Per Blitzer nehmen Länder und Kommunen Milliardensummen von Autofahrern ein - doch es gibt auch Städte, die damit Verluste einfahren...
Per Blitzer nehmen Länder und Kommunen Milliardensummen von Autofahrern ein - doch es gibt auch Städte, die damit Verluste einfahren...
© imago

Neue Trends

Reich durch Blitzer? So viel verdienen Kommunen mit Radarfallen wirklich

Allein die Zahl der Blitzeranhänger ist in Deutschland in diesem Jahr auf deutlich über 400 gestiegen. Das sind mobile Überwachungsanlagen, die Städte und Landkreise an wechselnden Standorten einsetzen können. Immer mehr Kommunen übernehmen das Blitzen von Rasern selbst. Denn die Einnahmen dürfen sie behalten - müssen aber dann auch die Kosten tragen.

Wo Deutschlands erfolgreichste Blitzer stehen, bleibt ein Rätsel. Denn eine zentrale Übersicht, mit welcher Radaranlage wie viel Geld eingenommen wird, gibt es nicht. Und die Städte und Landkreise sind auch sehr zurückhaltend mit der Veröffentlichung von Zahlen. Trotzdem weisen die Haushalte vieler großer Städte und Landkreise Daten aus, aus denen sich Rückschlüsse ziehen lassen. Andere Landkreise und Städte gehen offener damit um und beziffern auch die Kosten. Denn auch die sind oft nicht unerheblich. So gab es lange Zeit auch Kommunen, die mit ihren Radarfallen unterm Strich ein Minus einfuhren. Wir haben die bekannten Daten zusammengefasst und ausgewertet. 

Hier steht Deutschlands bekanntester Blitzer - aber ist er auch der Erfolgreichste?

Die Autobahn 2 ist eine der größten Autobahnen der Republik, zieht sich vom Ruhrbebiet über Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bis nach Brandenburg. Kurz vor der Landesgrenze zwischen NRW und Niedersachsen steht in Bielefeld Deutschlands wohl bekanntester Blitzer. Und obwohl er so bekannt ist, blitzt das Gerät weiterhin fast im Minutentakt. Aktuelle Zahlen gibt es zwar nicht, bekannt sind aber die Werte aus dem Jahr 2017. Damals hatte die Stadt allein durch diesen einen Blitzerstandort (Achtung: Es werden alle 3 Richtungsfahrbahnen einzeln erfasst und sind mit jeweils einem Blitzer versehen) 121.000 Bußgeldbescheide verschickt. Die Einnahmen in dem Jahr: 6,3 Millionen Euro. 

Inzwischen dürfte die Zahl der Bußgeldbescheide etwas zurückgegangen sein. Der Blitzer, der an einem Stück steht, wo es bergab geht, ist fast jedem Autofahrer bekannt. Gleichzeitig wurde inzwischen der Bußgeldkatalog deutlich verschärft, die Kosten für einen Blitzer deutlich erhöht. So dürfte sich die Einnahmesituation für die Stadt eher verbessert haben. 

Auch hier ein Beispiel: Die 100.000-Einwohner-Stadt Moers hat im Jahr 2021 etwa 331.000 Euro an Bußgeldern verzeichnen, 2022 hingegen flossen 1,3 Millionen Euro in die Kasse.

Bis zu 10 Millionen Euro Einnahmen in einem Jahr?

Doch zumindest im vergangenen Jahr könnte ein Blitzer an einer Baustelle auf der B27 im Landkreis Reutlingen den Bielefeldern den Rang abgelaufen haben. In Waldorfhässlach hat der Landkreis auf der Strecke einen solchen Blitzer eingerichtet - während der Zeit der Baustelle im vergangenen Jahr war dort nur Tempo 60 erlaubt. In der Zeit, so die Zahlen des Landkreises, hat es dort täglich 1400 Mal geblitzt - das waren 60 Blitzer pro Stunde oder jede Minute einer. Geht man von der durchschnittlichen Einnahmehöhe wie in Bielefeld aus, so würden sich die Einnahmen auf das gesamte Jahr gerechnet auf 10 Millionen Euro summieren.

Wie viele Blitzermillionäre es unter Deutschlands Kommunen gibt

Der Deutsche Anwaltsverein bemüht sich seit Jahren, genauere Angaben zu den Einnahmen und Ausgaben durch Blitzer zu bekommen. So wurden auch im vergangenen Jahr wieder 150 Großstädte in Deutschland angeschrieben mit der Bitte, ihre Einnahmen und Ausgaben zu benennen. Allerdings ist die Auskunftsfreudigkeit der zuständigen Stellen durchaus überschaubar. Lediglich ein Viertel der angeschriebenen Kommunen haben geantwortet. Die jedoch waren durch die Bank praktisch "Blitzermillionäre", nahmen also aufs Jahr gerechnet mehr als eine Million Euro ein.

Berlin etwa kommt demnach auf 30 Millionen Euro, Köln auf 22 und Düsseldorf auf 15 Millionen Euro. Wohlgemerkt, nur durch Blitzer. Die Einnahmen aus der Überwachung des ruhenden Verkehrs sind hier noch nicht enthalten.

Auch hier ein Beispiel. München nimmt rund 1,5 Millionen Euro durch Blitzer ein. Dazu kommen aber eine doppelt so hohe Summe durch Falschparker. Nämlich 3 Millionen Euro im Jahr 2023.

Unter den zahlreichen Städten, die dem Anwaltsverein keine Daten übermittelt haben, ist auch die Stadt Hamburg. Von ihr ist bekannt, dass sie im Jahr zuvor, also im Jahr 2022 rund 44 Millionen Euro eingenommen haben. Nun melden die meisten Kommunen, die dem Anwaltsverein genatwortet haben, für das Jahr 2023 steigende Einnahmen. Entsprechend ist es wahrscheinlich, dass Hamburg somit weiterhin Deutschlands Spitzenreiter unter den Blitzermillionären ist. Hamburg ist übrigens auch die deutsche Stadt mit den meisten Blitzergeräten - 70 Stück waren es im Jahr 2022. Zum Vergleich: Leipzig kommt auf 34 Geräte und lag damit an zweiter Stelle. Auffällig: Im Jahr 2022 lag Leipzig bei den Einnahmen an dritter Stelle hinter Hamburg und Chemnitz. Für das Jahr 2023 meldeten alle drei Städte keine Zahlen. 

Großstädte offenbar besonders fleißig, Einnahmen in den Landkreisen deutlich geringer, die Kosten aber höher 

Schaut man sich die Zahlen in ländlichen Regionen an, so fällt ein Schluss nicht schwer: Die hochverschuldeten deutschen Großstädte nehmen offensichtlich durch die Radarfallen deutlich mehr Geld ein, als die weniger dicht besiedelten Regionen. 

Dazu muss man allerdings auch wissen, dass verschiedene Stellen Radarfallen aufbauen dürfen.

Generell darf zunächst die Polizei blitzen. Dann allerdings landet das Geld im Säckel des jeweiligen Bundeslandes. 

Daher übernehmen häufig die Landkreise und kreisfreien Städte das Blitzen. Denn die Anschaffung der Geräte und das Vorhalten des Personals ist teuer, so dass es für kleinere Gemeinden häufig zu teuer ist, den Verkehr selbst zu überwachen. In vielen Landkreisen kommt es daher auch vor, dass sowohl Polizei, als auch der Landkreis und an einigen Stellen einzelne Kommunen sich die Verkehrsüberwachung teilen. 

Beispiel: Der Landkreis Lippe. Dort hat man sich als Landkreis im November 2022 einen Blitzeranhänger gekauft. Er wird im Schnitt einmal in der Woche an einen neuen Standort verlegt. 1,4 Millionen Euro nahm der Landkreis insgesamt mit seinen Blitzeraktivitäten im Jahr 2023 ein. Aufgrund der Zahlen hat der Landkreis sich inzwischen einen zweiten Blitzeranhänger gekauft. In den Einnahmen sind aber die Werte der zum Kreis Lippe gehörenden Stadt Detmold (Kreisstadt) nicht enthalten. Denn die Stadt ist groß genug, dass es sich lohnt, selbst die Verkehrsüberwachung zu übernehmen. 

Das Landratsamt im Ostalbkreis nahm mit seinen Radargeräten im vergangenen Jahr mehr als zwei Millionen Euro ein - eine Verdopplung seit 2021. Auch in der Summe sind nicht die Einnahmen enthalten, die die Polizei sowie die großen Kreisstädte Aalen, Schwäbisch Gmünd und Ellwangen mit ihren Messgeräten eingenommen haben.

Zahlen gibt es auch für Bayern: Dort haben knapp 900 der 2000 Kommunen die Verkehrsüberwachung inzwischen in die eigene Hand genommen. Die Tendenz der letzen Jahre: Deutlich steigend. 

Wenn die Verkehrsüberwachung zum Minusgeschäft wird 

Alle Landkreis und Städte betonen immer wieder, dass die Vekehrsüberwachung in erster Linie nicht der Generierung von Einnahmen dient. Die Sicherheit spielt eine große Rolle. Daher sind Schwerpunkte der Verkehrsüberwachung auch sehr häufig Tempo 30 Zonen etwa vor Schulen oder Kitas. Auch vor Seniorenresidenzen wird besonders häufig geblitzt. 

Und so kann die Verkehsüberwchung auch für Kommunen durchaus zum Minusgeschäft werden. 

Die Stadt Regensburg etwa meldete für das Jahr 2021 zwar ebenfalls Einnahmen in Höhe von 1,2 Millionen Euro durch Blitzer. Dem standen aber Ausgaben in Höhe von 1,6 Millionen Euro gegenüber. 

Die Kostenhöhe ist dabei nicht ungewöhnlich - hier werden Verwaltungs- und Sachkosten zusammengezogen. Auch die Stadt Nürnberg etwa meldete im Jahr 2021 Kosten von 1,9 Millionen Euro, im deutlich kleineren Würzburg lagen die Kosten bei 700.000 Euro. Beide Städte haben aber unterm Strich trotzdem noch ein Plus eingefahren. 

Das sind die neuesten Trends in der Verkehrsüberwachung 

Der oben beschriebene Blitzeranhänger aus dem Kreis Lippe ist in der Tat einer der Trends der vergangenen Jahre. Auch die ebenfalls in der Region liegenden Landkreise Holzminden und Hameln-Pyrmont setzen seit zwei beziehungsweise einem Jahr auf diese "Panzerblitzer", wie sie auch genannt werden. 

Doch seit einigen Monaten hält auch das Thema Künstliche Intelligenz Einzug in die deutsche Verkehrsüberwachung. Während bisher der Anteil von Geschwindigkeits- und Rotlichtverstößen besonders hoch war, könnten auch sogenannte „Handy-Blitzer“ künftig dazu beitragen. In diesen Geräten sind Kameras eingebaut, die mit einer Künstlichen Intelligenz ausgestattet sind. Diese filmen vorbeifahrende Verkehrsteilnehmer. Sollte die KI erkennen, dass der Fahrer ein Mobiltelefon in seiner Hand hält, werden die Aufnahmen ausgewertet und der Beschuldigte zur Kasse gebeten.