Johanna Hoffmann von der FH Potsdam in der "MAKE SPACE"-Alternative zur üblichen Flüchtlingsunterkunft. © Rebecca Piron

Flüchtlingsunterkünfte 2.0

"MAKE SPACE" soll die Flüchtlingsunterkünfte von heute verdrängen. Die Leichtbauhallen, die heute als Erstaufnahmeeinrichtungen genutzt werden, seien nicht nachhaltig und ließen lebenswertes Wohnen nicht zu. Das "MAKE SPACE"-Projekt der Fachhochschule Potsdam soll eine Alternative bieten, die hohe Lebensqualität auf geringem Raum ermöglicht.

Leichtbauhallen als Flüchtlingsunterkünfte sind keine Lösung, finden die Studenten der Fachhochschule Potsdam. Deshalb haben sie sich eine Alternative zu den üblichen Erstaufnahmeeinrichtungen überlegt: „MAKE SPACE“ heißt ihr Konzept. Holzhäuser mit bis zu vier Stockwerken sollen auf gleicher Grundfläche ebenso viele Menschen beherbergen wie die Leichtbauhallen. Gleichzeitig sollen sie für mehr Privatsphäre und eine bessere Lebensqualität als die jetzigen Flüchtlingsunterkünfte sorgen. Das interdisziplinäre Projekt entstand gemeinsam unter Studenten und Dozenten der FH Potsdam und Mitarbeitern des Kulturzentrums freiLand.

Willkommenskultur in Flüchtlingsunterkünften

Auch wenn die Flüchtlingsströme nach Deutschland deutlich abgenommen haben und die Auslastung der Erstaufnahmeeinrichtungen sich dementsprechend entspannt, bleibt die Frage der Unterbringung von Flüchtlingen ein wichtiges Thema. Wie wollen wir die Geflüchteten in unseren Kommunen begrüßen? Wie die viel zitierte Willkommenskultur leben? „In Leichtbauhallen will keiner lange wohnen und Nachbarn wollen die Unterkünfte auch nicht sehen“, meint Johanna Hoffmann, Studentin im Fachbereich Kommunikationsdesign an der FH und „MAKE SPACE“-Mitglied. Das seien aber nicht alle Nachteile der Plastik-Flüchtlingsunterkünfte. „Leichtbauhallen wirken, wenn man nur die Anschaffungskosten betrachten und Haltbarkeit, Wohnqualität, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz außer Acht lässt unschlagbar preiswert pro Quadratmeter“, sagt Achim Trautvetter vom freiLand. „Wenn man allerdings die Heizkosten durch die Heizluftgebläse dazu nimmt und den Fakt, dass die Hallen nach drei oder vier Jahren abgeschrieben sein sollen, sieht so eine Berechnung schon ganz anders aus.“

Die Studenten der FH Potsdam stellten ein maßstabsgetreues Modell einer Einheit ihrer MAKE SPACE-Flüchtlingsunterkünfte auf dem Hochschulgelände aus. © Johanna Hoffmann

„Wir können leider noch nicht genau sagen wieviel unsere Alternative im Einzelnen kosten wird, aber es ist klar, dass sie in jeder Hinsicht nachhaltiger ist“, sagt Hoffmann. Ein maßstabgetreues Modell eines Moduls von „MAKE SPACE“ haben die Studenten an der FH gebaut. Drei kleine Zimmer, ein Bad und ein Aufenthaltsraum mit Kochnische von insgesamt 60 Quadratmetern sollen drei Singles beherbergen. Der nächste Schritt wäre ein echter Prototyp der alternativen Flüchtlingsunterkünfte. Dringend suchen die Studenten Hilfe von Bauingenieuren oder Architekten. Für Fragen nach Baustoffen müssten sie professionell beraten werden. „Erst dann können wir Fragen nach den Kosten detailliert angehen“, sagt Hoffmann. Außerdem brauchen sie eine Liegenschaft. Eine Kooperation mit der Stadt Potsdam war im Sommer gescheitert. Das Geld um einen Prototyp zu bauen haben die Studenten schon. Liedermacher Marc-Uwe Kling war begeistert von ihrem Projekt und spendete ihnen den Erlös aus zwei Konzerten.

"MAKE SPACE" berücksichtigt Wünsche der Geflüchteten

Um die Bedürfnisse der Geflüchteten einfließen lassen zu können, haben sich die Studierenden zu Anfang mit Bewohnern von Erstaufnahmeeinrichtungen unterhalten. Besonders häufig war der Wunsch nach getrennten Duschen für Männer und Frauen aufgekommen. Selbst einzelne Duschkabinen oder Duschvorhänge seien häufig nicht vorhanden. Auch die Möglichkeit sich selbst Essen zu kochen wünschten sich viele Befragte. „Im Grunde waren das Wünsche, die wir alle haben, wenn wir irgendwo wohnen“, fasst Hoffmann zusammen. All die Wünsche sind in das Konzept mit eingeflossen. Badezimmer, die man sich nur zu dritt teilen muss und Kochnischen mit Herd sind Teil des Bauplans für die Flüchtlingsunterkünfte.

Die MAKE SPACE Unterkünfte sollen auf wenig Raum hohe Lebensqualität ermöglichen. © Rebecca Piron

Die Studenten gestalteten unterschiedliche Module, die auf die Bedürfnisse von Familien mit Kindern, Paare und Einzelpersonen zugeschnitten sind und in unterschiedlicher Konstellation zusammengestellt werden können. Vier Etagen hoch kann man die Holzhäuser bauen. „Bei der fünften Etage bekommen wir dann Probleme mit dem Brandschutz“, erklärt Hoffmann. Die „MAKE SPACE“-Häuser sind aber nicht ausschließlich für Flüchtlinge gedacht. Auch für Studenten und Menschen mit geringem oder keinem Einkommen sollen die Häuser eine Alternative bieten. Auf steigende Mietpreise in Städten und den Platzmangel bei immer mehr Zuzug sei „MAKE SPACE“ eine konsequente Antwort. Das Projekt sorgt so auch für mehr Kontakt zwischen Geflüchteten und Einwohnern. „So können wir wegkommen von der Ghettoisierung der Erstaufnahmeeinrichtungen“, hofft die Kommunikationsdesign-Studentin. Im kommenden Semester sollen die Baupläne online aufbereitet werden. Von dem Projekt sollen alle profitieren können.