Friedhof: Letzte Ruhe neu gedacht

See-, Wald-, oder Diamantbestattung – Die traditionelle Sargbeerdigung hat ausgedient. Die Leerstände auf Friedhöfen werden größer, die Kosten für Friedhofsbetreiber steigen. Friedhöfe neu denken: Wie es gehen kann, zeigen Kommunen wie Aschersleben und Karlsruhe.

Friedhöfe sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Und so wie sich die Gesellschaft wandelt, tut es auch der Friedhof. Wenn Friedhofsleiter André Könnecke über den Zentralfriedhof in Aschersleben läuft, sieht er von einer Landschaftsgärtnerin gestaltete Wiesenlandschaften, brachliegende Flächen und einen Tierfriedhof. Hier lassen sich gesellschaftliche Trends ablesen, die Friedhöfe in ganz Deutschland verändern: Da Angehörige immer seltener vor Ort sind, lassen sich viele Menschen auf Gemeinschaftsgräberfeldern beerdigen. Diese sind pflegefrei und kostengünstig. Kaum jemand legt noch Wert auf traditionelle Bestattungen, wodurch eine starke Tendenz zu platzsparenden Urnenbestattungen zu verzeichnen ist. Die sorgt auf den Friedhöfen für Leerstand. Und ein Trend zu stärker individualisierten Bestattungen, macht Friedhöfe bunt und abwechslungsreich.

Leerer Friedhof - Leere Kassen

Das Problem für Friedhöfe: Durch die preiswerteren Urnenbestattungen kommt weniger Geld in die Kassen. Gleichzeitig sorgen Leerstände für Mehrkosten. Denn die ungenutzten Flächen müssen vom Friedhof gepflegt werden. Da bleibt meist keine andere Wahl als die Kosten umzulegen. „Gebührenerhöhungen sind oft notwendig“, sagt auch Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur. „Aber sie verschlimmern das Problem. Sie machen den Friedhof unattraktiver und drängen Interessenten in Richtung privatwirtschaftlicher Alternativen.“ Wirthmann rät daher gleichzeitig individuellere Bestattungsmöglichkeiten anzubieten. Pflegefreie Gräberfelder, Kolumbarien und Baumbestattungen gehörten aktuell zu den beliebtesten Formen. „Man ist ja bereit etwas mehr zu zahlen, wenn man auch einen Mehrwert bekommt.“

Tatsächlich ist die Nachfrage nach Alternativen zum Friedhof leicht steigend, weiß Wirthmann. Etwa zwei Prozent Seebestattungen und ähnlich viele Beerdigungen in Bestattungswäldern sind in den letzten Jahren zu verzeichnen. Andere Formen, wie die Diamantbestattungen und der „Tree of Life“, bei dem ein Baum in die Asche gepflanzt wird, liegen noch bei unter einem Prozent, werden aber auch beliebter. Einige Friedhöfe versuchen daher mit individuellen Angeboten Interesse zu wecken. Darunter der Zentralfriedhof Aschersleben. In der Stadt liegt im wahrsten Sinne des Wortes auch der Hund begraben. Denn hier wurde im letzten Jahr ein Mensch-Tier-Gräberfeld eröffnet. Hintergrund: Nachdem ein entwidmeter Teil des Friedhofs als Tierfriedhof verpachtet wurde, habe es viele Anfragen gegeben. Der Wunsch, Tiere auch auf dem eigentlichen Friedhof bestatten zu können, zeichnete sich ab. „Dieses Anliegen haben wir mit dem Mensch-Tier-Gräberfeld verwirklicht“, sagt André Könnecke „Wir kriegen dafür Anfragen auch von Leuten, die gar nicht hier wohnen.“

Einige Friedhöfe versuchen daher mit individuellen Angeboten Interesse zu wecken. Darunter der Zentralfriedhof Aschersleben. In der Stadt liegt im wahrsten Sinne des Wortes auch der Hund begraben. Denn hier wurde im letzten Jahr ein Mensch-Tier-Gräberfeld eröffnet. Hintergrund: Nachdem ein entwidmeter Teil des Friedhofs als Tierfriedhof verpachtet wurde, habe es viele Anfragen gegeben. Der Wunsch, Tiere auch auf dem eigentlichen Friedhof bestatten zu können, zeichnete sich ab. „Dieses Anliegen haben wir mit dem Mensch-Tier-Gräberfeld verwirklicht“, sagt André Könnecke „Wir kriegen dafür Anfragen auch von Leuten, die gar nicht hier wohnen.“ Denn abgesehen von Aschersleben gibt es nur eine Handvoll Gemeinden in Deutschland, die Mensch-Tier-Bestattungen anbieten. Das Alleinstellungsmerkmal: Der Zentralfriedhof ist der einzige, bei dem das Tier vor dem Menschen bestattet werden kann. „Wenn ein Mensch sein Haustier so schätzt, dass er mit ihm begraben werden will, sollten wir das Tier nicht wie eine Grabbeigabe behandeln“, meint Könnecke. Viele andere Kommunen interessieren sich bereits für das Konzept. Man habe die Satzung zehn Kommunen zugeschickt, damit auch sie diese Bestattungsform anbieten können.

Der Friedhof hat viele Vorteile

Das Mensch-Tier-Gräberfeld grenzt an einen großen Erinnerungsgarten, der im Inneren Urnen- und an seinem Rand Sargbestattungen zulässt. „Hier kommen die Leute auch oft hin, ohne dass sie Gräber besuchen“, freut sich Könnecke. Man versuche alles zu bieten, was sich die Menschen wünschen und auf die Vorteile des Friedhofs hinzuweisen: Barrierefreiheit, ÖPNV-Anschluss, Parkplätze und Sicherheit durch Beleuchtung und Mauern. „Wenn Menschen sich dann immer noch gegen den Friedhof entscheiden, muss man das akzeptieren“, meint Könnecke. „Es steht uns nicht zu zu hinterfragen, warum sich Leute für eine bestimmte Bestattungsart entscheiden.“ Von Sachsen-Anhalt nach Baden-Württemberg: Der Hauptfriedhof in Karlsruhe gehört zu den Vorreitern im Bereich der bürgernahen, individuellen Bestattungspraxis. Leerstände haben auch hier mal ein Problem bereitet. „Die Urnengräber, besonders auf den anonymen Gräberfeldern, brauchen nur sehr wenig Platz, die Bestattungen abseits des Friedhofs nehmen zu und kaum jemand verlängert das Nutzungsrecht für ein Grab“, erklärt Matthäus Vogel, Leiter des Friedhofs- und Bestattungsamtes.

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Doch in Karlsruhe hat man die Freiflächen als Chance gesehen. Als Chance den Friedhof schöner und vielfältiger zu machen. Als Chance ihm ein neues Image zu geben. „Viele Leute assoziieren mit Friedhof Mauern, Regeln und Verbote“, sagt Vogel. Die offen gestalteten Baum- und Themenfelder, die sogar einen Spielplatz bereithalten, sollen mit diesem Bild aufräumen. So gibt es Felder wie „Die Vier Jahreszeiten“, die zum Verweilen einladen, einen symbolischen Trauerweg, der zeigen soll, wie es einem Menschen geht, der einen Angehörigen verloren hat und den Spielplatz, auf dem Kinder spielen können, der aber auch abbilden soll, wie sich Kinder fühlen, die ein Elternteil verlieren. „Solche Anlagen steigern den Wert des Friedhofs und machen ihn interessant“, sagt Vogel. „Wir sind so in einer Situation in der wir kaum Leerflächen haben. Man kann die Flächen sinnvoll nutzen, man muss nur kreativ sein.“

Für den Karlsruher Friedhofsleiter ist ein Friedhof mehr als nur ein Bestattungsort. Er ist Erholungsort im Grünen und Begegnungsstätte. In Karlsruhe gebe es deshalb unter anderem Treffs für Kinder, Jugendliche und alte Menschen, bei denen man sich gegenseitig bei der Trauerarbeit hilft. Eine Sozialpädagogin nimmt ebenfalls an den Treffen teil. „Als Friedhofsleiter muss man den Bedarf in der Gesellschaft erkennen und auf dem Friedhof abbilden“, meint Vogel. Doch auch Kritik gibt es vom Friedhofsleiter: An den Gebühren müsse sich dringend etwas ändern. „In den meisten Kommunen werden die Gebühren noch nach Grabfläche berechnet“, erklärt Vogel. Dementsprechend sind Urnen- deutlich günstiger als Sarggräber und am günstigsten anonyme Urnenbestattungen. „Die Kosten für ein Grab laufen aber woanders auf“, so Vogel. „Nämlich in der Infrastruktur und die nutzen alle Angehörigen gleichermaßen.“ Wie in Karlsruhe überlegt man in vielen Kommunen, die Gebühren für Urnenbestattungen anzuheben. Doch auch eine Subventionierung durch die Kommunen hält Vogel für wünschenswert. „Der Park ist kostenlos, öffentliche Bäder und Theater werden bezuschusst“, gibt er zu bedenken. „Warum muss der Friedhof dagegen kostendeckend wirtschaften?“ Der Friedhof sei auch Teil der grünen Lunge einer Stadt und solle daher von der Allgemeinheit getragen werden.

Erster muslimischer Friedhof in Deutschland

Von Baden-Württemberg nach Nordrhein-Westfalen: Ein zunehmend wichtiges Thema für kommunale Friedhöfe sind muslimische Bestattungen. In Wuppertal wird im nächsten Jahr der erste muslimische Friedhof eröffnet. Das ist bisher noch in keinem anderen Bundesland möglich. Durch eine Änderung des Bestattungsgesetzes können Kommunen muslimische Vereine – die in Deutschland nicht als Personen öffentlichen Rechts gelten und daher keine Friedhöfe betreiben dürfen – als Friedhofsträger beleihen. „Bei dem geplanten Friedhof handelt es sich um eine europaweit einzigartige Fläche“, sagt Mustafa Temizer, Vorsitzender des Trägervereins „Muslimische Friedhöfe Wuppertal“. „Der muslimische Friedhof wird an einen jüdischen angrenzen, der selbst an einen evangelischen Friedhof angrenzt.“ In Wuppertal wird der Platz auf dem muslimischen Gräberfeld des kommunalen Friedhofs langsam eng. Nur noch eine Handvoll Grabstellen ist frei „Es gibt schon viel Interesse an unserem Friedhof“, berichtet Temizer. „Die Leute fragen nach und möchten Grabstellen aussuchen.“ Während muslimische Gräberfelder in der Vergangenheit nur von wenigen genutzt wurden, wächst die Nachfrage stetig. Muslime, die in erster Generation in Deutschland leben, lassen sich meistens in ihr Geburtsland überführen, doch Muslime zweiter und dritter Generation fühlen sich deutlich verbundener mit Deutschland und möchten hier beerdigt werden. Der Bedarf an muslimischen Grabstellen könnte das Problem der Leerflächen in Zukunft deutlich verkleinern.