© Adobe Stock

Forsa Aktuell

Medien und Corona: Ein Zerrbild der Realität

Die in den Kommunen Verantwortlichen sollten sich in der Corona-Krise nicht durch die verzerrte und überwiegend negative Berichterstattung in den Medien irritieren lassen. Die große Mehrheit will, dass der Schutz der Bevölkerung weiter Priorität hat, meint Forsa-Chef Manfred Güllner.

In der Corona-Krise haben sich zwei, bereits vor Ausbruch der Pandemie vorhandene und von den Bürgern beklagte Problembereiche noch einmal verschärft gezeigt. Das sind zum einen die durch die Länderhoheit in diesem Bereich verursachten uneinheitlichen Strukturen im Schul- und Bildungsbereich. Dass es bei der schrittweisen Öffnung der Kitas und Schulen im März kein  bundesweit einheitliches Vorgehen gibt, bedauert dann auch die Mehrheit der Bundesbürger, die lieber eine einheitliche Regelung gehabt hätten. Zum anderen zeigt sich im Verlauf der Corona-Krise immer deutlicher, dass die Berichterstattung der Medien über die Stimmung der Menschen mit den tatsächlichen Befindlichkeiten oft wenig zu tun hat und generell zu einem Übermaß an negativen Meldungen und zur Verbreitung von Horrorszenarien neigt.

Forsa 1

Corona-Maßnahmen: Die Mehrheit hält sie für richtig

So unterstellen die Medien seit letzten Herbst immer häufiger, dass die Zustimmung der Bevölkerung zu den zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beschlossenen Maßnahmen „bröckelt“ oder „kippt“ und dass das Vertrauen zur Politik generell deutlich „sinke“. Doch das von forsa seit Ausbruch der Pandemie durchgeführte kontinuierliche Corona-Monitoring zeigt, dass immer – auch noch im Jahr 2021 – eine große Mehrheit der Bundesbürger – nämlich zwischen 70 und 75 Prozent - die zur Eindämmung der Pandemie von der Politik beschlossenen Maßnahmen für richtig oder sogar für nicht streng genug hält und eine Mehrheit hielt auch die im Februar beschlossene Verlängerung des Lockdowns für richtig.

Die Erwartungen der Bürger an die politischen Akteure in der Corona-Krise sind dabei keineswegs unrealistisch, sondern von einem eher nüchtern-pragmatischen Realismus geprägt. Bei allen an sich vorhandenen Wünschen nach Lockerungen glaubte Anfang 2021 nur eine Minderheit von 13 Prozent, dass im Laufe des Jahres eine Rückkehr zum normalen Alltag wie vor Corona möglich sein werde. Die große Mehrheit aber glaubte dies nicht. Nach der Verlängerung des Lockdowns bis 7. März machten sich zwar einige Bürger mehr Hoffnungen, dass mit Fortgang der Impfungen und dem wärmeren Frühlingswetter die Beschränkungen schrittweise gelockert werden könnten – ohne dass aber die Akzeptanz der Maßnahmen deutlich geringer geworden wäre. Im Übrigen wurden die jeweils beschlossenen Maßnahmen von der Mehrheit der Bürger als klar, verständlich und einleuchtend bewertet.

Forsa 2

Deutsche haben kein Verständnis für Corona-Demos 

Dass – wie von AfD und „Querdenkern“ behauptet – die Freiheit der Menschen zu stark eingeschränkt wird oder dass die jetzt geltenden Einschränkungen auch nach der Krise dauerhaft beibehalten würden, glaubt nur eine Minderheit. Nur eine kleine Minderheit hatte und hat auch Verständnis für die Demonstrationen gegen die zur Bekämpfung der Pandemie beschlossenen Maßnahmen. Und die Warnungen vor der Gefährlichkeit der Corona-Mutanten hält ebenfalls nur eine Minderheit von 24 Prozent aller Bundesbürger für übertrieben. Die insbesondere von der FDP und der AfD vertretene Auffassung, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen seien schwerwiegender als die gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung wird auch von der Mehrheit der Bundesbürger nicht geteilt. Für richtig halten diese Einschätzung nur 16 Prozent der Anhänger der SPD, 24 bzw. 25 Prozent der Anhänger der Union und der Grünen und 31 Prozent der Anhänger der Linke – aber 78 Prozent der FDP- und 86 Prozent der AfD-Anhänger.

Kritisiert wird dabei die eher als zu zögerlich empfundene Beschlussfassung bei den Treffen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin und die in den einzelnen Ländern unterschiedlichen Regelungen. Schon die im November nach Beginn der zweiten Infektionswelle beschlossenen Maßnahmen hätten nach Meinung der Bundesbürger deutlich eher und schneller getroffen werden müssen. Den Konsens der großen Mehrheit der Bundesbürger teilen im Wesentlichen nur die Anhänger der AfD und immer häufiger auch die der FDP Anhänger nicht.

Bei Corona dominieren Minderheiten das öffentliche Bild

Doch in den sozialen Netzwerken und zunehmend auch in den „klassischen“ Medien wird nicht über die Befindlichkeiten der Mehrheit der Bürger, sondern überwiegend über die abweichenden Meinungen der Minderheit der Anhänger der AfD beziehungsweise der „Querdenker“-Sekte berichtet. Zunehmend lassen sich auch politische Akteure stärker von der wenig zutreffenden Berichterstattung und Kommentierung der Medien beeinflussen, statt sich an den tatsächlichen Einschätzungen und Meinungen der Menschen zu orientieren. Das könnte dann auch das Vertrauen in die Politik wieder schmälern, das durch die Corona-Krise und dem ursprünglich großen Konsens der handelnden Akteure im Vergleich zur Zeit vor Corona deutlich größer geworden war.

Die in den Kommunen Verantwortlichen sollten sich auch in der Corona-Krise nicht durch die verzerrte und überwiegend negative Berichterstattung in den Medien und die permanente Kritik an den politisch Handelnden irritieren lassen, sondern sich an den Erwartungen der Mehrheit der Bürger orientieren. Und die große Mehrheit will nach wie vor, dass die Bekämpfung der Pandemie und der gesundheitliche Schutz der Bevölkerung die oberste Priorität hat.