Job-Pflicht für Stütze-Empfänger
Stadt beschließt Arbeitspflicht für Bürgergeld-Empfänger
"Wir haben die Arbeitspflicht für vier Stunden pro Tag eingeführt, weil das Asylbewerberleistungsgesetz die Möglichkeit dafür bietet. Ich sehe dies als wesentlichen Integrationsbaustein für die Menschen, die zu uns kommen. Wir holen sie gleich ab, indem wir ihnen gemeinnützige Tätigkeiten zuweisen." Mit diesen Worten kündigte Christian Herrgott, Landrat im Saale-Orla-Kreis in Thüringen im April vergangenen Jahres im KOMMUNAL-Interview die neue Regelung an. Er war der erste Landrat in Deutschland, der von der Regelung Gebrauch machte.
Zuvor lief die Diskussion über eine Einführung einer Arbeitspflicht seit längerem Erstmals im September 2023 äusserte sich mit Heinz Pollak, dem ersten Bürgermeister der Stadt Waldkirchen in Bayern, ein Kommunalpolitiker per KOMMUNAL zum Thema zu Wort. Pollak fragte damals im KOMMUNAL-Gastbeitrag provokativ: "Warum soll ein studierter Sportpädagoge aus Syrien nicht mit den Grundschulkindern nachmittags Sport machen?"
Und weiter argumentierte er: "Bei uns in Waldkirchen werden dringend Service-Mitarbeiter in Hotels und Gaststätten gesucht. Bei der Stadt haben wir derzeit allein sechs offene Stellen, unter anderem für Reinigungskräfte in unseren Schulen und Kindergärten. Viele unserer Asylbewerber und Flüchtlinge haben Handwerksberufe gelernt. Es gibt viel zu tun."
Weitere Landkreise folgten dem Beispiel - nun geht Schwerin voran
Auch der Landkreis Greiz, ebenfalls in Thüringen, machte sich in Sachen Asylbewerber früh auf den Weg, neue Wege zu gehen. Der Landkreis war der erste in Deutschland, der die Bezahlkarte für Flüchtlinge einführte. Im vergangenen Jahr kam dann auch dort die Arbeitspflicht für Asylbewerber. Schon damals forderte Landrat Uli Schäfer aber ebenfalls eine Arbeitspflicht für alle Bürgergeld-Empfänger.
Weiter nördlich, in Mecklenburg-Vorpommern, wird das nun erstmals in Deutschland Wirklichkeit. In Schwerin werden Bürgergeldempfänger künftig zur Arbeit verpflichtet. Anlass war ein Antrag der AfD, nach dem Vorbild einiger Landkreise auch in Schwerin die Arbeitspflicht für Asylbewerber zu ermöglichen. Per Änderungsantrag stellte die CDU dann die Forderung auf, die Arbeitspflicht auf alle Bürgergeld-Empfänger auszuweiten.
Der Stadtrat beschloss die Maßnahme gegen den Widerstand ihres Oberbürgermeisters Rico Badenschier mit 24 zu 16 Stimmen mehrheitlich. Der Oberbürgermeister argumentierte mit zu hohem Personal- und Kostenaufwand.
Hintergrund: Gehen Bürgergeldempfänger zusätzlich einer Tätigkeit nach, müssen Sie dafür mit mindestens zwei Euro Stundenlohn vergütet werden. Asylbewerber hingegen bekommen pro Stunde nur mindestens 80 Cent. Diese 80 Cent seien im Haushalt darstellbar, nicht aber zwei Euro pro Stunde, so die Begründung von Badenschier. Nach dem Beschluss muss er die Arbeitspflicht nun umsetzen. Wer sich der Pflicht verweigert, dem sollen Geldstrafen drohen.
Bis es soweit ist, wird es aber noch etwas dauern: Denn zunächst hat der Stadtrat beschlossen, dass die Stadt ein entsprechendes Konzept zu erstellen. Darin soll dann genau definiert werden, wer zu welchen Konditionen in welchen Bereichen eingesetzt werden soll. Die Stadt will das Konzept gemeinsam mit der Arbeitsagentur erstellen und benötigt dafür nach eigenen Angaben noch mehrere Monate.
Schwerin löst deutschlandweite Diskussion über Arbeitspflicht aus
Nun laufen bekanntlich die Vorbereitungen zur Bundestagswahl und die Parteien sind im Wahlkampf. Entsprechend hat der Beschluss des Stadtrates in Schwerin auch die Bundespolitik aufhorchen lassen. CDU Generalsekretär Carsten Linnemann forderte am Wochenende bereits, die "Job-Pflicht für Stütze-Empfänger" müsse deutschlandweit kommen. Wörtlich sagte er der Bild-Zeitung: Jeder, der in Deutschland Bürgergeld bezieht und arbeiten kann, muss arbeiten gehen. Ansonsten darf es keine Sozialleistungen mehr geben.“
Auf kommunaler Ebene wünschen sich einige Landräte vom Bund vor allem mehr Sanktionsmöglichkeiten. Bisher dürfen Sozialleistungen für Arbeitspflicht-Verweigerer um maximal 10 Prozent gekürzt werden. Der Landrat im Saale-Orla-Kreis, Hergott hält das aus seiner Erfahrung für zu wenig. "Das bringt nichts, wenn ich nur von 550 auf 500 Euro falle und dafür weiter den ganzen Tag freihabe“, so der Landrat.
Auch die ums parlamentarische Überleben kämpfende FDP sieht in dem Schweriner Vorstoß ein Vorbild für Deutschland. Ihr Sprecher für Bürgergeld, Jens Teutrine sieht darin "eine Frage des Respekts gegenüber den Steuerzahlern". „Sozial ist es, Bedürftige zu unterstützen, aber nicht jene, die Bedürftigkeit vortäuschen," so Teutrine.
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Martin Rosemann, hält das Modell aus Schwerin hingegen für falsch. "Das ist der Griff in die arbeitsmarktpolitische Mottenkiste", sagte er der Tageszeitung Welt. Als Grund nennt er "mangelnde Passgenauigkeit von Stellen und Bewerbern" sowie "größere Vermittlungshemmnisse bei vielen Bürgergeld-Empfängern".