Beteiligung
So wird ein Jugendparlament digital gewählt
Jugend will sich digital an Politik beteiligen
Aktuelle Studien und Erhebungen zeichnen leider ein sehr deutliches Bild, in dem junge Menschen immer mehr das Vertrauen in Politik und Demokratie verlieren. Die SINUS Jugendstudie 2020 attestiert beispielsweise, dass die Wahrnehmung gehört und ernst genommen zu werden, abnimmt. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Erhebung in 2021 von beWirken zum Thema „Jugend und die Auswirkungen von Corona“, bei der sich fast 70 Prozent der Jugendlichen in der aktuellen Politik praktisch gar nicht berücksichtigt fühlen. Die gleiche Erhebung verdeutlicht zudem den Wunsch der jungen Menschen nach mehr digitalen und einfachen Möglichkeiten der Beteiligung.
Jugendparlament in Kommunen
Kommunale Jugendarbeit, Schule und Verbandsarbeit sind wichtige Orte für jugendliches Engagement und Lernen. Die demokratische Wahl von Gremien, Themen oder Parlamenten ist eine bedeutende Erfahrung für junge Menschen. Daher sind die viel zu wenig genutzten U18 Wahlprojekte in Schulen und Kommunen dringend zu empfehlen. Sie sollten ein fester Bestandteil der kommunalen Jugendarbeit sein, professionell unterstützt und mit Budget gefördert werden. Angebote wie der „Wahl-O-Mat“ von der Bundeszentrale für politische Bildung helfen hier sehr. Die Erfahrung der Selbstwirksamkeit entsteht erst, wenn die Wahl Auswirkungen auf das eigene Lebensumfeld hat, zum Beispiel bei lokalen Themen oder der Wahl eines Jugendparlamentes.
Digitale Wahlen für Kommunalparlamente bisher nicht vorgesehen
Für Wahlen der EU-, Bundes-, Landes- und Kommunalparlamente sind digitale Wahlen bisher aus verschiedenen Gründen der technischen Umsetzung und der Sicherheit noch nicht vorgesehen. Anfang 2023 wurde im Bundestag ein bedeutender Schritt unternommen, um in Vereinen und anderen Organisationen, inklusive Jugendparlamente zukünftig digitale Versammlungen und Wahlen ohne entsprechende Satzung zu ermöglichen. Ein spannendes Beispiel dafür ist die erste digitale Wahl des Jugendparlamentes im Landkreis Hildesheim, die 2022 rein digital durchgeführt wurde.
Mehr Social-Media in Kommunen notwendig
Für ein erfolgreiches Jugendparlament ist neben der Wahl noch viel Arbeit nötig. Im konkreten Beispiel des Landkreises Hildesheim wurde der Prozess professionell begleitet, während eine bereits existierende diverse Jugendgruppe beteiligt war. Die digitale Wahl wurde mit externer Unterstützung erfolgreich durchgeführt, doch es gibt insgesamt bisher wenige Erfahrungswerte für den Einsatz digitaler Wahlen. Aus dem Beispiel in Hildesheim lässt sich ableiten, dass digitale Wahlen erfolgreich mit einem überschaubaren Budget durchgeführt werden können.
Tipps an Kommunen: Professionelle Unterstützung
Die Wahlbeteiligung beim Jugendparlament in Hildesheim war 2022 trotz postalischer Hinweise und Codes sehr niedrig. Das zeigt, wie wichtig eine direkte und niedrigschwellige Ansprache über digitale Kanäle ist. Viele Kommunen investieren wenig in Social-Media-Arbeit und Werbung, und manche haben nicht die nötige Fachkompetenz dafür. Es ist unbedingt empfehlenswert, externe Unterstützung zu holen, da Jugendliche auch im digitalen Raum „leben“. Was dort nicht vorhanden ist, wird von ihnen oft nicht wahrgenommen.
In vielen kommunalen Kontexten fehlt es an Erfahrung und Ressourcen für digitale Wahlen. Aus der Begleitung von Kommunen, freien Trägern und Verbänden bundesweit wissen wir um die diversen Gründe. Viele mutmachende Beispiele aus der Praxis zeigen, dass die Hürden überwunden werden können. Digitale Wahlen schaffen positive, demokratische Erlebnisse und fördern die Sichtbarkeit wichtiger Themen. Vereine und Verbände sollten ihre Digitalisierung vorantreiben und die Chancen nutzen.

Aline Adam ist Gründerin des Sozialunternehmens beWirken und setzt sich für demokratiefördernde Beteiligung und Bildung ein.

Valerie Pfeiffer leitet bei BeWirkenlab als Agentur von BeWirken für Bildung und Beteiligung junger Menschen. Sie konzipiert Beteiligungs- und Bildungsprojekte.
Weitere Informationen:
Die beWirken Jugenderhebung „Jugend und die Auswirkungen von Corona“ aus 2021 zeigt einige spannende Einblicke in die Lebenslage junger Menschen und die Teilhabe in Politik, Gesellschaft und Bildung. Mehr erfahren.


