Wegweisendes Urteil zum Anwohnerparken - was Kommunen regeln dürfen und was nicht - das Urteil und die Auswirkungen für andere Kommunen
Wegweisendes Urteil zum Anwohnerparken - was Kommunen regeln dürfen und was nicht - das Urteil und die Auswirkungen für andere Kommunen
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Wegweisendes Urteil

Gericht kippt Gebühren für Anwohnerparken

Seit gut zwei Jahren gibt es keine deutschlandweite Regelung mehr für die Gebühren beim Anwohnerparken. Bis dahin war der Betrag auf 30,70 Euro im Jahr gedeckelt. Die Regelung haben Bundestag und Bundesrat im Jahr 2021 gekippt und den Ländern die Hoheit übertragen. Viele Bundesländer haben diese Hoheit an die Kommunen weitergegeben. Doch diesen ist nicht jede Regelung erlaubt, hat nun das Bundesverwaltungsgericht geurteilt. Das Urteil des Gerichts und was es für andere Kommunen bedeutet.

Baden-Württemberg war im Jahr 2021 das erste Bundesland, das den Kommunen ermöglicht hat,  das Anwohnerparken und die Kosten dafür in bestimmten Grenzen selbst zu regeln. Als eine der ersten Kommunen nahm Freiburg das in Anspruch. Auf der Homepage schreibt die Stadt als Begründung: man wolle "dem wachsenden Bedürfnis einer umweltschoneneden Mobiltät und einem gesunden Leben in der Stadt Rechnung tragen". Konkret gilt dort seither eine Ordnung für das Anwohnerparken, das sich nach der Länge des Fahrzeugs richtet. Doch diese Satzung ist rechtswidrig, entschied nun das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 13. Juni) in Leipzig. Und das aus gleich drei Gründen. 

Das sind die Gründe, warum die Satzung zum Anwohnerparken rechtwidrig ist 

Die wichtigste Botschaft, die das Bundesverwaltungsgericht in Sachen Anwohnerparken auch an alle anderen Kommunen ausgesendet hat, ist: "Eine Gebührenstaffelung nach Länge des Fahrzeugs verstößt gegen den Gleichheitssatz". Konkret liegt die Regelgebühr für ein "normales" Fahrzeug in Freiburg bisher bei 360 Euro - Autos mit einer Länge von weniger als 4,21 Metern zahlen 240,- Euro und Autos mit einer Länge von mehr als 4,70 Metern müssen satte 480,- Euro im Jahr bezahlen. Das sei eine "beträchtliche Ungleichbehandlung" so das Gericht wörtlich. Im Extremfall könne ein Längenunterschied von 50 Zentimetern zu einer Verdoppelung der Gebühren führen. 

Zweite wichtige Botschaft des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Anwohnerparken: Eine Ermäßigung für bestimmte Personengruppen verstößt ebenfalls gegen den Gleichheitsgrundsatz. Im Fall der Stadt Freiburg bekamen Bezieher von Sozialleistungen und Schwerbehinderte einen günstigeren Anwohnerparkausweis. Eine Priviligierung aus sozialen Gründen sei nicht zulässig. 

Im speziellen Fall hatte zudem die Stadt die falsche Rechtsform für das Anwohnerparken gewählt und hatte sich für eine Satzung entschieden. Laut Gericht hätte die Stadt aber eine Rechtsverordnung erlassen müssen. Nur dazu ermächtige das Straßenverkehrsgesetz des Bundes. 

Welche Auswirkungen das Urteil zum Anwohnerparken auf andere Kommunen hat 

Nach Baden-Württemberg haben inzwischen auch zahlreiche andere Bundesländer die Gebührenhoheit für das Anwohnerparken auf die Kommunen übertragen. Lediglich in Bayern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein ist das bisher nicht möglich. In allen anderen Bundesländern gibt es auch bereits Städte, die eigene Gebührenordnungen erlassen haben. Mit sehr unterschiedlichen Regelungen. So verlangt die Stadt Bonn etwa 180 Euro im Jahr, in Berlin sind es 120, in Hamburg hingegen "nur" 65 Euro. Bis auf ein gutes Dutzend Großstädte haben aber viele Kommunen nach der Klage in Freiburg zunächst abgewartet. Dort hatte ein Gemeinderat geklagt und nun vom Bundesverwaltungsgericht Recht bekommen.

So dürfte etwa die Diskussion in Köln neu beginnen - dort sollte in Kürze das Anwohnerparken deutlich teurer werden und auf 390 Euro steigen. Auch die dortige Rechtsverordnung, die noch nicht in Kraft ist, sieht bisher eine Staffelung nach Fahrzeuglänge vor. 

Allerdings haben die Richter grundsätzlich die Höhe der Gebühren für das Anwohnerparken im Urteil nicht moniert. Bis zu 480,- Euro fallen hier an. Die Summe stehe nicht in einem völligen Missverhältnis zu den Zwecken, die mit der Erhebung der Gebühren verfolgt würden. Als Hinweis gab das Gericht hier, dass die Gebühren neben der Deckung der Verwaltungskosten auch den Ausgleich des Vorteils, den der Inhaber eines Anwohnerparkausweises habe, berücksichtigt werden dürfe. Konkret: Anwohner, die ihr Auto auf der Straße parken müssen dank des Anwohnerparkausweises keine teuren Parktickets kaufen oder sich eine Garage anmieten.