Innenminister Joachim Herrmann nachdem der Gesetzesentwurf zum Verbot der Verpackungssteuerim Sommer beschlossen wurde.
Innenminister Joachim Herrmann nachdem der Gesetzesentwurf im Sommer beschlossen wurde.
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Kommunale Selbstverwaltung

Deckel drauf? Bayern verbietet Städten die Verpackungssteuer

Als bisher einziges Bundesland schließt Bayern die Tür für kommunale Verpackungssteuern. Der Landtagsbeschluss stoppt Pläne von mindestens neun Städten – während Tübingen und Konstanz messbare Erfolge bei der Müllreduktion erzielen. Erste Institutionen erwägen Klagen.

Der bayerische Landtag hat am Mittwoch ein landesweites Verbot kommunaler Verpackungssteuern beschlossen. Als bisher einziges Bundesland schließt Bayern diese Einnahmequelle für Städte und Gemeinden dauerhaft aus. Die Änderung des Kommunalabgabengesetzes ergänzt das seit 1979 bestehende Verbot von Bagatellsteuern und tritt im Januar 2026 in Kraft.

Neun bayerische Städte hatten vor dem Beschluss Interesse an einer solchen Abgabe signalisiert. München, Nürnberg und Ingolstadt befanden sich in der Prüfungsphase. Regensburg, Bamberg und Germering hatten das Thema bereits in der Beratung. Aschaffenburg, Schwabach und Straubing zeigten bei einer Umfrage im April dieses Jahres grundsätzliches Interesse. Diese Pläne sind nun vom Tisch.

Städtetag kritisiert Eingriff in kommunale Finanzhoheit

Bereits im Sommer, als der Gesetzesentwurf beschlossen wurde, meldete sich Bernd Buckenhofer, Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, zu Wort. Er bezeichnet das Verbot als „unbegründeten und überzogenen Eingriff in die kommunale Finanzhoheit“. Die Entscheidung schwäche die kommunale Selbstverwaltung.

Eine der Städte, die eine Verpackungssteuer erwogen, war Bamberg. In der Stadt besteht eine Haushaltsvollzugsauflage, alle Einnahmepotenziale voll auszuschöpfen. Mit dem Landesverbot wird der Stadt nun eine Einnahmemöglichkeit verwehrt. Bamberg will über den Städtetag mit anderen betroffenen Kommunen das weitere Vorgehen ausloten – eine Klage ist nicht ausgeschlossen.

Innenminister Joachim Herrmann begründet die Ablehnung mit Bürokratieabbau und dem Schutz der Wirtschaft. Eine Verpackungssteuer würde zu „absurden Fallkonstellationen führen. Zudem stünde sie im Widerspruch zur geplanten Umsatzsteuersenkung für die Gastronomie von 19 auf sieben Prozent ab Januar 2026.

Wo Verpackungssteuer läuft, sinkt der Müll messbar

Dabei belegen Erfahrungen aus anderen Bundesländern den Erfolg der Abgabe. Tübingen erhebt seit Januar 2022 eine Verpackungssteuer von 50 Cent für Einwegverpackungen und Einweggeschirr, 20 Cent für Einwegbesteck. Die Bilanz nach knapp vier Jahren: Die Zahl der Gastronomiebetriebe mit Mehrwegangeboten hat sich vervierfacht. 73 Prozent der Betriebe haben ihren Einwegverpackungsverbrauch reduziert. Die Stadt nahm 2022 über eine Millionen Euro ein bei Verwaltungskosten von etwa 100.000 Euro. Die Satzung der Universitätsstadt Tübingen über die Erhebung einer Verpackungssteuer finden Sie hier:

Konstanz führte die Steuer im Januar 2025 ein. Eine Evaluation der Stadt in Kooperation mit der Universität Konstanz nach neun Monaten zeigt: Der Müll im öffentlichen Raum sank um 4,7 Prozent – das entspricht 14 Tonnen oder umgerechnet rund einer Million Einwegbechern. In einzelnen Stadtteilen lag der Rückgang bei bis zu 14 Prozent. Der Haken bei der Studie: Einwegbehältnisse sind deutlich leichter als anderer Müll. Während die Reduktion im Volumen von 4,7 Prozent nicht besonders hoch wirkt, ist die Zahl an eingesparten Behältnissen von rund einer Million eine deutlich positivere Bilanz. Ein Anbieter von Mehrweggeschirr verzeichnete ein Wachstum von 60 Prozent bei den teilnehmenden Betrieben. Mittlerweile gibt es über 100 Ausgabestellen für Mehrwegverpackungen in der Stadt.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Verpackungssteuer am 22. Januar 2025 für verfassungsgemäß erklärt. Das Gericht bestätigte die Steuer als „örtliche Verbrauchsteuer und sah keinen Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes.

Signalwirkung für andere Bundesländer?

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) prüft rechtliche Schritte gegen das bayerische Verbot. Geschäftsführerin Barbara Metz fordert andere Bundesländer mit Genehmigungspflicht auf, ihren Kommunen die freie Entscheidung zuzusichern. Neben Bayern benötigen Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern eine Landesgenehmigung für die Einführung einer Verpackungssteuer. In den übrigen elf Bundesländern können Städte und Gemeinden eigenständig entscheiden.

In Bayern fallen jährlich mehr als 900 Millionen Einweg-Getränkebecher und 725 Millionen Einweg-Essensverpackungen als Abfall an. Bundesweit sind es über 14 Milliarden Einwegartikel pro Jahr – Tendenz steigend. Die Mehrwegquote liegt bei etwa einem Prozent.

Neben Tübingen und Konstanz haben zehn weitere Städte in Deutschland eine Verpackungssteuer bereits beschlossen: Bonn, Bremen, Freiburg, Hameln, Heidelberg, Köln, Nellingen, Oberhausen, Rottenburg und Troisdorf. Laut einer Umfrage zeigten im April 2025 insgesamt 144 Städte bundesweit Interesse an einer solchen Abgabe.