagt Bürgermeister Nikolas Jäckel. 

Die Entwickler sagen, dass sie nicht einmal die Schnittstelle zu Sormas im Gesundheitsamt benötigen. "Für die Gesundheitsämter ist unsere App eine Stunde Aufwand", so der Geschäftsführer des Gründer-Start Apps Nexenio, Patrick Hennig. Immerhin: Obwohl erst in 3 Städten aktiv, wurde die App in den Stores schon mehr als eine Million Mal heruntergeladen. Die App ist kostenlos in allen Portalen zu finden. 

Aktualisierung vom 08. März: Wenige Tage nach Entstehung dieses Textes hat das Land Mecklenburg-Vorpommern nun offiziell erklärt, die App Luca ab sofort landesweit in allen Kommunen einzusetzen! Damit dürfte sich die Verbreitung deutlich erhöhen! 

KOMMUNAL-Interview mit Jenas Bürgermeister Nitzsche kurz nach seiner überraschenden Wahl im Jahr 2018