Kosten- und Leistungsrechnung
Pflicht oder Papiertiger?
Stufenleiterverfahren am häufigsten gewählt
Die Befragung macht deutlich, dass das am häufigsten genutzte Verfahren zur Verrechnung der Gemeinkosten auf Kostenträger das Stufenleiterverfahren mit fast 40 Prozent darstellt. Anbau- oder Gleichungsverfahren spielen eine eher untergeordnete Rolle. Jede vierte Gebietskörperschaft, die an der Studie teilnahm und eine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt hat, konnte keine Angaben zum verwendeten Verfahren machen. Ähnliches ergab sich aus der Befragung, welches Kalkulationsverfahren innerhalb der Kostenträgerrechnung verwendet wird. Hier waren sich über mehr als ein Drittel der Befragten dessen nicht bewusst. Äquivalenzziffern-, Divisions- und Zuschlagskalkulationen werden ähnlich häufig eingesetzt.
Kosten- und Leistungsrechnung zur Gebührenkalkulation
Die Kosten- und Leistungsrechnung wird innerhalb der Verwaltung häufig flächendeckend oder zumindest in Bereichen mit Gebühren, Beiträgen und Entgelten etabliert. Die dabei verfolgten Absichten sind facettenreich. Die allermeisten Kommunen (84 Prozent) nutzen die Kosten- und Leistungsrechnung zur Gebührenkalkulation. Zwei von drei Kommunen und Landkreisen setzen sie für die Berechnung von Beiträgen ein. Bei etwa der Hälfte steht die Kostenoptimierung im Fokus. Hinderungsgründe für die Einführung sind vor allem Personal- und Zeitmangel sowie Rückstände bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse seit der Umstellung auf die Doppik im Jahr 2013.
Aus den Zahlen der Umfrage geht aber noch mehr hervor. So etwa, dass Kommunen mit Kosten- und Leistungsrechnung im Vergleich zu jenen ohne eine 2,3-fach höhere Bilanzsumme und ebenfalls eine 2,3-fach höhere Finanzkraft aufweisen. Ferner beschäftigen sie durchschnittlich 1,6-mal so viele Bedienstete in der Finanzverwaltung. Daraus lässt sich nicht nur eine finanzielle und personelle Abhängigkeit ableiten. Vielmehr zeigt sich, dass Kommunen die gesetzlichen Vorgaben nur mit deutlich mehr Ressourcen umsetzen können.
Was kann nunmehr getan werden? Kommunen ohne Kosten- und Leistungsrechnung sollten zunächst ein Projektmanagement aufbauen, Schulungen für Bedienstete anbieten und eine Dienstanweisung erlassen. Projektmitarbeitern sind Zeitbudgets zur Verfügung zu stellen. Abhängig von den angestrebten Zielen kann zwischen Voll- und Teilkostenrechnung entschieden werden. Die Aufstellung und Integration von Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerplänen ist zu empfehlen. Die Einführung sollte zunächst in gebührenlastigen Aufgabenfeldern erfolgen und später ausgeweitet werden.
Tipp für Kommunen
Kommunen mit bestehender Kosten- und Leistungsrechnung sollten die Einführung eines Berichtswesens in Erwägung ziehen, das die systematische Dokumentation von Planungen, Zielsetzungen und Ergebnissen ermöglicht. Zahlenfriedhöfe sind bekannt, haben keinen Nutzen und führen zu Demotivation der verantwortlichen Mitarbeiter. Deshalb sollten die Ergebnisse in ein regelmäßiges Berichtswesen münden, welches unter anderem von der Verwaltungsführung aber auch etwa von Mitgliedern im Finanzausschuss mit entsprechender Aufmerksamkeit studiert wird.
Regelmäßig Mitarbeiter schulen
Dem Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber wird empfohlen, auf Sanktionen ähnlich des im Jahr 2024 eingeführten § 102 Abs. 3 KVG LSA zu verzichten, wonach eine Haushaltsgenehmigung ab 2025 nicht erfolgen darf, wenn der Jahresabschluss 2023 nicht vorliegt. Stattdessen sollten regelmäßige Schulungen gefördert und möglichst zentral organisiert werden. Denkbar ist auch die Einrichtung von Arbeitskreisen unter Leitung des Ministeriums. Ein Runderlass mit praxisnahen Erläuterungen könnte die Umsetzung der Pflichtregelung erleichtern.
Außerdem sollte angesichts des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst, der auch die Finanzbereiche in den Kommunen trifft, die Pflichtumsetzung einer KLR nur von größeren Kommunen gefordert werden. So sollten etwa Kommunen mit bis zu 20.000 Einwohnern von einer Pflicht zur Kosten- und Leistungsrechnung befreit werden.

Marcel Domenz arbeitet im Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde.

Matthias Wiener ist Leiter der Finanzbuchhaltung bei der Stadt Dessau-Roßlau.