Grafische Darstellung neue Arbeitswelten
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Energiekrise

So radikal verändert der Klimawandel die Arbeit

Energiekrise und Klimawandel werden auch den Arbeitsmarkt weiter drastisch verändern. Weil sich das Leben der Menschen und die Gewohnheiten radikal anders entwickeln. Das Ergebnis wird ein moderner und flexiblerer Arbeitsmarkt und ein neuer Job-Boom sein, meint unser Zukunftsforscher Daniel Dettling.

Das Klima-Comeback des Landes. Eine neue Studie der EU-Kommission hat ermittelt, dass der Temperaturunterschied zwischen den urbanen Hotspots und dem Umland bis zu 15 Grad ausmachen kann. Coworking auf dem Land boomt bereits heute und wird immer mehr Städter raus aufs Land ziehen. Schnelles Internet auch auf dem Land macht hybrides Arbeiten um Homeoffice für Alle möglich, Videokonferenzen ersetzen einen Großteil von Geschäftsreisen. Weniger Pendeln spart Zeit und ist gut für das Klima. Für die Jüngeren wird das Dorf beliebter als die Großstadt, wie eine Befragung jüngst wieder ergab. Die Unternehmen reagieren auf diesen Trend und siedeln sich zunehmend jenseits der großen Städte an.

Genossenschaften boomen

Auch Genossenschaften boomen und erfreuen sich einer neuen Nachfrage. Dienstleistungen rund um die Felder Wohnen, Einkaufen, Ernährung, Agrar, Mobilität und Energie können Genossenschaften im ländlichen Raum schnell und solidarisch bereitstellen und sind für die Kommunen ein wichtiger Partner. Ländliche Regionen mit Natur- und Freizeitwert profitieren vom Trend des Co-Working besonders. Initiativen wie die „Urbanen Dörfer“ oder „CoWorkLand“ verbinden die Felder Wohnen, Arbeiten und Gemeinschaft und schaffen neue Perspektiven. Die Schweizer Genossenschaft Village Office setzt sich dafür ein, dass alle Bürger innerhalb von 15 Minuten einen digitalisierten Co-Working-Space erreichen können. Auch beim Klimaschutz spielt der ländliche Raum eine zentrale Rolle. Für das Gelingen der Energiewende mit dem zentralen Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 ist der rasche Ausbau der dezentralen Solar- und Windenergie entscheidend.

Sumpfdächer in Städten

Die Städte reagieren und werden grüner und kühler. Betroffen von der zunehmenden Hitze sind vor allem Ältere und Ärmere, die in verdichteten Lagen wohnen. Immer mehr Metropolen wie Mailand, Frankfurt und Paris reagieren mit Frischluftschneisen, Haus- und Dachbegrünung, Grüngürteln und natürlichen Kühlsystemen. (Hoch)häuser werden aus Holz gebaut, Landwirtschaft macht sich in den Städten breit. Dennoch wird vor allem in den südlichen Städten Europas das Arbeiten ohne Klimaanlage kaum noch zu ertragen sein.  Smart Green Cities setzen daher auf intelligente Technologien, die Arbeit, Leben und Wohnen besser vereinbaren. So haben Dachbegrünungen einen positiven Effekt auf das Stadtklima. Durch ihre Fähigkeit, Wasser aufzunehmen, entlasten sie bei Starkregenereignissen das Abwassersystem und wirken dämmend gegen Lärm und Hitzeverlust im Winter. Im Sommer können sie teilweise eine Klimaanlage ersetzen. Insbesondere Sumpfdächer weisen hervorragende Kühlungseigenschaften auf: Wenn sich konventionelle Dächer bei Hitzetagen auf 40 bis 70 Grad Celsius aufheizen, bleibt ein Sumpfdach mit 29 Grad Celsius vergleichsweise kühl.

Urbane Hitzepläne, Frühwarnsysteme und hitzetaugliche Bürogebäude werden zum neuen Normal. Neubauten setzen auf Heizung und Kühlung durch Geothermie, Sonnenschutz an den Fassaden, nachhaltige Regenwasser-Bewirtschaftung und Wasser, das für ein gutes Mikroklima sorgt. 

Daniel Dettling Zitat Arbeitswelt

Neue Arbeitszeitmodelle

Flexible Arbeitszeitmodelle werden zum Standard, es kommt zum  Boom grüner Jobs. Das 9-to-5-Modell wird dem Klimawandel als erstes zum Opfer fallen. Wir werden früher anfangen zu arbeiten, längere Mittagspausen machen und abends, wenn es kühler wird, weiterarbeiten. Die wenigen Glücklichen mit Klimaanlage werden auf die Mittagspause verzichten, um abends mehr Zeit zu haben. Modelle wie die 4-Tage-Woche, Job-Sharing und kürzere Arbeitszeiten in Stressberufen entlasten Beschäftigte und das Klima. Warum nicht im heißen Sommer weniger, dafür im kalten Winter länger arbeiten? Die „kurze Vollzeit“ mit 30 Wochenarbeitsstunden wird zum Mainstream. Der Kampf gegen den Klimawandel wird zu einem neuen Jobmotor, sagen sogar die Gewerkschaften. Mehr Jobs werden entstehen als durch die Transformation verloren gehen.    

Die Anpassung an den Klimawandel wird die Arbeitswelt radikal verändern. Unternehmen werden ihr Risikomanagement neu ausrichten müssen, Arbeitnehmer werden flexibler und freier arbeiten. Die Veränderungen werden uns einiges abverlangen, das Leben und Arbeiten in Zeiten der Klimakrise wird anstrengender. Wir haben dennoch mehr zu gewinnen als zu verlieren.

Dr. Daniel Dettling ist Zukunftsforscher und leitet das von ihm gegründete Institut für Zukunftspoltiik (www.zukunftspolitik.de). Sein aktuelles Buch: „Eine bessere Zukunft ist möglich. Ideen für die Welt von morgen“ (Kösel).