Jobentdecker mit der Polizei unterwegs.
Als "Jobentdecker" an der Seite der Polizei unterwegs - eine von vielfältigen Erfahrungen im Rahmen des Praktikumprogramms.
© Landkreis Haßberge

Praktikumsprogramm

"Jobentdecker" gegen den Fachkräftemangel

Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel sind Kernthemen in den Kommunen, gerade in ländlicheren Regionen. Im Landkreis Haßberge wurde unter dem Titel "Jobentdecker" ein kreatives Praktikumsprogramm entwickelt, das spannende Einblicke gewährt in verschiedene Berufe und jungen Menschen Lust macht, in ihrer Heimat zu arbeiten. Der Erfolg spricht für sich.

Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel beschäftigen Kommune allerorts. Noch nie fehlten derart viele Fachkräfte wie jetzt, das ist das Ergebnis einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Doch es gibt spannende Ansätze, wie diesen Herausforderungen auf kommunaler Ebene begegnet werden kann. Einer davon ist im Landkreis Haßberge zu erleben, wo man sich mit dem Praktikumsprogramm "Jobentdecker" daran gemacht hat, kreativ und motivierend gegenzusteuern. Im vergangenen Jahr erst wurde das außergewöhnliche Projekt mit dem Bayerischen Demografiepreis ausgezeichnet.

"Jobentdecker" sollen Azubi-Schwund entgegen wirken

Katharina Eckstein arbeitet als Koordinatorin für Kultur und Bildung im Landratsamt Haßberge und betreut das Programm „Jobentdecker“ federführend. „In unserem Landkreis spüren wir genauso wie auch an anderen Orten deutlich den demografischen Wandel“, sagt Eckstein. „Während die Bevölkerung immer älter wird, wandern viele junge Menschen ab und so gibt es einen eklatanten Fachkräftemangel in der Region“. Dieser sei insbesondere bei den kleineren Betrieben im Landkreis wahrnehmbar. „Wir bekommen von vielen Unternehmen die Rückmeldung, dass sie sich sehr schwer damit tun, noch genügend Azubis zu finden. Das betrifft viele verschiedene Sparten, ganz besonders den sozialen Bereich, zum Beispiel die Kindertagesstätten oder den Pflegebereich“, so Eckstein.

Vier Wochen, vier Unternehmen

Genau hier setzt das „Jobentdecker“-Programm an. „Wir möchten die Jugendlichen im Landkreis halten und ihnen zeigen, welche Vielfalt an Jobs es hier gibt“, sagt Eckstein. Im besten Falle bekämen die zukünftigen Arbeitnehmer dann Lust, in der Heimat zu bleiben und in einem der regionalen Betriebe einzusteigen. Konkret läuft das Programm folgendermaßen ab: Die auserwählten Jobentdecker widmen insgesamt vier Wochen in den Sommerferien dem Programm des Landkreises. Pro Woche besuchen sie für ein Minipraktikum von jeweils drei Tagen ein Unternehmen, so dass sie am Ende der vier Wochen Einblicke in vier möglichst unterschiedliche Unternehmen der Region gewonnen haben. An den zwei verbleibenden Tagen pro Woche berichten die Jobentdecker auf Instagram über ihre Erlebnisse an den unterschiedlichen Stationen und erstellen einen Blogbeitrag für die Homepage von Jobentdecker. „Wir möchten, dass die Jugendlichen möglichst konkret über ihre Erfahrungen berichten und so noch mehr junge Menschen verschiedene berufliche Möglichkeiten kennenlernen", sagt Eckstein.

"Jobentdecker" bespielen Social-Media-Kanäle

Für ihren Einsatz bekommen die Jugendlichen neben den spannenden Einblicken und dem persönlichen Mehrwert 500 Euro Aufwandsentschädigung. Außerdem wird das Jobentdecker-Programm ergänzt durch ein Speed-Dating mit den Unternehmen im Vorfeld der Sommerferien, verschiedene Workshops sowie organisierte Freizeiten, bei denen den Jugendlichen laut Eckstein lohnenswerte Ausflugsziele in der Region vorgestellt werden. Vom „Jobentdecker“-Programm angesprochen sind Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren an allen weiterführenden Schulen. Wer sich für eine Teilnahme interessiert, muss für die Bewerbung nicht nur ein Formular ausfüllen, sondern auch ein aussagekräftiges Video drehen und einen überzeugenden Text schreiben. „Wir wollen ja, dass die Jobentdecker ihre Erfahrungen dann auch via die Social-Media-Kanäle verbreiten – deshalb sollten sie Menschen sein, die sich nicht verstecken und Lust darauf haben, ihre Erlebnisse und Eindrücke mit anderen zu teilen“, so Eckstein.

Vielfalt in der Region

Die Auswahl der Unternehmen ist bewusst möglichst vielfältig, wie Eckstein sagt – schließlich ist es ja genau dieses breite Spektrum, das den Jugendlichen aufgezeigt werden soll. Vom Metzger über den Gerüstbau, ein Architekturbüro, verschiedene Pflegeberufe bis hin zum Bestatter reicht das bunte Spektrum der Unternehmen und jedes Jahr melden sich neue Arbeitgeber bei Eckstein, die beim „Jobentdecker“-Programm teilnehmen möchten. „In erster Linie handelt es sich bei den potentiellen Tätigkeiten um Ausbildungsberufe“, so die Koordinatorin, es seien aber auch Unternehmen dabei, die zum Beispiel duale Studien anbieten. „Die Voraussetzung für eine Teilnahme als Unternehmen ist, dass die Jobentdecker über ihre Erlebnisse bei der Arbeit berichten dürfen und für drei Tage betreut und versorgt werden am jeweiligen Arbeitsplatz“, so Eckstein. Dabei sei das „Jobentdecker“-Programm für die Unternehmen eine echte Chance – schließlich seien sie oft auf der Suche nach Azubis und hätten hier die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen.

"Jobentdecker"-Programm mit Strahlkraft

2019 ins Leben gerufen, wurde das „Jobentdecker“-Programm in den ersten Jahren durch das Regionalmanagement gefördert. Mittlerweile ist der Landkreis Haßberge alleiniger Projektträger und plant, die Jobentdecker auch in den kommenden Jahren zu ermöglichen. Einmal jährlich wird das Programm ausgeschrieben und auf zahlreichen Wegen beworben. Waren in den vergangenen Jahren jeweils sechs Jobentdecker unterwegs, so werden in diesem Jahr unter Trägerschaft des Landkreises voraussichtlich drei Jugendliche auf Entdeckungstour gehen und im Sommer insgesamt 12 unterschiedliche Unternehmen aus der Region kennenlernen. Noch läuft die Bewerbungsfrist für Jobentdecker wie Unternehmen, aber Eckstein rechnet auch in diesem Jahr mit regem Zuspruch. „Das Programm ist mittlerweile bekannt im Landkreis und hat Strahlkraft“, so die Koordinatorin, und auch die Rückmeldungen in den Evaluationen nach den bisherigen Durchläufen seien ausgesprochen positiv gewesen.

Mädchen lackiert Gerätschaften
Jobentdeckerin Lena macht ihre ersten Versuche als Lackiererin.

„100 Prozent würden noch einmal am Programm teilnehmen“, sagt Eckstein, „das ist ein großer Erfolg“. Dabei profitieren vom Jobentdecker-Programm weitaus mehr als nur die Jugendlichen selbst und ihr soziales Umfeld. „Durch die mediale Präsenz, die Etablierung des Programms in der Region und die vielen positiven Rückmeldungen wirkt das Jobentdecker-Programm auch weit über die konkreten Einsätze in den Sommerferien hinaus“, sagt Eckstein. So geraten etwa besondere Berufe wieder in den Blick und wird ein Bewusstsein geschaffen für die Wirtschaftskraft und die Chancen, die die Region bietet.

Mehr Infos zum Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung.

Zum Praktikumsprogramm "Jobentdecker" geht es hier.

Fotocredits: Landkreis Haßberge