Arbeitspflicht für Flüchtlinge: Mann fegt Straße
Eine Arbeitspflicht für Flüchtlinge? Ein Landrat setzt sie jetzt um.
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Flüchtlinge

Landrat setzt Arbeitspflicht für Asylbewerber um

Der Thüringer Landrat Christian Herrgott aus dem Saale-Orla-Kreis verpflichtet Flüchtlinge zu Arbeiten wie Straßenreinigen und Heckenschneiden. Wer sich weigert, dem drohen Strafen. Was ist die Grundlage dafür?

Arbeitspflicht für Flüchtlinge: Landrat Christian Herrgott will 150 Geflüchtete zur Arbeit verpflichten. Sie sollen an vier Stunden am Tag gemeinnützige Tätigkeiten übernehmen. Der Kommunalpolitiker sagt, er verspreche sich davon, dass die Menschen damit schneller integriert werden. Sie bekommen für ihre Tätigkeit 80 Cent pro Stunde. Zur Arbeit verpflichtet werden sollen Flüchtlinge, die in Gemeinschaftsunterkünften leben. "Es ist keine Ausbeutung, wir setzen einfach Recht und Gesetz um", betont der Landrat. Herrgott ist seit 9. Februar Landrat. Er hatte sich bei den jüngsten Wahlen in der Stichwahl nur knapp gegen der AfD-Kandidaten durchgesetzt. Die Entscheidung habe der Kreistag bereits im September vorigen Jahres getroffen, so Herrgott.

Asylbewerberleistungsgesetz erlaubt Arbeitspflicht

Darf eine Kommune gemeinnützige Arbeit tatsächlich verpflichtend anordnen? Ja. Nach der geltenden Rechtslage können Asylsuchenden sowohl Aufgaben innerhalb ihrer Unterkunft als auch Tätigkeiten bei staatlichen, kommunalen oder gemeinnützigen Trägern zugewiesen werden. Das sieht das Asylbewerberleistungsgesetz vor.

Bundesarbeitsminister Heil für solche Arbeiten

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hatte sich in der bereits seit Monaten laufenden Debatte klar dafür ausgesprochen, Asylbewerber für gemeinnützige Tätigkeiten heranzuziehen.  "Wir unterstützen es als Bundesregierung, wenn die Länder und Kommunen davon Gebrauch machen und Asylbewerber auch zu gemeinnützigen Tätigkeiten einsetzen", sagte Heil. "Wo das sinnvoll ist, kann und sollte das genutzt werden." Auch kommunale Spitzenverbände haben eine Arbeitspflicht für Flüchtlinge gefordert. Wer gesund ist und nicht gehandicapt ist, muss arbeiten. Eine Arbeitspflicht muss her", sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, bereits im Oktober 2023. Dabei sei es egal, ob es sich beispielsweise um gemeinnützige Arbeit oder eine Arbeit in der Gastronomie handele.

Der Ehren-Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, sagte zu KOMMUNAL: "In Deutschland fehlen überall Arbeits- und Fachkräfte. Gleichzeitig kommen jedes Jahr Zehntausende von Flüchtlingen ins Land, die grundsätzlich erwerbsfähig sind." In vielen Kommunen sollte es möglich sein, auch gemeinnützige Arbeit für diesen Personenkreis zu organisieren, so Landsberg. "Das fördert die Integration und auch die Deutschkenntnisse durch den Kontakt mit den Menschen." Er gab aber zu bedenken, dass das Potenzial für gemeinnützige Arbeit nicht unbeschränkt sei und es auch Konflikte mit der örtlichen Wirtschaft geben könne, wenn dadurch Aufträge an private Unternehmen reduziert würden. "Sinnvoller wäre es daher, von vornherein Asylbewerber mit Bleibeperspektive die Möglichkeit zu eröffnen, zu arbeiten."

Arbeitspflicht für Flüchtlinge

Der Flüchtlingsrat Thüringen kritisiert die verpflichtende Regelung im Saale-Orla-Kreis jetzt scharf. Sollten die Menschen möglichst schnell integriert werden, brauche es statt einer Verpflichtung zu arbeiten einen schnelleren Zugang zu Sprachkursen. Doch vielfach fehlen die Lehrkräfte dafür.

Arbeitspflicht für Asylbewerber kontrovers diskutiert

Eine Arbeitspflicht für Asylbewerber ist aber auch unter Kommunalpolitikern umstritten. So forderte der Waldkirchener Bürgermeister Heinz Pollak. "Asylbewerber sollten sich im kommunalen und gemeinnützigen Bereich engagieren, zum Beispiel in der Pflege. Am sinnvollsten wäre es, wenn sie sofort arbeiten dürfen und müssen." Der Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay, hingegen verwies in der Debatte darauf, dass im Grundgesetz, Artikel 12 (2) steht: Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden. Dies gilt auch für Asylbewerber und Asylbewerberinnen, die in unserem Land leben. Und: "Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht", so Onay.

Die rechtliche Grundlage im Asylbewerberleistungsgesetz (§ 5, Arbeitsgelegenheiten) finden Sie hier.

Lesen Sie auch das Pro & Contra Arbeitspflicht für Asylbewerber: