Die Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit überprüft alle Baustellen in ihrem Zuständigkeitsbereich.
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Aktiv gegen Schwarzarbeit

Der Kampf gegen die Schwarzarbeit ist kommunale Aufgabe. In den meisten Kommunen werden Betriebe jedoch nur dann geprüft, wenn ein konkreter Hinweis eingeht. Ganz anders in den Landkreisen Ostholstein, Plön und der Stadt Neumünster: Hier ist die Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit täglich unterwegs.

Bauunternehmen ohne angemeldetes Gewerbe, improvisierte Werkstätten oder Baustellen ohne Meister – mehrmals in der Woche ist die Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit unterwegs, um auf Baustellen und in Betrieben nach dem Rechten zu sehen. Sie stellen Identitäten der Beschäftigten fest, nehmen die durchgeführten Tätigkeiten auf und überprüfen, ob das nötige Gewerbe angemeldet ist. Die Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit der Landkreise Ostholstein und Plön, sowie der Stadt Neumünster ist damit eine der wenigen kommunalen Stellen, die initiativ Ermittlungen bezüglich Schwarzarbeit durchführt. Die meisten Kommunen werden erst tätig, wenn sich jemand von außen mit einem Verdacht an sie wendet.

Wir sind überzeugt, dass es wichtig ist, gegen gewerbe- und handwerksrechtliche Schwarzarbeit vorzugehen. Deshalb behandeln wir sie als Kontrolldelikt. Die Betriebe sollen wissen, dass sie jederzeit geprüft werden können. Ich vergleiche das immer mit Radarfallen: Wie würden Sie denn fahren, wenn Sie wüssten, dass Sie nie geblitzt werden?

Martin Boesmann, Leiter der Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit

Martin Boesmann leitet die Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit

Für das Gemeinwohl hat der Kampf gegen die Schwarzarbeit viele Dimensionen: Sie schützt die Bürger vor schlechten Dienstleistungen, stärkt gesetzestreue Betriebe, sorgt dafür, dass die Kommunen die ihnen zustehenden Gewerbesteuern erhalten und weniger Leistungsbetrug möglich ist.

Bußgelder in Höhe von 2,7 Millionen Euro

Die sogenannte Schattenwirtschaft hatte 1999 eine Dimension angenommen, die die Landräte von Ostholstein und Plön, sowie der damalige Kreishandwerksmeister nach eigenen Aussagen nicht länger tolerieren wollten. Deshalb gründeten sie die Ermittlungsgruppe als Pilotprojekt. 2009 schloss sich auch die Stadt Neumünster dem öffentlich-rechtlichen Vertrag an, der die Verantwortung in die Hände des Kreises Ostholstein legt. Dieser erhält auch die Einnahmen aus den Bußgeldern. Kommt es zu Mehrkosten durch die Ermittlungsgruppe, werden diese zwischen den Vertragspartnern geteilt. Völlig kostendeckend arbeitete die Gruppe bisher in den wenigsten Jahren. „Die Kosten für die Kommunen sind aber gering und dafür erhalten sie im besten Fall höhere Gewerbesteuereinnahmen" sagt Boesmann. In 20 Jahren hat die Ermittlungsgruppe rechtskräftige Bußgelder in Höhe von knapp 2,7 Millionen Euro verhängt und IST-Einnahmen in Höhe von 2,1 Millionen Euro verzeichnet. Pro Jahr führen Boesmann und seine Mitarbeiter durchschnittlich 180 Ermittlungsverfahren durch.

Vor Ort von Schwarzarbeit betroffene Berufsbilder

In der Praxis bedeutet das: Sie überprüfen jede Bautätigkeit, die in ihrem Zuständigkeitsbereich angemeldet wird. „Sagen wir, Frau Müller lässt ein Haus am Timmendorfer Strand bauen“, erklärt Boesmann. „Dann muss sie das Bauvorhaben beim Bauamt anmelden. Das Amt ist dazu verpflichtet, auch uns zu informieren.“ Es gibt jedoch auch andere Fälle, in denen sie ermittelt. So bekommt Boesmann Tipps vom Zoll, dem Finanzamt aber auch von anderen Betrieben oder Bürgern. „Wenn da jemand plötzlich eine Hebebühne in der Garage hat, ständig andere Autos davorstehen und er gleichzeitig beginnt, viel häufiger in Urlaub zu fahren oder das Haus zu renovieren, dann werden Nachbarn oft misstrauisch und wenden sich an uns“, erzählt Boesmann.

Ermittlungsgruppe führt Anhörungen selbst durch

In jedem Fall wird die Ermittlungsgruppe eine Prüfung einleiten. Stellt sich heraus, dass Tätigkeiten ohne entsprechendes Gewerbe ausgeführt wurden, geht es darum, die Rechnungen für die Tätigkeiten zu bekommen. Denn die erlangten Gewinne aus der Schwarzarbeit sind wichtig für die Errechnung des Bußgeldes. „Bei unseren Ermittlungen sind die Betroffenen nicht zur Mitarbeit verpflichtet“, so Boesmann. „Die meisten tun es, aber noch lange nicht alle.“ Dann muss die Gruppe eine andere Möglichkeit finden, um an die Rechnungen zu kommen. „Wir werden bei den Kunden der Betriebe vorstellig, die uns meist bereitwillig Rechnungen aushändigen. Außerdem sind sie oft über eine Empfehlung auf den Betrieb gekommen. So ergibt sich eine Zeugenkette mit einer Vielzahl an Rechnungen.“ Funktioniert dieser Weg einmal nicht, kann die Gruppe auch einen Durchsuchungsbeschluss anfordern. „Gewöhnlich bekommen wir den auch, aber wir versuchen das zu vermeiden, da es sich um einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre handelt.“ Liegen die Rechnungen vor, erstellt Boesmann eine detaillierte Liste aus unrechtmäßig vorgenommenen Tätigkeiten und der entsprechenden Entlohnung. Dann führt er selbst die Anhörung der betroffenen Geschäftsführer durch. „Das finde ich am Ansatz der Ermittlungsgruppe besonders spannend“, kommentiert Sabine Naumann vom Bürger- und Ordnungsamt der Stadt Kiel, die eine ähnliche Ermittlungsgruppe in ihrer Stadt aufbaut. „Dadurch, dass die Geschäftsführer selbst noch einmal über die Zahlen gucken und sich im Zweifel erklären können, kommt es viel seltener zu Einsprüchen gegen die Bußgeldbescheide. Der Kostendeckungsgrad steigt.“ Dies sei deutlich anders, wenn das Verfahren von einer zentralen Bußgeldstelle durchgeführt werde, die weniger Fachkompetenz habe, als in diesem Fall Martin Boesmann und sein Team. „Wir lassen uns von Herrn Boesmann beraten und wollen unsere Ermittlungsgruppe mit zwei Mitarbeitern ganz ähnlich aufziehen“, sagt Naumann.

Von der Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit bearbeitete Fälle

Die Betriebe, die Boesmann und sein Team besuchen, sind es gewöhnt von verschiedenen Stellen überprüft zu werden. Die meisten verhalten sich dementsprechend kooperativ. Von Gewalttaten hat das Team nicht zu berichten. Höchstens Situationen, wie erst vor zwei Wochen, als die Verantwortlichen beim Eintreffen der Ermittlungsgruppe von der Baustelle flohen. Meistens seien sie jedoch leicht aufzufinden, weil sie bei ihrer Flucht fast immer versehentlich persönliche Gegenstände zurückließen. Doch Boesmann und sein Team haben auch einiges im Umgang mit den verschiedenen Betrieben lernen müssen. „Estrichtleger arbeiten zum Beispiel mit riesigen Maschinen und müssen den Estricht schnell verarbeiten“, erzählt er. „Am Anfang habe ich zwei oder drei Mal die Arbeiten anhalten lassen, um meine Befragung durchzuführen. Das bedeutet für den Betrieb bestimmt vier zusätzliche Stunden Arbeit und kann schon gewisse Aggressionen hervorrufen. Das kann ich aber auch nachvollziehen und gehe jetzt anders an die Sache ran.“ Boesmann beschreibt sein Auftreten als defensiv, freundlich und verbindlich. Er erklärt den Betroffenen genau sein Vorgehen und macht damit meist positive Erfahrungen. Trotzdem hat die Ermittlungsgruppe einmal im Jahr ein Selbstschutztraining. „Und wir gucken bei bestimmten Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen vorher nach, ob Personen, die wir aufsuchen, bereits straffällig geworden sind“, sagt Boesmann. „Dann nehmen wir im Zweifel die Polizei mit.“

Zuständigkeiten bei Schwarzarbeit auf viele Stellen aufgeteilt

Die Zuständigkeit bei der Verfolgung von Schwarzarbeit ist über viele Stellen verteilt – auch ein Grund, warum so wenige Städte und Gemeinden in die Offensive gehen. Die Kommunen – und somit auch die Ermittlungsgruppe Schwarzarbeit – sind dann zuständig, wenn gegen die Gewerbeordnung verstoßen wird. Also wenn ein Betrieb ein stehendes Gewerbe nicht angemeldet oder keine Reisegewerbekarte beantragt hat. Außerdem zuständig sind sie, wenn gegen die Handwerksordnung verstoßen wird. Etwa, wenn ein zulassungspflichtiges Handwerk ausgeübt wird, ohne dass der Betrieb in der Handwerksrolle eingetragen ist. Werden etwa Steuern hinterzogen, Arbeitnehmer unerlaubt anderen Arbeitgebern überlassen, unangemeldete Gewerbe ausgeübt oder gleichzeitig Sozialleistungen empfangen, liegen ebenfalls Fälle von Schwarzarbeit vor. Hier sind allerdings andere Stellen zuständig. „Wir verstehen uns deshalb als Zusammenarbeitsbehörde“, sagt Boesmann. „Wir sind immer eng in Kontakt mit dem Zoll, der Polizei und den Finanzämtern.“

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