Wohnen Symbolbild
Junge Menschen wollen am liebsten im Eigentum leben.
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Gesellschaft

Integration: Was Migranten sich beim Wohnen wünschen

Menschen mit internationaler Familiengeschichte sind in Deutschland eine wachsende und vielfältige Gruppe. In der Mehrheit ist die Gruppe jünger, urbaner, familienorientierter und optimistischer als die Mehrheitsgesellschaft. Die Frage, wie und wo vor allem jüngere Menschen mit Migrationshintergrund leben wollen, entscheidet mit über die Zukunft des Zusammenhalts unserer Gesellschaft, meint Zukunftsforscher Daniel Dettling.

Deutschland ist ein „Land mit Migrationshintergrund“. Mehr als 21 Millionen Menschen mit internationaler Familiengeschichte leben hier, das sind mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung. In einigen Großstädten liegt der Anteil bei über 50 Prozent. Um ein Viertel ist der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in den letzten 20 Jahren gewachsen. Die Gruppe der nach Deutschland Zugewanderten unterscheidet sich im Hinblick ihrer Herkunftskontexte, Migrationsmotive und sozialen Lagen stark: von hoch qualifizierten Arbeitnehmern bis zu Personen in sozial prekärer Lage wie beispielsweise Flüchtlinge. Dazu gehören auch die Familien der Gastarbeiter, die in den 1960er und 1970er Jahren vor allem in die Industriestädte der Bundesrepublik migriert sind. Diese Familien leben heute in dritter Generation in Deutschland, sind längst ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft und ökonomisch zunehmend erfolgreich.

Migranten häufig kinderreicher

Die Gruppe der ökonomisch erfolgreichen Migrantinnen und Migranten wird in Zukunft, da sie im Durchschnitt jünger und kinderreicher sind, weiter wachsen. Das Thema Wohnen – die Wohnraumversorgung und -bedarfe von Zugewanderten – beschränkt sich in der öffentlichen Diskussion meist auf die Gruppe der besonders sozial benachteiligten Migranten; finanziell erfolgreiche Einwandererfamilien werden dagegen oft nicht als gesonderte Zielgruppe mit spezifischen Bedarfen gesehen.

Seltener wohnen Menschen Migrationshintergrund im Eigentum

Der Erwerb von Wohneigentum bei Menschen mit internationaler Familiengeschichte hat integrationspolitisch Bedeutung: Er weist auf eine dauerhafte Bleibeabsicht hin und stärkt die Identifizierung der Bewohner mit ihrer Nachbarschaft. Der Anteil der Wohnungseigentümer unter Haushalten mit Migrationshintergrund steigt seit 1997 zwar, das eigentliche Potenzial zeigt aber diese Lücke: Die Wohneigentumsquote von Menschen ohne Migrationshintergrund ist mit 56 Prozent um mehr als 20 Prozent deutlich höher als die Wohneigentumsquote von Menschen mit Migrationshintergrund (35 Prozent). Die Unterschiede sind regional erheblich. Während die Wohneigentumsquote von Menschen mit Migrationshintergrund in Baden-Württemberg am höchsten ist, ist die Quote in den neuen Bundesländern sehr gering. 

Migranten zu ihren Wünschen befragt

Die erste bundesweit repräsentative Befragung von Migranten seit dem Jahr 2014 verdeutlicht das breite Bild der Wohneinstellungen und -wünsche von Bewohnern mit internationaler Familiengeschichte. Fünf Punkte zeigen das enorme Potenzial für Wohnungswirtschaft wie Stadtentwicklungspolitik.

Das ergab die repräsentative Befragung

Erstens: Der Wunsch nach Wohneigentum wächst trotz niedriger finanzieller Möglichkeiten. Fast zwei Drittel der Mieterinnen und Mieter möchten künftig im Eigentum leben, unter den unter 30-Jährigen sind es sogar 80 Prozent. Zentrale Gründe sind der Wunsch nach sozialem und ökonomischem Aufstieg und Diskriminierung auf dem Mieterwohnmarkt.

Vor allem Jüngere und Familien streben zweitens nach Wohneigentum. Eine Mehrheit von ihnen wollen drittens in 10 Jahren am liebsten in einem Vorort einer Stadt beziehungsweise am Stadtrand oder auf dem Land wohnen. Eine Erhöhung der Wohneigentumsquote liegt viertens im gesellschaftlichen Interesse und ist eine wichtige wohnungspolitische Aufgabe des Bundes. Der Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum ist fünftens ein wichtiger Schritt zur gesellschaftlichen Integration.

Wohnungsbau stärker fördern

Politisch braucht es beides: eine stärkere Förderung von sozialem Wohnungsbau. In den meisten Großstädten steht der Zahl an Sozialwohnungen eine etwa doppelt so große Zahl an anspruchsberechtigten Wohnungssuchenden gegenüber. Und eine Förderung von Wohneigentumsbildung von Zuwanderern vor allem in Stadtvierteln, die als benachteiligt gelten. Stadtentwicklungspolitik und die Schaffung von wirtschaftlich und sozial erfolgreichen Integrationsprojekten müssen Hand in Hand gehen. Haushalte und Personen mit Migrationshintergrund sind besonders aktive Akteure auf dem Wohnungsmarkt.

Stadt und Land müssen zusammenarbeiten

Für Stadt und Land hat dies weitreichende Folgen. Während in teuren, wohnraumknappen Großstädten in Zukunft die Nachfrage nach kleineren Wohnungen steigen und stärker verdichtet und in die Höhe gebaut wird, braucht es neue Kooperationen zwischen Stadt und Land. Wir werden in Zukunft mehr in Regionen denken müssen: Stadt, Stadtrand, ländlicher Raum.

Hier finden Sie die Ergebnisse der Studie als PDF: