Dieses Hotel in Berlin-Lichtenberg soll bald 1200 Asylbewerbern als Unterkunft dienen - die Kosten für den Steuerzahler: 143 Millionen Euro plus Sanierungskosten
Dieses Hotel in Berlin-Lichtenberg soll bald 1200 Asylbewerbern als Unterkunft dienen - die Kosten für den Steuerzahler: 143 Millionen Euro plus Sanierungskosten
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Umfrage

Flüchtlinge: Kommunen sehen sich weiter am Limit

Deutschlands Kommunen sehen sich in Sachen Flüchtlingsunterbringung und Betreuung weiter am Limit. Das legt eine neue Umfrage unter knapp 600 Kommunen nahe. Die Umfrage ist zwar nicht repräsentativ, gibt aber dennoch spannende Einblicke. Der Protest von Bürgerinitiativen nimmt derweil offenbar wieder zu. Gleichzeitig spült das Geschäft mit der Flüchtlingspolitik Millionen in die Kassen von Immobilienkonzernen - wie zwei aktuelle Beispiele zeigen. Ein Überblick...

"Hotel mit Pool in Frankfurt nur für Flüchtlinge" - es sind Schlagzeilen wie diese, die in der Flüchtlingspolitik immer wieder für Aufruhr sorgen. Fakt ist: Immer mehr Städte sind am Limit, in Hamburg etwa spriessen aktuell in immer mehr Stadtteilen Bürgerinitiativen aus dem Boden. Etwa im Stadtteil Duvenstedt. Dort ist der Bau eines Flüchtlingsheims auf der Festwiese in der Ortsmitte geplant, direkt neben dem Freibad. 220 Flüchtlinge leben bereits in dem Stadtteil, nun sollen 320 dazu kommen - womit jeder zehnte Bewohner des Ortes ein Flüchtling wäre. Anwohner wehren sich mit rechtlichen Mitteln gegen diese und andere Unterkünfte. Die Stadt Hamburg wendet zur Versorgung von Flüchtlingen inzwischen pro Jahr mehr als eine Milliarde Euro auf. Zum Vergleich: Die völlig aus dem Ruder gelaufenen Kosten der Elbphilharmonie lagen am Ende bei gut 800 Millionen Euro. 

143 Millionen Euro für Flüchtlingsunterkunft in Berlin 

In Berlin machen derweil Immobilienkonzerne den großen Reibach mit den Flüchtlingsunterkünften. Besonders im Fokus der Proteste steht eine Anmietung des Berliner Senats im Bezirk Lichtenberg. 1200 Asylbewerber sollen in einem Hotel-Komplex unterkommen. Die Kosten: 143 Millionen Euro. In diesen Tagen ziehen die ersten Asylbewerber ein - den Anwohnern war ursprünglich mal versprochen worden, der Einzug beginne im zweiten Halbjahr kommenden Jahres. Rund 800 Asylbewerber sollen nun noch vor Weihnachten einziehen.

Angemietet hat der Bezirk drei Plattenbauten für zehn Jahre. 143 Millionen Euro bekommen die Eigentümer dafür. Zusätzlich übernimmt der Senat noch die Kosten der Renovierung. Pikant ist nach einem Bericht des Portals NIUS auch die Geschichte der Gebäude - das Gründstück gehörte demnach mal dem Land Berlin. Später ging die Immobilie an die landeseigene Landesbank Berlin - im Zuge der Sanierung der Bank wurde das Grundstück dann verkauft. Es gehört nach Angaben des Senats heute dem internationalen Gewerbeimmobilienunternehmen Aroundtown mit Sitz in Luxemburg. Mehrere Hundert Tochterunternehmen soll es geben, eine davon ist nun Betreiber des Geländes in der Landsberger Alle in Berlin. Spannend dabei: Fast überall betreiben die Tochterunternehmen Asyl-Unterkünfte. 

Kurzum: Berlin zahlt offenbar jeden Preis - für ein Gelände, das ihm selbst mal gehörte - um irgendwie den Zustrom von Flüchtlingen zu bewältigen. 

150 Millionen Euro für Flüchtlingsheim in Westend 

Im Stadtteil Westend in Berlin sollen ab dem Jahr 2026 rund 1500 weitere Flüchtlinge aufgenommen werden. Auch dort formiert sich massiver Widerstand, wie die Berliner Tageszeitung B.Z. berichtet. "Supermärkte klagen schon heute über Flüchtlinge von benachbarten Heimen. Wir haben Sicherheitsleute in den Märkten eingesetzt", so Zitate in der Zeitung. Im Mittelpunkt der Kritik aber auch hier: Völlig überhöhte Preise für die Besitzer des Gebäudes. Laut BZ hatte die Unterkunft im Jahr 2014 einen Wert von gut 27 Millionen Euro. Jetzt wird das Gebäude für die Investoren aus Zypern und Luxemburg zur Goldgrube. Es soll in den nächsten 10 Jahren mehr als 156 Millionen Euro in ihre Kassen spülen. Der Quadratmeterpreis laut B.Z. umgerechnet: 75 Euro - dazu kommen noch auffallend hohe Nebenkosten. 

Zelte und Sporthallen werden in immer mehr Kommunen zum Normalfall 

Vor dem Hintergrund dieser Extrembeispiele in Deutschlands Großstädten verwundert eine aktuelle Umfrage des Instituts DESI in Zusammenarbeit mit der Bertelsmanns-Stiftung wenig. Zwischen September und Oktober hat das Sozialforschungsinstitut knapp 600 Kommunen nach ihrer Situation in der Flüchtlingspolitik gefragt. Rund 3000 Städte wurden angefragt, 600 haben geantwortet. Kommunen in Ostdeutschland sind offenbar deutlich unterrepräsentiert. Insofern ist das Ergebnis nicht repräsentativ, aber dennoch aufschlussreich. 

Rund 5 Prozent der Kommunen, die mitgemacht haben, sagen: Bei ihnen gibt es Flüchtlingsunterkünfte in Turnhallen oder in Zelten. 40 Prozent aller Städte und Gemeinden sagen, sie seien überlastet oder bereits im Notfallmodus oder zumindest am Limit und im Krisenmodus. Immerhin fast die Hälfte der Kommunen sehen ihre Lage aber noch als "herausfordernd, aber machbar". 

Ein Landkreis in Bayern etwa schreibt in einem offenen Antwortfeld der Umfrage: "Wir haben eine Halle als Notunterkunft praktisch ständig in Betrieb. Integration ist kaum mehr möglich, wir werden überschwemmt mit Beschwerdeschreiben. Der Stimmungswandel in der Bevölkerung ist unverkennbar". 

Welche Unterstützung Kommunen fordern 

Auf einer Skala von 1 (unwichtig) bis 5 (sehr wichtig) wurden die Städte und Gemeinden in der Umfrage gebeten, BEwertungen zur Situation abzugeben. An erster Stelle liegt die auskömmliche FInanzierung mit einem Wert von 4,6 gefolgt von "bessere Koordination in der Flüchtlingspolitik" und Forderungen zu mehr Integrations- und Sprachkursen sowie einer besseren gesundheitlichen Versorgung. 

Bei der Frage, welche Formen der Unterbringung in der Kommune genutzt werden, setzen 86 Prozent auf die Anmietung privater Wohnungen, 62 Prozent greifen auf kommunale Wohnungen zu und Mobilbäuten und Gemeinschaftsunterkünfte werden von knapp 60 Prozent der Kommunen genutzt. Wohncontainer spielen bei 35 Prozent der Kommunen eine Rolle, Sporthallen bei 3 und Zelte bei 2 Prozent der Städte und Gemeinden. 

Einen positiven Aspekt hat die Umfrage noch zu bieten: 

Die Studenmacher schreiben wörtlich: "Die Kooperation der Kommunalverwaltung mit freien Trägern und zivilgesellschaftlichen Akteuren bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten bewerten rund zwei Drittel der Befragten als „sehr“ oder „eher gut“ (22,9 Prozent bzw. 45,2 Prozent). Als zentrales Element und wichtige Bedingung für das Gelingen der Aufnahme und Integration von Geflüchteten nennen die Kommunen wiederholt das ehrenamtliche Engagement."

Die komplette - wenn auch nicht repräsentative - Analyse bieten wir Ihnen kostenfrei zum Herunterladen an. 



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