Rückkehr-Initiativen wollen die Weggezogenen zurückholen
© Fotolia: Marcus Hofmann

Landflucht: Kommunen buhlen um Weggezogene

Immer mehr ostdeutsche Kommunen wollen die Menschen, die ihre Heimat verlassen haben, zurückgewinnen. Dafür setzen sie auf spezialisierte Agenturen. Doch: Was genau machen diese eigentlich? Und locken sie wirklich mehr Zuzügler? KOMMUNAL hat nachgefragt!

Als die Mauer fiel, wanderten zwei Millionen Menschen von Ost- nach Westdeutschland aus. Doch seit einigen Jahren wollen viele wieder zurück in die Heimat. Zurück zu den Eltern, zurück aufs Land und zurück zu günstigeren Immobilienpreisen. Viele Regionen haben diesen Trend erkannt und buhlen um die potenziellen Rückkehrer. Zum Beispiel der Landkreis Bautzen und die Stadt Cottbus. Sie haben sogenannte Rückkehrer-Börsen gegründet, die einerseits die Vorzüge der Region kommunizieren, wie etwa Job-, Kita-, Kultur- und Vereinsangebote. Andererseits veranstalten sie Messen für Pendler und Rückkehrer, auf denen sich Unternehmen und Stadtverwaltung präsentieren können.

90.000 Menschen kehren jedes Jahr zurück in den Osten 

Rückkehr-Initiativen: Wieso kommen Weggezogene zurück?

„Es gibt immer mehr Anfragen von Menschen, die zurück in die Heimat wollen und immer mehr Menschen, die tatsächlich zurückziehen“, weiß Anja Ulrich, die im Landkreis Harz für die Willkommensagentur „Zuhause im Harz“ arbeitet. Sie ist erster Ansprechpartner für Rückkehrwillige und hilft ihnen dabei, Arbeit, Haus oder Kitaplatz zu finden. Regelmäßig finden sogenannte Neubürgerstammtische statt, an denen sich Zugezogene und Rückkehrer kennenlernen und mit Einheimischen austauschen können. Die Agentur ist auf Facebook vertreten und veröffentlicht auf der eigenen Homepage Informationen für Interessenten, und betreibt intensive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. So wird regelmäßig online und offline über Erfolgsgeschichten und die Harzer Neubürgerstammtische berichtet. „Unsere Zeitungsartikel werden meistens von den Eltern oder Großeltern gelesen, die die Berichte an ihre weggezogenen Familienmitglieder weitergeben“, weiß Ulrich aus der Erfahrung zu berichten. Auf diesem Weg hat auch die 39-Jährige Janet Bauer von dem Service erfahren. „Mit 18 Jahren wurde es mir in meiner Heimat zu eng, weshalb ich zunächst mit einer Jugendorganisation durch Amerika und Europa gereist bin und mich danach für ein Studium in Berlin entschieden habe.“ 19 Jahre später kehrt sie zurück. „Berlin war mir seit einiger Zeit zu laut und zu voll. Mir haben die kurzen Wege und die schöne Natur gefehlt.“ Ihre Eltern haben ihr von der Willkommensagentur erzählt und der persönliche Kontakt entstand nach dem Umzug vor Ort in Quedlinburg. Dadurch wurde die Integration in die Heimat erleichtert. Heute lebt sie gerne wieder in Quedlinburg und arbeitet bei ihren Eltern im Unternehmen. Anders lief es bei Ehepaar Döhler. Martina und Matthias Döhler kannten die Region aus ihren Urlauben: „Uns hat es hier so gut gefallen, dass wir mit dem Gedanken gespielt haben, hierher zu ziehen. Im Internet haben wir einen Ansprechpartner recherchiert und sind dabei auf die Agentur gestoßen, die uns zu einer Art Rückkehrer-Stammtisch eingeladen hat. Die Leute waren sehr offen und freundlich und wir haben uns sehr wohl gefühlt. Ende 2017 haben wir es dann gewagt und sind hierher gezogen.“ So wie den Döhlers geht es vielen. 70 Prozent von denen, die mit der Agentur Kontakt haben, ziehen hierher.

Rückkehr-Initiativen versuchen Weggezogene zurückzuholen
Quelle: Statista über IW Köln

Worauf die Rückkehr-Initiativen setzen

Etwas weiter im Osten, im brandenburgischen Spremberg, kümmert sich Sandra Krautz um die Rückkehrer. Wie im Harz, erhalten Interessenten hier Hilfe bei der Suche nach Schule, Kita, Job oder Immobilie. Allerdings gibt es hier eine Besonderheit: Die Rückkehragentur steht in engem Austausch mit der Arbeitsagentur. „Arbeit ist Dreh- und Angelpunkt bei der Entscheidung für oder gegen einen Umzug“, erklärt Krautz. Deshalb sammelt die junge Frau offene Stellenangebote und Jobwünsche der potenziellen Zuzügler und kann so Arbeitgeber und Arbeitnehmer direkt verbinden. Außerdem hat die Arbeitsagentur Cottbus einen Rückkehrer-Newsletter veröffentlicht, den die ortsansässigen Unternehmen erhalten. In diesem können potenzielle Zuzügler Job- und Gehaltswunsch sowie persönliche Informationen angeben. Hat ein Unternehmen Interesse an einer Person, kann es über die Arbeitsagentur Kontakt aufnehmen. In der Stadtverwaltung und den Standorten der örtlichen Wirtschaftsförderung liegen zudem Postkarten aus, die alle wichtigen Infos für Rückkehrer enthalten. Bei einem Termin in der Verwaltung können Eltern eine Karte mitnehmen und an ihre Kinder verschicken. Einmal im Jahr findet eine Veranstaltung für Rückkehrer und Zugezogene statt. „Wir haben die Veranstaltung absichtlich einen Tag vor das Heimatfest gelegt, weil viele Weggezogene dafür nach Hause kommen, um mit der Familie zu feiern. Hier konnten wir also besonders viele Menschen erreichen“, erklärt Krautz. Neben all den anderen Ständen gab es auch einen Informationsstand mit aktuellen Jobangeboten von der Agentur. „Die Stellenangebote kamen sehr gut an! Auf dem Fest und die Tage danach haben wir sehr viele Rückfragen bekommen“, freut sich Krautz. Sie weiß, dass jeder zusätzliche Einwohner ein Gewinn für die Region ist. Denn bislang bleiben die Einwohnerzahlen in den Orten mit Rückkehr-Initiativen seit ein paar Jahren konstant. 

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Auch von Njema Drammeh