Ein Klick zum Kadi?
EXKLUSIV: Gesetz gegen Hass im Netz steht
Die angeblich so sozialen Medien sind voll von asozialen Kommentaren. Hass im Netz ist alltäglich. Kaum ein Kommunalpolitiker bleibt davon wirklich verschont. Doch seit einigen Monaten tut sich eine Menge. Nachdem KOMMUNAL gemeinsam mit dem Bayerischen Rundfunk im Sommer eine Umfrage zur Gewalt gegen Mandatsträger veröffentlicht hat, hat die Diskussion an Schwung deutlich gewonnen. Der Bundespräsident hatte sich eingeschaltet, hatte betroffene Bürgermeister zum Gespräch ins Schloss Bellevue eingeladen, auch die kommunalen Spitzenverbände und wir von KOMMUNAL durften dabei sein (HIER UNSER INTERNER BERICHT AUS DER SITZUNG MIT ERSCHÜTTERNDEN ZITATEN VON BETROFFENEN). Und auch in der Bundesregierung ist das Thema daraufhin angekommen.
Nach Monaten steht der Gesetzesentwurf gegen Hass im Netz endlich
Monatelang haben sich Justizministerium und Innenministerium abgestimmt, wollten gemeinsam ein Gesetz gegen Hass im Netz auf den Weg bringen. Nun steht der Referentenentwurf endlich. Er trägt den Namen "Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität". Federführend ist das Bundesministerium der Justiz. Ein zentraler Punkt darin: Schon die Androhung von Gewalt - etwa im Internet - steht künftig unter Strafe. Dazu sind Anpassungen im Strafgesetzbuch, in der Strafprozessordnung, im Netzdurchsetzungsgesetz, das BKA-Gesetz und im Telemediengesetz geplant.
Wer ein Hassposting mit einer Gewaltandrohung bei Facebook mit einem "Gefällt mir" versieht, billigt die noch nicht ausführte Straftat und kann dafür belangt werden"
Konkret geht es um gleich mehrere Paragrafen, die für haupt- und ehrenamtliche Kommunalpolitiker wichtig sind. Etwa Paragraf 126 des Strafgesetzbuches, der die "Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" behandelt. Dort soll künftig auch die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung strafbar sein. Bisher können Gewaltandrohungen nur verfolgt werden, wenn auch tatsächlich die Beschreibung einer Tat nach den bestehenden Vorgaben des Paragrafen 126 nachgewiesen werden können. In der Praxis hieß es etwa bei Äusserungen, wie "Ich kenne den Schulweg deiner Tochter", bei der Polizei häufig, das sei eben nicht konkret genug.
Deutliche Verbesserungen soll es auch im Paragrafen 140 geben, dort geht es um die Billigung von Straftaten. Demnach ist künftig auch die Billigung einer noch nicht begangenen Straftat strafbar. Das heißt konkret: Wer ein Hassposting mit einer Gewaltandrohung etwa bei Facebook mit einem "Gefällt mir" versieht, billigt die noch nicht ausführte Straftat und kann dafür belangt werden.
Für viel Wirbel unter Bürgermeistern hatte hier ein Urteil gegen die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast gesorgt. Ein Gericht hatte ihr attestiert, als Person des öffentlichen Lebens müsse sie sich Beleidigungen aus dem untersten Vokabular der Gossensprache gefallen lassen. Diese standen als Kommentare unter einem Hassposting eines Bloggers, der für diesen Post inzwischen verurteilt wurde. Die Kommentare jedoch und die Unterstützung durch "Gefällt mir" Angaben wurden bisher nicht geahndet. Wir haben über diesen Fall HIER berichtet. Zur Begründung heißt es im Gesetzentwurf , "Wer mit einem Like dafür sorge, dass die von anderen ausgesprochene Drohung für eine breite Masse von Menschen sichtbar wird, kann sich strafbar machen".
Kommunalpolitiker im Gesetzesentwurf gegen Hass im Netz ausdrücklich erwähnt
Lange gefordert und nun im Gesetzesentwurf endlich umgesetzt ist eine Änderung des Paragrafen 188 des StGB. Hier geht es um üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des öffentlichen Lebens. Hier ist nun geregelt, dass Kommunalpolitiker explizit als "Personen des öffentlichen Lebens" genannt werden. Und auch Beleidigungen werden künftig deutlich schärfer geahndet. Dafür ist eine Änderung im Paragrafen 185 geplant. Bisher waren Beleidigungen nur strafbar, wenn sie "mittels einer Tätlichkeit" begangen wurden.
Bereits bekannt geworden ist in der vergangenen Woche, dass es eine Änderung des Netzdurchsetzungsgesetzes geben wird. Es sieht künftig eine Meldepflicht für bestimmte Formen von Hasskommentaren vor. Für heftige öffentliche Diskussionen sorgte in diesem Zusammenhang die geplante Änderung im Telemediengesetz. Demnach soll es eine Auskunftspflicht für Passwörter geben. Konkret: Soziale Netzwerke sollen verpflichtet werden, Daten an eine Meldestelle des BKA zu geben. Wörtlich ist hier im Referentenentwurf das Wort "Bestandsdaten" genannt. Datenschützer kritisieren, dass der Begriff eben auch Passwörter beinhalte, was rechtlich umstritten ist und dazu führen könnte, dass der Gesetzesentwurf vor Inkrafttreten noch vor Gericht landet. Somit könnte sich das Vorhaben dann doch noch verzögern.
KOMMUNAL liegt der Referentenentwurf (Stand 12. Dezember 2019) exklusiv vor. Wir stellen Ihnen den noch nicht öffentlichen Entwurf hier als pdf zur Verfügung.