Mobiliätswende
Kommune zahlt Prämien für abgeschaffte Autos
Denzlingen im Landkreis Emmendingen ist ein wichtiger Drehkreuz von Bus und Bahn. Die nächstgelegene Großstadt Freiburg im Breisgau, zehn Kilometer südlich des Ortes, wird im 15-Minuten-Takt angefahren. 120 Züge stoppen täglich am Denzlinger Bahnhof. Trotzdem sind in der Gemeinde 11.500 PKWs angemeldet. Zu viele findet Bürgermeister Markus Hollemann und forciert den Umstieg auf den Öffentlichen Nahverkehr und aufs Fahrrad. Damit die Bürgerschaft Geschmack an emissionsarmer Bewegung findet, lässt sich die Stadt einiges einfallen.
Mobilität der Zukunft: kommunale Autofrei-Prämie
Wer sich in Denzlingen dazu entschieden hat, das Auto abzuschaffen, bekommt einen Gutschein von 500 Euro als Autofrei-Prämie" und entscheidet selbst, wie er oder sie den Gutschein einlöst:
- Zuschuss zu einer Jahres-Regio-Karte des Öffentlichen Nahverkehrs.
- Vollständige Kostenübernahme der BahnCard 50 für ein Jahr.
- Zuschuss zum Kauf eines E-Bikes oder, falls nötig, die Umrüstung eines vorhandenen Bikes.
- Gutschein für Gewerbe, Einzelhandel und Gastronomie zur Unterstützung des heimischen Wirtschaftsnetzwerk - allerdings ist dieser Gutschein auf 200 Euro begrenzt.
Car-Sharing-Angebote werden unterstützt
Alle, die auf Car-Sharing setzen, werden dafür belohnt: Die Anmeldegebühr für die Teilnahme wird bis zu einer Höhe von 60 Euro ebenfalls von der Kommune übernommen. Damit das Angebot attraktiver wird, hat sich die Kommunalverwaltung selbst dafür eingesetzt, dass die beiden Anbieter mehr Stellplätze zur Verfügung gestellt bekommen, damit sie mehrere Fahrzeuge vorhalten kann. Immerhin 3.000 bis 4.500 Kilometer sind die Fahrzeuge im vergangenen Jahr unterwegs gewesen. "Als Kommune hoffen wir, dass wir damit mehr und mehr Menschen dazu bewegen können, zunächst einmal die Zweit- und Drittautos abzuschaffen. Wir können unsere Klimaziele nur erreichen, wenn sich mehr Bürgerinnen und Bürger dafür entscheiden, diese Ziele auch aktiv zu unterstützen", unterstreicht Markus Hollemann.

Ein weiterer Baustein: ein Radschnellweg
Bereits seit drei Jahren laufen die Planungen für einen Radschnellweg, der auf 21 Kilometern von der Stadtgrenze Freiburgs über Denzlingen bis nach Emmendingen und Waldkirch führen soll. Auf der direkten, gradlinigen Trassenführung soll genug Platz sein, damit schnellere Radlerinnen und Radler langsamere Weggefährten problemlos überholen können. Das Nutzungspotenzial wurde mit 2.000 Fahrten pro Tag prognostiziert. "Die Öffentlichkeitsbeteiligung zum Radschnellweg begann im Herbst 2020. Nach einer Auftaktveranstaltung im Dezember 2020 hatten interessierte Bürgerinnen und Bürger sechs Wochen lang die Möglichkeit, Hinweise zur Planung der Trasse auf einer interaktiven Karte im Internet einzutragen", heißt es im Portal "RadKULTUR Baden-Württemberg". Hier sind die Einzelheiten des Projektes nachzulesen. Einziger Wermutstropfen: Baubeginn ist erst 2018. Immerhin: Die Finanzierung steht. Bürgermeister Markus Hollemann: "Die Kosten für den Radschnellweg hat das Land Baden-Württemberg übernommen. Das Land fördert nur solche Strecken, die laut Gutachten eine gute Nutzung versprechen. Letztendlich werden aber auch hier die Bürgerinnen und Bürger darüber entscheiden, ob das Projekt ein Erfolg wird."
E-Mobilität: keine Förderung in Denzlingen
Den Umstieg von Verbrennern auf E-Autos unterstützt die Gemeinde dagegen nicht. Der Grund dafür liegt für Markus Hollemann auf der Hand: "Für mich liegt die Zukunft der Mobilität in einem Mix aus selbstfahrendem, öffentlichem Nahverkehr, Fahrradnutzung für Kurzstrecken sowie Ruf- und Sammeltaxis." Allerdings unterstützt die Kommune die Anschaffung von E-Lastenrädern und E-Lastenanhängern: auch dafür stehen den Bürgerinnen und Bürger bis zu 500 Euro zur Verfügung.
Mobilitätswende - jetzt?
Mit einem schnellen Durchbruch in der Mobilitätswende in Deutschland rechnet der Bürgermeister nicht: "Die Bürokratie in diesem Land ist nicht nur in diesem Bereich eine Katastrophe. Wir müssen wieder mehr gesunden Menschenverstand walten lassen. Zudem brauchen Bürgerschaft und Kommunen - als Treiber des Wandels - deutlich mehr Entscheidungsfreiheit und auch deutlich mehr Geld. Schließlich kennen wir die Verhältnisse vor Ort am Besten." Es könne nicht sein, sagt er, dass Bund und Land Gelder erst einziehen und dann dirigistisch wieder umverteilen.

