Der Wohnungsbau bricht massiv ein - die Gründe liegen auf der Hand, machen Kommunen die Planung aber immer schwerer
Der Wohnungsbau bricht massiv ein - die Gründe liegen auf der Hand, machen Kommunen die Planung aber immer schwerer
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Baukosten und Zinsen auf Rekordniveau

Wohnungsbau bricht massiv ein - was das für Kommunen bedeutet

Der Wohnungsbau in Deutschland bricht nach neuen Zahlen massiv ein. Auch die Angebotspreise sind offenbar in vielen Regionen Deutschlands im Sinkflug. Was bei gleichzeitiger Explosion der Baupreise auch Kommunen mit ihren Projekten für bezahlbaren Wohnraum vor erhebliche Probleme stellt. Ein Überblick:

Der Wohnungsbau in Deutschland stockt. Im Monat Juni ist die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent eingebrochen. Ein Warnsignal, lag die Zahl der Baugenehmigungen doch auch in den ersten fünf Monaten des Jahres schon gut 2 Prozent niedriger als im Vorjahr. Laut Statistischem Bundesamt genehmigten die Behörden im ersten Halbjahr den Neu- und Umbau von rund 185.000 Wohnungen. Die Fachgewerkschaft IG Bau spricht daher schon von einem "Alarmsignal". Auch der Bundesverband der Freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen sagt: "Das ist keine Delle beim Neubau, das ist die Vollbremsung einer ganzen Branche". Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 Wohnungen im Jahr zu bauen, sehen beide Verbände jedenfalls in weite Ferne gerückt. 

Beim Wohnungsbau gibt es regional große Unterschiede 

Auffallend ist aber, dass es nicht alle Regionen Deutschlands gleichermassen betrifft. Schaut man auf die Verkaufspreise für Häuser, so hat es offenbar den Landkreis Oberspreewald-Lausitz in Brandenburg am härtesten getroffen. Hier sanken die Preise für Eigentumswohnungen im ersten Halbjahr laut der Onlineplattform Immoscout24 im ersten Halbjahr um über 30 Prozent. Einen ähnlich dramatischen Rückgang erlebten demnach Häuser in Rostock. Das Minus hier beträgt laut der Plattform, aus der die Zeitung "Wirtschaftswoche" zuerst berichtete, bei 29 Prozent. ein Minus von über 20 Prozent verzeichnen zudem der Wartburgkreis und das Herzogtum Lauenburg. 

Deutsche Großstädte hingegen sind weniger stark betroffen. Deutschlands teuerstes Pflaster, München, verzeichnet einen Rückgang der Preise um 7,4 Prozent, Häuser in Düsseldorf sind gut 6 Prozent günstiger als noch im Januar. 

Auf der anderen Seite sind es aber offenbar Städte in der zweiten Reihe, die weiter Preisanstiege verbuchen. Wuppertal etwa im Bergischen Land in NRW mit seinen rund 350.000 Einwohnern verzeichnete einen Preisanstieg von gut 16 Prozent. 

Unterm Strich listet das Portal für 173 von 312 untersuchten Städten und Landkreisen (untersucht wurden nur Landkreise mit mehr als 100.000 Einwohnern) sinkende Preise auf. Das ist etwas mehr als die Hälfte der untersuchten Landkreise. 

Viele Projekte beim Wohnungsbau in Kommunen werden storniert 

Besondere Sorge macht der Baubranche auch die kurzfristige Absage von bereits geplanten Bauprojekten durch Bauträger. Terminverschiebungen sind an der Tagesordnung, heißt es in der Branche. Auch und insbesondere Projekte des sogenannten "Sozialen Wohnungsbaus" sind betroffen. So ergab etwa eine Umfrage des Verbands norddeutscher Wohnungsbauunternehmen jüngst, dass die große Mehrheit der gut 100 Befragten Verbände nicht davon ausgeht, die selbstgesteckten Ziele in diesem Jahr zu erreichen. In Hamburg etwa seien rund 10.000 neue Wohnungen geplant, davon 35 Prozent Sozialwohnungen. Schon im vergangenen Jahr konnten aber nicht mehr 35, sondern nur noch 20 Prozent subventioniert werden. Die Zahl der gebauten Wohnungen dürfte zudem deutlich geringer als 10.000 ausfallen. Ähnliche Zahlen berichtet der Verband auch aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. 

"Aktuell türmen sich so viele Probleme auf und überlagern sich so viele Krisen gleichzeitig, dass der Stabilitätspfeiler der sozial orientierten Wohnungswirtschaft deutliche Risse bekommt", sagt ein Sprecher des Bundesverbandes der deutschen Wohnungsunternehmen. 

Das sind die Gründe für den stockenden Wohnungsbau - und die Auswirkungen auf die Mietpreise 

Die Gründe liegen derweil auf der Hand. „Die Wohnungsmärkte befinden sich im Spannungsfeld zwischen Inflation, Zinswende, Baukostensteigerungen, realwirtschaftlichem Neubaubedarf und klimapolitischen Zielen“, sagt Michael Bender, Head of Residential beim Immobiliendienstleister JLL in Deutschland. „In dieser von Unsicherheit geprägten Phase sind einige Akteure vorsichtig und verschieben ihre Investitionsentscheidungen.“

Was dazu kommt, sind massive Lieferprobleme. Laut Ifo-Institut melden 45 Prozent aller Betriebe der Wohnungswirtschaft Lieferprobleme. 11,5 Prozent aller geplanten Unternehmen hätten daher schon Projekte storniert, so das Institut. 

Neben den stark gestiegenen Baukosten machen auch die im Jahresvergleich inzwischen dreimal höheren Bauzinsen viele Neubauprojekte inzwischen unrentabel. Die Mietrendite diverser Bauprojekte rutscht ins Minus. Die Mehrkosten können durch höhere Mieten auch in der privaten Wohnungswirtschaft oft nicht aufgefangen werden. Durch die Inflation gebe es aufgrund der explodierenden Energiekosten kaum Spielraum bei den Kaltmieten, heißt es etwa beim Immobiliendienstleister Colliers. Gleichzeit ist die Zahl der angebotenen Immobilen deutschlandweit übrigens in den letzten Monaten um 16 Prozent gestiegen. Der Grund: Viele Eigentümer rechnen mit sinkenden Preisen und wollen vorher verkaufen. 

Für Kommunen mit Bestandsimmobilien ist noch wichtig: Vor allem ältere und unsanierte Wohnungen dürften in den nächsten Monaten erheblich an Wert verlieren. Ein Sprecher von Immowelt sagte wörtlich: "Besonders bei älteren, unsanierten Wohnungen dürfte die Nachfrage zurückgehen. Denn neben den gestiegenen Zinsen erschweren die hohen Sanierungskosten sowie der Handwerkermangel den Kauf zusätzlich.“