Kippt das 49-Euro Ticket?
Erster Landkreis steigt aus dem Deutschlandticket aus
Hinweis: Nach dieser Sitzung fand eine weitere Kreistagssitzung zum Thema statt. Verlauf und Ergebnis lesen Sie im verlinkten Artikel am Ende dieses Beitrags!
Stendal hätte das Deutschlandticket im kommenden Jahr mit 120.000 Euro aus eigenen Geldern finanzieren müssen. So stand es im Haushaltsentwurf des Kreises. Das war der Mehrheit des Kreistags in der jüngsten Sitzung zu viel Geld. Und darum hat er beschlossen, das Deutschlandticket ab dem Jahr 2024 nicht mehr zu bezuschussen. Das ist rechtlich problemlos möglich, denn für den Nahverkehr sind die Städte und Landkreise zuständig. Entsprechend ist es auch erlaubt, beim Deutschlandticket nicht mitzumachen. Zur Begründung sagte etwa die Vorsitzende des Stendaler Kreistages, Annegret Schwarz wörtlich: "Die Nutzbarkeit des Deutschlandtickets ist für unsere Bürger im Rahmen unseres öffentlichen Personennahverkehrs Bus nicht gegeben. Das steht in keinem Verhältnis". Soll heißen: Das Angebot wird wenig genutzt, weil es auf dem Land ohnehin nur wenig ÖPNV Angebote gibt - im Prinzip eben nur das Bussystem aus Stendal. Daher wird das Deutschlandticket kaum angenommen.
Droht nun ein Flickenteppich beim Deutschlandticket?
Mindestens in den mitteldeutschen Bundesländern, wo die Infrastruktur vor allem im ländlichen Raum im ÖPNV vergleichsweise schlecht ist, fürchten nun viele, dass andere Landkreise dem Beispiel von Stendal folgen könnten. Der Kreisvorsitzende der Grünen in Stendal etwa, Christian Hauer, erklärte gegenüber dem MDR: "Man kennt ja andere Landkreise, die sowieso schon damit hadern und es könnte schon ein Signal an andere Landkreise sein, dass sie das Ticket nicht unterstützen. Dann könnte das gesamte Deutschlandticket einfach zugrunde gehen."
Auch die Verkehrsverbünde in Mitteldeutschland sind offenbar alarmiert, kommentieren die Entscheidung aus Stendal aber deutlich vorsichtiger. Beim Verkehrsverbund Mittelsachsen heißt es etwa, man wolle die Entscheidung aus Stendal nicht kommentieren, man beobachte die Entwicklung aber sehr genau.
Der Mitteldeutsche Verkehrsverbund MDV teilte dem MDR nur mit, aktuell sei bei ihnen die Finanzierung des Deutschlandtickets bis Mitte des Jahres 2024 abgesichert. Der MDV hatte zuletzt Ende November selbst mit einem Ausstieg aus dem Deutschlandticket gedroht, weil die Finanzierung durch Bund und Länder weiter nicht abgesichert sei.
Ähnliche Worte kamen im Herbst auch vom Verkehrsverbund Rhein-Mosel, auch hier drohte der Verband, das Deutschland-Ticket könnte im Kreis Altenkirchen bald nicht mehr gelten, wenn die Finanzierung sich nicht verändere.
Deutlicher wurde der Verband der Deutschen Omnibusunternehmen. Ihre Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonhard sagte wörtlich: "Es ist zwar der erste Landkreis, aber es wird nicht der Letzte gewesen sein". Sie geht davon aus, dass weitere Verkehrsunternehmen in ihren Fahrzeugen das Ticket nicht mehr anerkennen - und dann ähnlich wie in Stendal den Kauf eines Extra-Fahrscheins verlangen.
Recht Aktuell: Wer darf über das Deutschland-Ticket entscheiden?
Der Flickenteppich könnte deshalb entstehen, weil für die Bestellung des Nahverkehrs grundsätzlich die Städte und Landkreise zuständig sind. Das bedeutet, dass jeder Landkreis auch jederzeit aussteigen kann oder die Finanzierung stoppen kann.
Einzige Ausnahme in Deutschland sind die Landkreise in Thüringen. Dort hat das Land eine Gesetzesgrundlage geschaffen. Die besagt, dass die Landkreise und kreisfreien Städte gesetzlich verpflichtet sind, das Deutschlandticket anzuwenden. Es ist damit das einzige Bundesland, in dem ein solches Szenario, wie jetzt in Stendal in Sachsen-Anhalt nicht möglich ist.