Bürgerkriegsflüchtlinge bringen die Kommunen an die Grenzen der Belastbarkeit - immer mehr Landkreise fordern einen sofortigen Aufnahmestopp
Bürgerkriegsflüchtlinge bringen die Kommunen an die Grenzen der Belastbarkeit - immer mehr Landkreise fordern einen sofortigen Aufnahmestopp
© Adobe Stock

Aufnahmestopp

Bürgerkriegsflüchtlinge: Hilferuf der Landkreise

Der Deutsche Landkreistag schlägt Alarm – Landrat Achim Brötel fordert einen generellen Aufnahmestopp für Bürgerkriegsflüchtlinge. Seiner Meinung nach sollen die Menschen besser in den Nachbarregionen ihrer Krisengebiete unterkommen, anstatt nach Deutschland zu kommen. Auch ein Oberbürgermeister, der lange Zeit die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel verteidigt hat, fordert einen Aufnahmestopp. Ein Überblick und eine Checkliste: Was Kommunen jetzt tun können, wir zeigen die wichtigsten praktischen Ansätze aus Kommunen und haben einen Forderungskatalog verschiedener Experten an Bund und Länder zusammengestellt.

Wer Integration will, muss über Steuerung reden dürfen. Und wer Verantwortung ernst nimmt, darf sie nicht auf die örtliche Ebene abschieben. Die Botschaft der Kommunen ist klar: Wir sind bereit. Aber ohne Rückendeckung gehen selbst die Besten in die Knie. Und dieser Punkt ist, so der Präsident des Landkreistages und Landrat des Neckar-Odenwald-Kreises, Achim Brötel, definitiv erreicht. So sei ein massiver Anstieg der sexuellen Kriminalität zu verzeichnen. Notfalls müsse es nun auch Grenzschließungen geben. Zudem müssten Sozialleistungen für abgelehnte Asylbewerber deutlich gekürzt werden.  

Auch der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold, fordert einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge. Er war lange einer der deutlichsten Unterstützer der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Im Interview mit der Welt erklärt er seine Kehrtwende mit den dramatischen Ereignissen der vergangenen Jahre.“Was wir in den Schulen erleben, macht mir am meisten Sorgen“, so Arnold. Er betont, dass die Belastungsgrenze dort erreicht sei und die Integration zunehmend schwieriger werde. Gleichzeitig warnt er davor dass die aktuellen Herausforderungen in der Migrationspolitik das Vertrauen in die Demokratie gefährden könnten. „Wir brauchen dringend einen Aufnahmestopp, die Kommunen stoßen an ihre Belastungsgrenzen“, so Arnold im Welt-Interview. Er plädiert für eine ehrliche und lösungsorientierte Debatte, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.  

Bürgerkriegsflüchtlinge: Was Kommunen tun können - praktische Ansätze vor Ort

Integration durch Sprache, Bildung und Arbeit: Wer in Deutschland ankommt, braucht Orientierung. Kommunen können Erstorientierungskurse, Sprachprogramme und niederschwellige Arbeitsgelegenheiten fördern. Praktika, Ausbildungsstellen und ehrenamtliche Patenprogramme haben sich als Brücke in Gesellschaft und Arbeitsmarkt bewährt. Die Devise: Wer mitmacht, wird unterstützt. 

Wohnraum schaffen, dezentral unterbringen: Statt Notunterkünften in Turnhallen sollten leerstehende Wohnungen oder Gebäude genutzt werden. Dezentrale Unterbringung entlastet nicht nur die Infrastruktur, sie fördert auch Integration. Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften, private Vermieterberatung und kreative Modelle wie Wohnverbünde sind gefragt. 

Schulen und Kitas entlasten: Vorbereitungsklassen, mobile Lehrer- und Erzieherteams, der Einsatz pensionierter Fachkräfte oder Schulbegleiter helfen, die Lage zu entspannen. Kommunen müssen flexibel reagieren können – und dafür die entsprechenden Ressourcen bekommen. 

Ehrenamt stärken, Verwaltung sensibilisieren: Integration gelingt nur gemeinsam. Kommunen sollten bürgerschaftliches Engagement gezielt koordinieren, z. B. durch Integrationslotsen, Freiwilligenagenturen oder runde Tische. Gleichzeitig braucht es einen neuen Ton in den Ämtern: Willkommen statt Abwehrhaltung. 

Sicherheit und Prävention: Konflikte lassen sich nicht immer vermeiden, aber entschärfen. Mit Aufklärung, Präsenz, festen Ansprechpartnern und schneller Sanktionierung. Wer Regeln bricht, muss Konsequenzen spüren. Der Rechtsstaat braucht ein freundliches Gesicht – aber auch Zähne. 

Verwaltung entlasten und digitalisieren: Mehr Menschen bedeuten mehr Arbeit für die Verwaltung. Digitale Plattformen, zentrale Taskforces und schlankere Prozesse helfen, Überforderung zu vermeiden. Der Erfahrungsaustausch unter Kommunen sollte systematisch gefördert werden. 

Fördermittel gezielt nutzen: Viele Projekte scheitern nicht am Willen, sondern am Geld. Kommunen sollten aktiv nach Unterstützung suchen und Kooperationen mit Wohlfahrtsverbänden, Unternehmen oder der EU eingehen. Wo es kein Programm gibt, darf man auch mal eins erfinden. 

Bürgerkriegsflüchtlinge: Die wichtigsten Forderungen von Experten an Bund und Länder

Zuwanderung ordnen und steuern: Niemand erwartet geschlossene Grenzen. Aber Migration muss steuerbar bleiben. Kommunen brauchen eine Obergrenze für die Aufnahmefähigkeit, klare Kontingente und funktionierende Rückführungsregelungen. Wer keinen Schutzanspruch hat, muss zeitnah zurückgeführt werden. Das ist keine Herzlosigkeit, sondern Realitätssinn. 

Gerechte Verteilung: Nicht jede Kommune kann dieselbe Last tragen. Der Verteilungsschlüssel muss angepasst, die Unterbringung von Ukraine-Flüchtlingen mitgerechnet werden. Auch auf europäischer Ebene braucht es endlich eine faire Lastenteilung. 

Verfahren beschleunigen, Recht durchsetzen: Schnellere Asylverfahren, klare Entscheidungen, konsequente Abschiebungen – das entlastet Kommunen und gibt Orientierung. Wer bleiben darf, soll schnell integriert werden. Wer nicht, muss gehen. Sonst leidet am Ende das gesamte System. 

Finanzierung sichern: Integration kostet. Die bisherigen Pauschalen reichen nicht. Kommunen brauchen dauerhaft ausreichende Mittel für Unterkunft, Betreuung, Bildung und soziale Integration. Am besten als gesetzlich abgesicherte Gemeinschaftsaufgabe. 

Wohnraum und Infrastruktur bereitstellen: Der Bund muss Liegenschaften freigeben, die Länder ihre Erstaufnahmen ausbauen. Zusätzlich braucht es rechtliche Erleichterungen für Bauprojekte, Kita- und Schulkapazitäten und mehr Unterstützung für Gesundheitsversorgung. 

Fachkräfte gewinnen, eigenes Potenzial nutzen: Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter – überall fehlt Personal. Bund und Länder müssen Programme zur Personalgewinnung auflegen, Verfahren beschleunigen und geflüchtete Fachkräfte schneller integrieren. Integration gelingt nicht ohne Menschen, die sie gestalten. 

Integration langfristig denken: Spracherwerb, Ausbildung, Arbeit, Teilhabe: Das alles braucht Zeit, Geld und politische Priorität. Es braucht keine neuen Programme, sondern Verstetigung und Ausbau dessen, was funktioniert. Vor allem aber: einen politischen Willen zur Gestaltung.