Schrift: 50 Goldene Hochzeit
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Experte zum Datenschutz

Wann dürfen Namen von Jubilaren veröffentlicht werden?

Immer mehr Stadtverwaltungen wie zum Beispiel Gaggenau veröffentlichen keine Namen von Jubilaren mehr. Sie begründen dies mit Beschwerden. Dürfen Verwaltungen überhaupt noch die Namen von Jubilaren und andere Daten zur Veröffentlichung freigeben? Darf der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin noch zum Geburtstag oder zur Goldenen Hochzeit gratulieren? Der Datenschutz- und Verwaltungsexperte Dr. Dominik Lück erläutert für KOMMUNAL die derzeitige Rechtslage - und sagt, wie dies möglich wäre, ohne gegen das Recht zu verstoßen.

Viele Jubilare finden es wunderbar, wenn sie morgens in ihrer Lokalzeitung lesen, dass sie die Goldene Hochzeit feiern können. Doch nicht jedem gefällt es, mit einer solchen Meldung zum Ehrentag überrascht zu werden. Gemeinde- und Stadtverwaltungen bekommen es daher immer häufiger mit erbosten Anrufen zu tun. In einigen Fällen melden sich gleich die Anwälte. Die Stadtverwaltung Gaggenau in Baden-Württemberg hat deshalb die Konsequenzen gezogen. Sie lässt keine Namen von Jubilaren mehr veröffentlichen - ob es sich um runde Geburtstage ab 70 Jahre aufwärts oder um Ehejubiläen ab 50 Jahre handelt.

Seit Jahresbeginn 2021 gibt die Stadtverwaltung generell keine Jubilars-Listen mehr zur Veröffentlichung frei. Vorher war es so, dass sich Bürger, die ihren Geburtstag nicht in Tageszeitungen abgedruckt sehen wollten, im Rathaus von der Liste streichen lassen konnten. Sie widersprachen dann der Übermittlung der Daten an die Medien und auch an das Amtliche Bekanntmachungsblatt.

Namen übermitteln - die Rechtsgrundlage

Wie ist die Rechtslage überhaupt? KOMMUNAL fragte einen Experten. "In  den Gemeinden war es lange Jahre üblich,  dass der Bürgermeister an den Geburtstagen der älteren Einwohner sowie an Ehejubiläen – wie etwa der „Goldenen Hochzeit“ – seine Gratulation durch die Übersendung einer ganz persönlichen Glückwunschkarte ausspricht", sagt der Jurist Dominik Lück von der Kanzlei "Dombert Rechtsanwälte".  Doch diese Praxis ist inzwischen rechtswidrig, wenn nicht andere Voraussetzungen dafür geschaffen werden. "Seit dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zum 25. Mai 2018 sind die Gemeinden bei der Übermittlung von Daten aus dem Bundesmelderegister zum Zwecke der Umsetzung der Gratulationen  vor neue Herausforderungen gestellt", betont der Verwaltungsrechtsexperte.

"Das Bundesmeldegesetz (BMG) sieht vor, dass Mandatsträgern – entsprechendes gilt für Presse und Rundfunk – Auskunft aus dem Melderegister über Alters- und Ehejubiläen von Einwohnern erteilt werden darf. Eine solche Auskunftserteilung ist nur dann ausgeschlossen, wenn die betroffene Person von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht hat.

Datenschutzgrundverordnung fordert ausdrückliche Einwilligung

Mit der Datenschutzgrundverordnung änderte sich das aber. Denn die DSGVO verlangt, dass der Betroffene in Hinblick auf die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten durch eine eindeutig bestätigende Handlung einwilligt. Ein bloßes Schweigen oder Dulden genügt nicht mehr."

Spricht die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister also seine Glückwünsche gegenüber den Einwohnern durch die Übersendung eines ganz persönlichen Glückwunschgrußes aus, sei eine Melderegisterauskunft ohne die entsprechende ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person datenschutzrechtlich unzulässig, so der Anwalt. 

Bürgermeister sind nicht berechtigt, Melderegisterdaten zum Zwecke der Gratulation an Geburtstagen und Ehejubiläen zu erheben."

Dr. Dominik Lück, Rechtsanwalt

Anwalt Dominik Lück

"Soweit die Meldebehörde dem Bürgermeister die Melderegisterauskunft trotzdem erteilt, obwohl keine entsprechende Einwilligung vorliegt, begründet dies einen Datenschutzverstoß und kann datenschutzrechtlich entsprechend geahndet werden", unterstreicht Lück.

Für die kommunale Praxis bedeute dies zunächst einmal: Auf Grundlage des geltenden Rechts müssen die Behörden vor der Erhebung der Melderegisterdaten zum Zwecke der Gratulation eine Einwilligung der betroffenen Person einholen. "Wichtig dabei: Die Einwilligungserklärung darf keinen „pauschalen Charakter“ haben.  Aus der Erklärung muss sich stattdessen ergeben, welche personenbezogenen Daten, von wem und zu welchem konkreten Zweck verarbeitet werden sollen."

Eine Einwilligung sei zwar eine rechtlich zulässige Möglichkeit, praktisch ist sie aber nicht, bestätigt Lück. "Bei diesem unbefriedigenden Zustand muss es aber nicht bleiben", unterstreicht er. "Denn einer Einwilligung bedarf es nicht, wenn das nationale Recht eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage zur ´Verarbeitung von personenbezogenen Daten zum Zwecke der Gratulation an Alters- und Ehejubiläen´ schafft."

Gesetzgeber kann Kommunen helfen

Kommunen sind laut Lück also dann rechtlich abgesichert, wenn der Gesetzgeber die Voraussetzungen dafür schafft. Denn die  DSGVO sehe zahlreiche Öffnungsklauseln vor, die dem nationalen Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum eröffnen, um abweichende Regelungen zu schaffen - sofern diese inhaltlich mit dem Schutzziel der Öffnungsklauseln übereinstimmen. 

Mitgliedstaaten dürften unter anderem Erlaubnistatbestände festlegen, die zur Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich sind. "Durch diese Öffnungsklausel wird die Zulässigkeit der Verarbeitung der personenbezogenen Daten im öffentlichen Bereich weitgehend in die Hände des nationalen Gesetzgebers gelegt. Dieser dürfe wiederum eigenständig darüber entscheiden, welche konkreten Verarbeitungssituationen er als Erlaubnistatbestand fasst."

 Brandenburg nutzt Öffnungsklausel

Brandenburg zum Beispiel habe sich dieser Öffnungsklausel bedient, verweist der Verwaltungsexperte auf die dort geschaffene Grundlage, damit Alters- und Ehejubiläen weiterhin an den Bürgermeister übermittelt werden können. 

"In Anlehnung an diese Öffnungsklausel hat der Minister des Innern und für Kommunales einen Erlaubnistatbestand für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zur Datenübermittlungen zur Ehrung von Alters-, Ehe- und Lebenspartnerschaftsjubiläen verordnet", so Lück. Hiergegen spreche nichts, denn es sei anerkannt, dass die Ausfüllung von Öffnungsklauseln nicht notwendigerweise durch parlamentarisches Gesetz zu erfolgen hat.

Lück rät daher: "Die Möglichkeit der Öffnungsklausel sollten die Länder nutzen und einen vergleichbaren Erlaubnistatbestand schaffen, der die Melderegisterauskünfte zum Zwecke der Vorbereitung und Durchführung von Gratulationen zu Alters- und Ehejubiläen ermöglicht. So könne das datenschutzrechtliche Problem unkompliziert gelöst werden, Zeitungen könnten die Jubiläen datenschutzkonform drucken, Bürgermeister müssten keine Beschwerden befürchten und Jubilare dürften sich einfach über die Glückwünsche freuen.“

 

Hier geht es zum Paragrafen 50 des Bundesmeldegesetzes und über diesen Link finden Sie die Paragrafen 14 und 15 der MeldDÜV Brandenburg. Entscheidend ist auch der Artikel 6 der DSGVO.