Energie sparen Energieeffizenz
Kommunen, Unternehmen und Privatpersonen sollen Energie sparen.
© adobeStock

Unabhängig von Russland

Habeck legt Fahrplan fürs Energiesparen vor

Bundesklimaminister Robert Habeck hat jetzt den Fahrplan vorgelegt, wie sich Deutschland von russischer Energie unabhängig machen will - nicht nur über die Beschaffung von alternativen Rohstoffen. Dabei werden die zeitlichen Etappen genannt. "Der günstigste und effizienteste Beitrag zu mehr Unabhängigkeit ist weniger Energieverbrauch", so Habeck. Was die Pläne für die Energieeffizienz vor allem auch für die Kommunen bedeuten!

Der vom Bundeswirtschafts- und Klimaminister präsentierte Arbeitsplan Energieeffizienz gibt einen Überblick über die wichtigsten Maßnahmen, mit denen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Pläne fürs Energiesparen vorantreiben will.  "Nur mit dem richtigen regulatorischen Rahmen und wirksamen ökonomischen Anreizen kann eine dauerhafte, nachhaltige Senkung des Energiebedarfs erreicht werden", betonte Habeck.Um die Klimaschutzziele zu erreichen und die Versorgungssicherheit zu erhöhen, müsse der Energieverbrauch bis 2030 massiv verringert werden.

Die Hauptziele sind definiert, doch im Zuge der aktuellen Russland-Ukraine-Krise könnten weitere zusätzliche Einsparungen beschlossen werden.  Die aktuelle, von der Bundesregierung unterstützte Novelle der EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) sieht  für Deutschland eine Senkung des Primärenergieverbrauchs (PEV) um 37 Prozent  und des Endenergieverbrauchs (EEV) um 24 Prozent gegenüber 2008 vor.  In den Jahren 2008 bis  2018 habe sich der Energieverbrauch nur um insgesamt 2 Prozent erhöht, führt Habeck an. "Der Nachholbedarf ist also enorm. Wir benötigen in der Energieeffizienzpolitik weit mehr Tempo und Konsequenz."

Diese Punkte enthält der Fahrplan Energieeffizienz:

  •  Förderung und Anreize werden neu gestaltet:  Die Förderangebote für Haushalte und Unternehmen werden neu ausgerichtet. So wird der Hauptschwerpunkt der Gebäudeförderung über die KfW-Bank und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) auf der Sanierung bestehender Häuser und Wohnungen liegen. Gerade alte Fenster, alte Außentüren oder alte Heizungsanlagen gelten als Energiefresser – und  sind damit Kostenfaktoren. Von der Sanierungsförderung können zudem die allermeisten Wohngebäude profitieren. Das Interesse an ihr hat in diesem Jahr angesichts der hohen fossilen Energiepreise deutlich zugenommen.
  • Früher gab es zum Beispiel noch Geld für den  Einbau von Gasheizungen. Dies werde nun mit der Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG-Reform)  beendet und wurde teilweise schon umgesetzt, wie etwa bei der Förderung Effizienzhausstandard EH 40.  Bei der Neubauförderung sei zu lange mit hohen Summen ein Gebäudestandard gefördert worden, der sich längst am Markt durchgesetzt hat, nämlich der KfW-Effizienzhausstandard 55 (EH 55). Dafür flossen 2021 rund 6 Milliarden Euro Steuergelder, was rund einem Drittel der 2021 insgesamt für die Gebäudeeffizienzförderung verfügbaren Mittel entspricht. "Auch diese Fehlanreize werden beendet", so Habeck. "Es gilt, die Steuergelder gezielter dort einzusetzen, wo der Klimaschutzeffekt am höchsten ist. 
  • Die Neubauförderung im Rahmen des BEG wird  an klaren Klimaschutzkriterien ausgerichtet. Aktuell läuft die zweite Stufe der Neubauförderung - die sogenannte Förderung Effizienzhausstandard 40 Nachhaltigkeit (EH40-NH), die eine Förderung an das Qualitätssiegel für nachhaltiges Bauen (QNG) knüpft. Ab Januar 2023 folgt  ein für Neubauten neues Programm „Klimafreundliches Bauen“, das zusammen mit dem Bauministerium   erarbeitet wird.
  • Künftig soll es über eine Reform des BEG zudem verstärkte Anreize für den Wechsel von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare geben  - also etwa weg von der Gasheizung hin  zur Wärmepumpe -  sowie niedrigschwellige Angebote (etwa für die Optimierung bestehender Heizungsanlagen). Um die Energieeffizienz im Gebäudebestand weiter zu erhöhen, sollen besonders die energetisch schlechtesten Gebäude adressiert werden, da dort das Einsparpotenzial für Energie und Treibhausgasemissionen am größten ist. Die entsprechenden Anpassungen werden mit der BEG-Reform bis zum Sommer umgesetzt.

CO2-Preis wird zwischen Vermietern und Mietern aufgeteilt

  •  Um Vermieter zusätzlich zu motivieren, die energetische Sanierung ihrer Gebäude voranzutreiben, soll der CO2-Preis für Erdgas und Heizöl nach einem Stufenmodell neu zwischen Vermietern einerseits und Mietern andererseits aufgeteilt werden. Je schlechter die Energiebilanz des jeweiligen Gebäudes, desto mehr vom CO2-Preis zahlen die Vermieter. Der Gesetzentwurf wird derzeit in der Regierung abgestimmt.

Industrie, Gewerbe und Handel

  • Mehr Energieeffizienz und einen schnellen Wechsel auf Erneuerbare braucht es auch n Industrie, Gewerbe und Handel. Daher soll das bestehende Bundesförderprogramm  Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft (EEW) noch in diesem Jahr novelliert werden, um den Energieträgerwechsel in der Industrie zu unterstützen. Dabei geht es insbesondere um die Erzeugung industrieller Prozesswärme (z.B. Tiefengeothermieanlagen). Im Rahmen der Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerke (IEEKN) ist die Ausarbeitung und Kommunikation von schnell realisierbaren und klein-investiven Maßnahmen für Energieeffizienz und Energiesubstitution in Industrie und Gewerbe geplant.

Austausch von Öl und Gasheizungen

  •  Der Austausch von Öl-/Gasheizungen soll laut Beschluss des Koalitionsausschusses gefördert werden. Um den Wärmepumpenhochlauf zu unterstützen, soll das „Aufbauprogramm Wärmepumpe“ Anreize für Handwerksbetriebe un Planungsbüros geben, um an Weiterbildungen zu Planung und Einbau von Wärmepumpen teilzunehmen. Ein Umsetzungsanreiz Handwerk soll die knappen Ressourcen im Handwerk zielgerichtet in die Heizungssanierung und dort zum Einbau von Wärmepumpen lenken. Ziel ist, die Zahl neu installierter Wärmepumpen bis 2024 auf über 500.000 Stück pro Jahr zu steigern.

Kommunen stellen Wärmeversorgung um

  • Netze zur Wärmeversorgung sollen rasch auf Erneuerbare umgestellt werden. Viele Kommunen und Stadtwerke stehen hier in den Startlöchern und haben bereits Ideen erarbeitet, wie sie ihre Wärmenetze dekarbonisieren können. Für den richtigen Schub soll das Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) sorgen. Sobald das von uns mit Nachdruck betriebene Genehmigungsverfahren mit der EU erfolgreich beendet ist, soll das Förderprogramm noch in diesem Jahr den Ausbau und die Transformation von Wärmenetzen und damit einen direkten Wechsel auf Erneuerbare Energien ohne fossile Brücken anreizen (fuel switch). Außerdem wird der Neubau von Wärmenetzen mit hohen Anteilen Erneuerbarer Energien und Abwärme gefördert. Das BEW soll durch eine erleichterte Förderung von Fernwärmeanschlüssen in der novellierten BEG komplementiert werden. Ergänzend zum systemischen Neu- und Umbau werden durch die BEW-Förderung Einzelmaßnahmen unterstützt, die frühe Beiträge zur Reduktion von CO2-Emissionen und Gasabhängigkeit leisten können.

Grüner Wasserstoff für die Industrie

  • In der Industrie ist ein regelrechter Nachfrageboom nach grünem Wasserstoff zu beobachten. Die Bundesregierung fördert den Hochlauf von Wasserstoff durch ein großes europäisches Wasserstoffprojekt (sogenannter IPCEI Wasserstoff – Important Projects of Common European Interest) mit über 8 Milliarden Euro für 62 Projekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette, mit 900 Millionen Euro für das Doppelauktionsmodell H2Global, mit politischen Rahmenverträgen für Energiepartnerschaften und mit dem Ausbau von Erneuerbaren in Deutschland.  Die Mengen an grünem Industriestrom sollen erhöht werden und eine Regelung „Nutzen statt Abschalten“ geschaffen werden, durch die Strom, der nicht im Netz aufgenommen werden kann, ohne Abgaben und Gebühren in Speichermedien oder „Power-to-X“ verwandt werden kann.
  • Um den Betrieb klimafreundlicher Verfahren in der energieintensiven Industrie zeitnahzu ermöglichen, hat das BMWK Anfang Mai das Interessenbekundungsverfahren für Programme für Klimaschutzverträge (sogenannter Carbon Contracts for Difference) gestartet.4 Klimaschutzverträge sollen die Markteinführung klimafreundlicher Prozesse  vor allem in den Grundstoffindustrien ermöglichen, indem Risiken vermindert und Betriebskostendifferenzen zwischen herkömmlichen und klimafreundlichen Verfahren ausgeglichen werden. Bis zum Sommer erarbeitet das BMWK eine Förderrichtlinie, die der Europäischen Kommission anschließend zur Genehmigung vorgelegt wird. Die Klimaschutzverträge sollen dann noch in diesem Jahr als Förderinstrument eingeführt werden.
  • Standards werden verändert. Ab nächstem Jahr wird der gesetzliche Mindesteffizienzstandard im Neubau angehoben, und zwar auf die Effizienzklasse EH 55. Ab dem 1. Januar 2025 wird der Standard noch mal auf EH 40 erhöht. Hierdurch wird der Wärme- und damit der Gasbedarf im Neubau erheblich reduziert. Eine entsprechende Formulierungshilfe für die Novelle des Gebäudeenergiegesetztes wurde in gemeinsamer Federführung vom Bundeswirtschafts- und Bundesbauministerium erarbeitet und am 11. Mai  im Kabinett verabschiedet.
  •  Ziel ist, dass Heizungen sehr rasch noch stärker auf Basis erneuerbarer Energien laufen. Deshalb gilt ab 2024, dass bei jeder neu eingebauten oder ausgetauschten Heizung, mindestens 65 Prozent Erneuerbare Energien zu nutzen sind. Das ist in den allermeisten Fällen durch den Einbau einer Wärmepumpe, von Solarthermie oder Holzpellets möglich. Damit wird der Abschied von der Gasheizung vorangetrieben. Die hierfür notwendige Novelle des Gebäudeenergiegesetzes soll im zweiten Halbjahr vorgelegt werden.

Solardächer als Standard

  •  Solardächer sollen zum Standard werden, um die Stromerzeugung aus Sonne schnell zu erhöhen. Dies macht uns unabhängiger von Energieimporten und senkt angesichts der aktuell sehr hohen Börsenstrompreise die Stromkosten für alle. Die große Novelle des EEG führt bereits zu einer deutlichen Verbesserung der Einspeisevergütungen bei Dachanlagen. Auch hier muss eine gesetzliche Verankerung im Gebäudeenergiegesetz erfolgen; das ist für das zweite Halbjahr geplant.
  • Die ambitionierten Effizienz-Ziele Deutschlands sollen entsprechend der EU- Effizienzrichtlinie umgesetzt werden. Dazu braucht es auch einen regulatorischen Rahmen für die Senkung des Energieverbrauchs. Dabei müssen sich auch Bund und Länder an die eigene Nase fassen: Die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand (Bund, Länder und Kommunen) soll  etwa durch die verpflichtende Einführung von Energie-/Umweltmanagementsystemen und spezifische jährliche Energiesparziele umgesetzt werden. Auch die energieintensive Industrie soll Energiemanagementsysteme (EMS) betreiben. Zugleich sind Maßnahmen zur Stärkung und Weiterentwicklung des Energiedienstleistungsmarkts geplant. Der Rahmen dafür wird derzeit erarbeitet.

Flächendeckende kommunale Wärmeplanung

  •  Es soll eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung eingeführt werden, um den Ausbau der klimaneutralen Wärmeversorgung voranzutreiben. Die kommunale Wärmeplanung ist zentrales Koordinierungsinstrument für lokale, effiziente Wärmenutzung und strategische Planungs- und Investitionsentscheidungen. Eckpunkte sind in Arbeit und werden bis zum Sommer 2022 vorgelegt
  • Beratung zum Energiesparen: Im Juni startet eine Energiesparkampagne, die Unternehmen, Gewerbetreibende und Verbraucherinnen und Verbraucher mit praxisnahen Tipps und Beratung ermutigt, selbst den Energieverbrauch zu reduzieren, und sei es nur mit ganz einfachen Mitteln.  Auch der Wechsel etwa auf Erneuerbare Wärme oder die Solaranlage auf dem Dach unterstützt werden. Dabei werden auch Stakeholder (Handwerk, Branchen, Verbände) eingebunden und aktiviert. Ziel ist es, Einsparpotenziale zu heben und den Wechsel auf Erneuerbare zu vollziehen. Das hilft, der russischen Aggression zu begegnen und gleichzeitig die Energiekosten zu senken.

Den Fahrplan zum Energiesparen finden Sie hier als Download: