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Autofreie Stadt durch City-Maut?
© cannetti/shutterstock

Von City-Maut bis Nahverkehrsabgabe - Was hilft gegen den Verkehrsinfarkt?

von Rebecca Piron
Stellvertretende Chefredakteurin | KOMMUNAL
8. Mai 2019
Seit die Berliner Verkehrssenatorin die Diskussion über die City-Maut wieder angefacht hat, werden neuen Lösungen gesucht: Welche Maßnahmen machen umweltfreundliche Verkehrsmittel attraktiver für Privatpersonen?

Eine Gebühr, die immer dann fällig wird, wenn man mit seinem Pkw in die Innenstadt fahren möchte. Mit der City-Maut hofft Verkehrssenatorin Regine Günther dem Verkehrschaos in der Hauptstadt Einhalt gebieten zu können. Vom Deutschen Städtetag und einigen Verkehrsexperten erhielt sie dafür Rückenwind. Doch auch die Kritik ließ nicht auf sich warten. Die Maut schaffe eine Zweiklassengesellschaft, in der nur reiche Bürger mit dem Auto in die Stadt fahren können, heißt es etwa. Der Deutsche Handelsverband befürchtet außerdem Einbuße für den Einzelhandel. In Deutschland gibt es bisher keine Rechtsgrundlage für eine City-Maut. Im Ausland gibt es dagegen einige Beispiele für Städte, die eine Maut erheben:

  • Singapur war 1975 die erste Stadt, die eine City-Maut eingeführt hat. Hier sind die Gebühren abhängig von der Fahrzeugart, der zurückgelegten Strecke und der Uhrzeit. Zu typischen Rush-Hour-Zeiten sind die Gebühren besonders hoch.
  • Bergen hat 1985 als erste europäische Stadt eine Maut eingeführt. Auch hier sind die Gebühren je nach Tageszeit unterschiedlich. Zudem ist die Maut für schadstoffarme Pkw vergünstigt. Elektro- und Wasserstofffahrzeuge sind vollständig ausgenommen. Mit den Einnahmen aus der City-Maut wird der Straßenbau in der felsenreichen Stadt finanziert.
  • London hat im Gegensatz zu Singapur und Bergen eine feste City-Maut von 11,50 Pfund. Die "Congestion Charge" wird werktags von 7-18 Uhr erhoben. In London gibt es jedoch viele Ausnahmen bei der Maut-Erhebung. So müssen Noteinsatzwagen, Pannendienste, Behindertenfahrzeuge, Taxis, Fahrzeuge über 8 Sitzplätze (also auch Linienbusse), Fahrzeuge mit Gas-, Elektro-, Brennstoffzellen oder Hybrid-Antrieb, sowie Zweiräder nicht zahlen. Anwohner der Maut-Zone bekommen darüber hinaus 90 Prozent Rabatt.
  • Stockholm hat 2006 - nach jahrelanger politischer Diskussion - eine City-Maut eingeführt. Zunächst gab es hier, wie in London, einige Ausnahmen, etwa für ausländische Autos, Einsatzfahrzeuge, öffentliche Busse, Taxis, Fahrzeuge mit alternativen Antrieben und Autos von Schwerbehinderten. Diese wurden jedoch nach und nach abgeschafft.

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Deutsche Städte bleiben bei der City-Maut skeptisch

Weitere Städte mit City-Maut sind etwa Oslo, Trondheim, Durham, Bologna, Mailand, Göteborg und Valletta. Aus einigen Städten sind Erhebungen bekannt, die belegen, dass die City-Maut das Verkehrsaufkommen deutlich mindert. Zudem sind die Mittel, die aus der Maut in die Kassen der Städte fließen, in fast allen Fällen zweckgebunden. Sie helfen die Infrastruktur - besonders für umweltfreundlichere Verkehrsmittel - zu verbessern. Trotzdem zeigen die wenigsten deutschen Städte ein Interesse an der City-Maut. Von der Stadt Leipzig etwa heißt es, eine City-Maut sei nur für Millionenstädte und Städte mit starkem Pendelverkehr interessant. Bei der Verkehrsstruktur in einer Mittelstadt wie Leipzig, sei es unwahrscheinlich, dass eine City-Maut ihr Ziel erreiche, sagt Stadtsprecher Matthias Hasberg gegenüber der Leipziger Volkszeitung. Auch hier müsse jedoch das Verkehrsaufkommen deutlich vermindert werden. Die Stadt setze daher weiterhin vornehmlich auf den Ausbau des umweltfreundlichen Verkehrs. Man bemühe sich darum die Infrastruktur für Radfahrer zu verbessern und den Öffentlichen Nahverkehr zu verdichten.

Ob die Einführung einer City-Maut die gewünschten Wirkungen erzielt, hängt maßgeblich von der jeweiligen Siedlungsstruktur und den verkehrlichen sowie wirtschaftlichen Verflechtungen des betroffenen Gebietes und der Region ab

Matthias Hasberg, Stadtsprecher Leipzig 

Ist die Nahverkehrsabgabe eine Alternative?

Auch die soziale Ungleichheit, die eine City-Maut zur Folge hätte, ist in vielen Städten ein Hinderungsgrund. Die Grünen in München schlagen daher vor, bei der Einführung einer City-Maut, einen Teil der Einnahmen zur Finanzierung eines Mobilitätsbudgets für sozial Schwächere zu nutzen. Von den anderen Parteien wurde die Idee bisher jedoch nicht aufgegriffen. Eine Alternative zur City-Maut wird derzeit in Baden-Württemberg diskutiert: Die Nahverkehrsabgabe. Besonders die Grünen in Stuttgart sind an einer rechtlichen Grundlage für diese Abgabe interessiert. Die Abgabe könnte entweder von jedem Einwohner der Stadt oder von jedem Pkw-Halter gefordert werden. Wer die Abgabe leistet, soll ein Ticket erhalten mit dem er nicht nur vorweisen kann, dass der die Abgabe gezahlt hat, sondern auch den Öffentlichen Nahverkehr ohne weitere Kosten nutzen kann. Die Grünen gehen davon aus, dass so die Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs deutlich angekurbelt werden könne. Die CDU in Baden-Württemberg lehnt eine Nahverkehrsabgabe jedoch ab. In Frankfurt und München wird jeweils der Bau einer Seilbahn diskutiert, um wichtige Haltestellen des ÖPNV zu vernetzen und so die Straßen in der Innenstadt zu entlasten.

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